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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Utitz, Emil: Material, Form, Farbe in der Wohnungskunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0077
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INNEN-DEKORATION

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prof. albin müller und arch. werz & huber.
beleuchtungs-körper. ausf.: l. busch, mainz.

harren, sondern im Gegenteil mit feinstem Spürsinn
jeder Lebensfrage und Lebenslage nachgehen, so-
weit sie mit der Wohnungskunst irgendwie in Zusammen-
hang stehen. Damit hört aber der einseitige Typus auf,
er verflüchtigt sich, er geht unter. Nicht Typisieren,
sondern Anpassen den verschiedenen Stufen des
Lebens muß unser Losungswort sein. Darum wirken
auch moderne Arbeiterwohnungen, selbst dort, wo nur
ganz bescheidene Mittel zur Verfügung stehen, nicht
ärmlich, da nirgends der Gegensatz zutage tritt zwischen
Erreichtem und dem fest gesteckten Ziel, zwischen
Material und Form, zwischen vorhandenen Mitteln und
denen, deren Vorhandensein vorgetäuscht werden
soll. Sie wirken nicht ärmlich, weil sie sich echt
geben und charaktervoll, weil alles Dargebotene in sich
harmonisch zusammenstimmt. Sie können nicht durch
Materialqualität z.B. imponieren, aber das liegt ihnen
auch fern : die Farbe liefert ihnen reichliche Wirkungs-
möglichkeiten, einfache Blumen tuen das ihre und
anderes mehr. (Vgl. z. B. zu dem Gesagten die Klein-
wohnungs-Kunst der Arbeiterhäuser auf der Hessischen
Landes-Ausstellung 1908 u. Abb. Seite 62—67.) Und
das erweist sich einzig und allein möglich durch
Frei-machen von einem allein selig-machenden Typus.

Fassen wir demnach das Gesagte kurz zusammen:
Weg mit dem falschen Typisieren, das die Tatsachen
vergewaltigt, und gerecht werden der reichen Fülle
der Bedürfnisse, die das Leben in seinen verschie-
denen Stufen entgegenbringt, und zugleich gerecht
werden der Sprache der Formen, der Farbe, des
Materials usw., damit eines das andere in seiner
Wirkung hebt und steigert. — dr. emil utitz—präg.
 
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