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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Hoche, P.: Vom Kulturwert des Werkunterrichts
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0312
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292

tNNEN-DEKORATION

K.BERTSCH. AUSF: DEUTSCHE WERKST.-HELLERAU

DAMEN-EMPFANGSZIMMER, MAHAGONI POLIERT

nur die Sprache des Lehrers auf, das Auge liest in der
Regel die schwarzen Buchstaben, die Hand schreibt
immer wieder die gleichen Formen. Das ist aber eine
ungeheure Armut an Sinnenbetätigung, wenn man den
Reichtum des Lebens damit vergleicht, dessen diese Sinne
fähig sind. Es leuchtet ein, daß infolge der stundenlangen
unnatürlichen Ruhe, des Mangels an Übung die einzelnen
Sinne abgestumpft werden und zuletzt verkümmern.

Als ein Allheilmittel gegen diese Richtung unserer
Erziehung, gegen die bloße Wortbildung, gegen die ein-
seitige geistige Erziehung empfehlen nun viele Reformer
eine Pädagogik der Tat, nämlich den Handfertigkeits-
oder Werkunterricht, der es besonders auf Ausbildung
der Sinne, hauptsächlich des Auges und der Hand ab-
gesehen hat. Die einfache und später die schwerere
Technik des Ausschneidens, Faltens, Flechtens, Hobelns,
Sägens, Zeichnens, Formens, Modellierens soll der Weg
zu neuen Bildungszielen sein.

Tatsächlich werden die Sinne im Handfertigkeits-
unterrichte auch profitieren, weil sie eben beständig
gebraucht werden. Bei dem verschiedenartigen Formen
und Gestalten muß das Auge genau auf die Gestalt, die
Umrisse, die Stoffe, die Farbe achten, da darf es nicht
flüchtig wie wohl sonst im Leben und oberflächlich über
eine Sache hinwegeilen. Ebenso bleibt die Hand in fort-

währender Tätigkeit begriffen; durch Tasten, Fühlen,
durch die mannigfachen Griffe wird sich ihre Geschick-
lichkeit auf jeden Fall erhöhen.

Eine gewandte Hand und ein offenes Auge sind aber
für jeden Menschen und besonders für viele Berufs-
arbeiter von der größten Bedeutung. Mit der geistigen
Bildung allein ist es heute in so vielen Berufen nicht mehr
getan. Geistige Führer tun gewiß immer not, aber sie
allein bringen ein Volk auch nicht vorwärts. Es kommt
vielmehr auf die Tüchtigkeit der gesamten Glieder an.
Unser Volk nimmt auf dem Weltmarkte eine führende
Stellung ein, es ist ja dazu auch durch die zentrale Lage
seines Landes wie vorbestimmt, aber es muß diese Stellung
gegen tüchtige Konkurrenten auch dauernd erkämpfen.
Von besonderer Bedeutung ist dabei die Bildung, die
Leistung des Handwerkerstandes. Er hat heute
wesentlich andere Ziele zu verfolgen, als vor Jahren.
Heute ist ihm in der Maschine zwar ein Helfer, aber auch
ein mächtiger Rivale erstanden. Was auf mechanischem
Wege herzustellen geht, das verfertigt die Fabrik schneller
und billiger, als es der Handwerker tun kann. Dieser
muß sich daher mehr auf alle die Arbeiten werfen, die
ihm die Maschine niemals abnehmen kann, die nur in in-
dividueller Weise durch die beseelte Hand getan werden
können, der Handwerker muß sich also mehr auf das
 
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