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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Schaefer, Elfriede: Von alten und neuen Vasen
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0302
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282

INNEN-DEKORATION

PROFESSOR ADELBERT N1EMEYER—MÜNCHEN

»WOHNZIMMER« AUSF: DEUTSCHE WERKSTATTEN A.-O.

VON ALTEN UND NEUEN VASEN

Das moderne Kunstgewerbe bringt eine Fülle schöner
Vasen aus dem verschiedensten Material hervor.
Da finden sich köstliche silbergetriebene Arbeiten neben
bunten Werken der Keramik, fein geschliffene Gläser
neben bemaltem Porzellan, Kombinationen von Metall
und Glas, sowie rohrumflochtene Gefäße. Die meisten
dieser modernen Vasen sind wohl zu dem Zweck ge-
schaffen, Blumen aufzunehmen, doch gibt es auch solche,
deren Bestimmung es ist, als Zier- und Schmuckgegen-
stand an sich zu dienen. Eine Blumenvase muß sich
dem Blumenstrauß unterordnen, wie sich der Sockel der
Skulptur unterordnet. Jene Ziervasen aber, welche als
Kunstwerke für sich wirken wollen, können und sollen
nicht in Konkurrenz mit den lebendigen Blumen treten.
Hierzu zählen z. B. auch die großen Prunkvasen des
Rokoko, die man in den Schlössern sieht, ebenso wie
viele chinesische Vasen. Man möchte sie nicht blumen-
gefüllt wissen, es würde plump und taktlos anmuten. —
Hervorragend schöne Arbeiten gibt es aber auch unter
den zum Blumentragen bestimmten Vasen. Sie müssen
durchaus nicht auf Farbe, Verzierung und originelle
Form verzichten. Wohl gibt es Blumensträuße, die am
schönsten in einem schlichten Glase aussehen. Daneben
aber kann ein anderer Strauß sich sehr gut in einer lu-

stigen bunten Keramikvase behaupten, wieder ein anderer
verlangt förmlich nach einer besonderen Form der Vase.
Es kommt hier nur darauf an, die richtigen Blumen für
die entsprechenden Vasen zu finden. Der farblose Glas-
kelch, die weiße Porzellanvase, der schlichte einfarbig
grüne oder braune Tonkrug sind ebenso wie die rohr-
umsponnene Vase wohl am leichtesten geschmackvoll zu
füllen. — Eine so große Rolle, wie die Blumenvase in
unserer Zeit spielt, hat sie früher nicht gehabt. Die Ver-
vollkommnung der Technik, die auch der Blumenzucht
dienen mußte — ich denke hier z. B. an die großen mo-
dernen Treibhäuser und vor allem an die Beförderungs-
möglichkeiten aus dem Süden durch die Eisenbahn usw.
— hat es möglich gemacht, daß man zu jeder Jahreszeit
zu verhältnismäßig billigen Preisen Blumen haben kann.
Es ist Sitte geworden, zu allen möglichen Gelegenheiten
Blumensträuße zu verschenken und die Zimmer mit Blüten
zu schmücken. — Wohl schenkte man sich auch früher
Blumen, steife, symmetrisch gebundene »Bouquets«, wie
wir sie aus den Bildern Spitzwegs kennen; aber es ge-
schah doch nicht in dem Umfang späterer Zeit. Das
Biedermeier liebte es, Blumenkränze als »Angebinde« zu
überreichen, die an die Wand gehängt wurden und keiner
Vase bedurften. — Und je weiter wir in der Zeit zurück-
 
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