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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Jaumann, Anton: Eine Berliner Wohnungs-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0330
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306

INNEN-DEKORATION

ENTWURF UND AUSFÜHRUNO: W.D1TTMAR—BERLIN. HERREN-ZIMMER IN BRAUN EICHE. BLAUWEISSE BATIK-VORHÄNGE.

Jedem Wagnis folgt der Absturz totsicher. Die
Vorsichtigen arbeiten nur mit den ausgeprob-
testen Mitteln. Die Farben müssen möglichst
matt, verschossen, undefinierbar sein, keine Form
darf in klarer Kraft heraustreten. Geräucherte
Eiche, stumpfes Nußbaum werden mit einem
stumpfen Braun oder Grün zusammengestellt, man
imitiert sogar den Staub, um die Farben noch mehr
abzudämpfen. Altersgraue Stickereien liegen auf
den Tischen, alte Pokale, blaue Vasen und Schau-
teller, grünspanbedeckte Leuchter kommen dazu.
Und oft genug bilden schöne Perser die wichtigsten
Stimmungsträger. Diese Patinastimmung beherrscht
man, das sei nicht bestritten, sie wird aber zu
oft wiederholt, und das ist sehr langweilig — und
überdies entspricht sie auch unserm modernen Zeit-
charakter absolut nicht. Wir lieben die reinen
Farbenkräfte, wir lieben logisch-klare Formen, groß-
zügige freischwingende Rhythmen, freie, unsenti-
mentale Gestaltung und energische Zweckbetonung.
Wir wollen der Umwelt unser Gepräge geben, wir
wollen und müssen anders sein als die Alten. —
Die Ausbeute an interessanten Einzelheiten ist
bei der besprochenen Gruppe nicht gerade reich.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich die tüchtigen
Bronzen von Guhr in dem Herrenzimmer von
Kim bei, das sonst ganz in Braun getaucht ist.

Die Wand ist mit braunem Velvet bezogen und mit
Goldspitzen abgesetzt. Neben Schränken mit den
knifflichsten Intarsienstilleben, unmittelbar nach
alten Originalen kopiert, glühen elektrische Birnen
in modernisierten Beleuchtungskörpern, die in eine
ganz andere Stimmung gehören. Vorsichtiger waren
Carl Müller und Trunck, aber selbst ihnen konnte
es passieren, daß einmal die Stühle mit der Wand
nicht zusammengingen und daß der Teppich noch
einem dritten Stil angehört. J. C. Pfaff hat in
seiner brauneichenen, durch ihre Dimensionen im-
posanten Schloßdiele von durchaus bekannter Stim-
mung auch die vielbenutzte tiefe Kaminnische
unter der Treppe angebracht, die ihre Wirkung
nie verfehlen wird. Selbständige Versuche wie die
Stilvermengungen im Damenzimmer mißlingen auch
da. Ganz schlimme Zeichnerarbeit ist das moderni-
sierende Tochterzimmer. Tm übrigen fiel mir bei
J. C. Pfaff besonders die Vorliebe für Filigranver-
zierungen auf, die seit einigen Jahren an Fenstern,
Türen und Beleuchtungskörpern in ausgedehntem
Maße Verwendung finden, ganz ein Zeichen der
spitzigen, kleinlichen Ornamentik, von der die
Firmen, die heute alte Stile machen, sich nicht
befreien können. Diese kleinliche unfreie Technik
bedauert man noch mehr bei den Schnitzereien,
auf die doch soviel Fleiß verwendet wird. Diese
 
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