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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 23.1912

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Westheim, Paul: Das Eigen-Wohnhaus im Vorort
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https://doi.org/10.11588/diglit.7710#0022
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INN EN-DEKORATION

städtischen Komfort verlangte, der auf Behaglich-
keit, moderne Hygiene und moderne Ausdrucks-
knappheit bedacht war, mußte wiederum eine
Hausform, nicht eine Wohn-Etage geschaffen wer-
den. Wohlverstanden, ein Wohn-, nicht ein Re-
präsentationshaus, wie es zunächst entstand in den
verkleinerten Schlößchen und ländlichen Herren-
sitzen, die von einigen gebaut worden waren.

In dieser Entwicklung zu einem sachlich
determinierten Vororthaus stehen wir mit-
ten drin. Bei jeder Rundfahrt um den Stadtkern
sehen wir Experimente aller Art. Architekten von
dem verschiedensten Gepräge suchen, jeder auf
eigene Faust und jeder auf eigenen Bahnen, zu
endgültigen Lösungen zu gelangen. Ein flüchtiger
Gang durch Frohnau im Norden von Berlin, das,
als ein vor wenigen Jahren erst ganz neu angelegter
Vorort, ein interessanter Experimentierplatz zu
werden verspricht, lehrt schon, wie vielartig die
Möglichkeiten sind, die gezeigt und für gut be-
funden werden, welche Wege und Umwege noch
zu gehen sind, ehe wir von einem allgemein gül-
tigen vorbildlichenVororthaustyp sprechen können.
Einer, der auf solchen Pfaden wandelt, der alle

Fähigkeiten mitbringt, bürgerliche Wohnbedürf-
nisse architektonisch zu gestalten, ist Leo Nacht-
licht. Sein Haus Corts, ein Beispiel aus Froh-
nau, das er eben fertig gestellt hat, ist natürlich
entwickelt aus dem leicht ansteigenden Gelände.
Der Wunsch des Besitzers nach hohen Räumen,
nach einem weiten Ausblick und viel Licht führte
zu einer Vertikalstreckung, die Nachtlicht optisch
zu mildern wußte durch einen jäh emporsteigen-
den Treppenaufgang, einen breit ausladenden
Giebelvorbau und einen geräumigen Terrassen-
umlauf. Die äußere Form ist sehr schlicht, beinahe
herb. Einzig die Absicht, die tektonischen Glieder
zusammenzufassen, scheint vorgewaltet zu haben.
Eine Absicht, die das Wesen eines Bauherrn
wiederspiegelt, der in dem quirlenden, formen-
wirbelnden Berlin seinen Geschäften nachgeht und
draußen ein anspruchloses Refugium zu genießen
wünscht. Nachtlicht hat dementsprechend alle
Traulichkeit, alle Wärme, alle Wohlräumlichkeit
in das Innere verlegt, wo sie dem Herrn und der
Dame des Hauses die in der Stadtwohnung vergeb-
lich gesuchte Gemütlichkeit spenden. Er hat
sich gehütet, in diesem Mobiliar nervenaufreizende
 
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