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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

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Jaumann, Anton: Ueber Bau- und Wohnkultur: zu Arbeiten von Professor Heinrich Straumer
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https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0138
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XXXIV. JAHRG. DARMSTADT. MÄRZ 1928.

UEBER BAU- UND WOHNKULTUR

ZU ARBEITEN VON PROFESSOR HEINRICH STRAUMER

Die »Bilderstürmer« zerstörten, um Gott im
Geiste zu dienen, alles, was die Kirchen an
Schmuck besaßen. Kahl sollte das Gotteshaus im
Innern sein. Die Wandmalereien wurden abge-
schlagen oder, wo dies nicht ging, übertüncht. Noch
heute sehen wir, wo das Grau abblättert, die bun-
ten Farben kindlich keck hervorblinzeln. Wurde
die Frömmigkeit durch die Monotonie des Raumes
gesteigert? Wurde sie innerlicher? War der recht-
haberische Geist überhaupt noch fähig, fromm zu
sein? Ungelöste Fragen. Manchem scheint es un-
menschlich hart, der Seele das bißchen Geste, die
bescheidene Farbe zu rauben, womit sie ihre
Freude, ihre Hinneigung, aussprechen und mitteilen
wollte. . Grenzen des menschlichen Wesens wer-
den hier sichtbar. Der Mensch ist nicht bloß Geist.
Eine andere menschliche Kultur gibt es nicht
außer der Zwei-Einheit von Geist und Sinnen.
Die Bilderstürmer gehen wieder um! Sie sind
heute gründlicher als im 16. Jahrhundert, begnügen
sich nicht mit dem Übertünchen. Von Grund auf
soll das Haus erneuert werden, es soll zurückge-
führt werden auf seine reinste, nüchternste Form.
Das Haus ist eine »Konstruktion aus Eisen und Stein
zur Erzeugung von Raum«. Daraus ergibt sich der

»Kubus« und seine wenigen Abwandlungen. Was
darüber ist, ist vom Übel. . Das ist die Lehre,
die als »neue Baugesinnung« plakatiert wird.
Es fehlt dir an Charakter, wenn du etwa anders
denkst. . Wir hatten schon einmal eine Neigung
zu kubischen Gebilden. Das aber war damals hei-
teres Formenspiel, ohne jede Rechthaberei, ohne
Diffamierung der andern, die vielleicht in Ovalen
dachten. Ihr könnt in unsern Kuben wohnen, heißt
es. Sind sie nicht malerisch? Allerdings. Sie sind
noch mehr, sie sind Ornamente. . aus Eisenbeton.
Man wollte die große Form im Konstruktiven auf-
weisen, und erniedrigte die Konstruktion zum Orna-
ment. Wozu also der Eifer, wozu die Teufel-Aus-
treibungen, wenn der Teufel des Ornaments das
ganze Haus erfaßt? Daß die Platten der Kubisten
nichts sind als »Ornamente«, ist hier schon gesagt
worden. Inzwischen hat sich gezeigt, daß auch
die Fenster, die Balkone, die ganzen Hausmassen
nichts sind als ornamentale Plastik. Gehet hin und
tut Buße! . Ich möchte gerne wissen, ob die ver-
eideten Inhaber der neuen Baugesinnung Flüssigkeit
nur in ihrer reinsten Form genießen, — als Wasser?
Ob sie nur von der kahlen Tischplatte essen? Das
letztere ist wahrscheinlich. Es lebe die Glasplatte!

1928.111. ].
 
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