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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 41.1930

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Moos, Herbert: Einrichtungs-Kunst und Fortschritt: Arbeiten von Architekt Hans Buser - Brugg
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https://doi.org/10.11588/diglit.10703#0199
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XL1. JAHRG.

DARMSTADT

MAI 1930

EINRICHTUNGS-KUNST UND FORTSCHRITT

ARBEITEN VON ARCHITEKT HANS BUSER—BRUGG

Der Kriegsruf von Le Corbusier: »la maison est
une machine ä habiter« entsprang keinem
Zufall. Er ist das Ergebnis des Zusammenspie-
lens der äußern Elemente einer Epoche und des
Dranges eines Künstlers, sein Stilempfinden aus-
zudrücken, zu verwirklichen. In den technischen
Errungenschaften, in unserer Lebenshaltung und
in der fesselnden Aktualität der Mode, dieser
Resultante der physischen und geistigen Gegen-
wart fand er die Elemente, die ihm erlaubten,
sein Empfinden, sein Temperament in Gebäulich-
keiten und Räumen auszudrücken. Der Erfolg
dieses Zusammenspielens war überraschend, neu
und zeitgemäß zugleich. Und vielleicht liegt in die-
ser Überraschung der Grund, daß seine »machine
ä habiter« zu einer »machine ä emouvoir« wurde.
Das Programmwort einer Architekten-Gruppe:
»Bauen auf Grund des Existenzminimums«
ist abstrakteren und politischeren Ursprungs. Das
Erstehen eines Rechtes, das sich nicht mehr auf das
Individuum, sondern auf die Masse gründet, sowie
die wirtschaftlichen Forderungen der Nachkriegs-
zeit berührten die Architekten. Solange ihre Pro-
gramme theoretische blieben, waren sie im Recht
und niemand konnte ihnen widersprechen. So-

bald sie aber zur Ausführung schritten, mußte das
Individuum sich insofern gegen sie auflehnen, als
es in den Ergebnissen ihrer Pläne an das stieß,
was ihm mit der Masse nicht gemein war. Und
dies mußte sich umsomehr in seinem Innenleben
und in seinem Leben im Innern äußern. Es konnte
nicht mehr verstehen, warum der Finanzmann
oder der Diplomat genau so eingerichtet sein
sollte, wie der kleine Beamte oder der Arbeiter.
Das Programm des Bauens auf Grund des »Exi-
stenzminimums« erschien wie eine Ausdehnung
eines Programmes über seine Tragweite hinaus .
So kommt jeder dieser beiden Thesen ein Teil
Wahrheit und ein Teil Irrtum zu. Die »machine
ä habiter« enthält vielleicht in ihrer Ausführung
mehr Reiz, als das Bauen auf Grund des »Existenz-
Minimums«, denn ihr ist in gewissem Sinne das
Unterhaltende des Lebens und seiner Ausdrucks-
möglichkeiten eigen. Dem Bauen auf Grund des
»Existenz-Minimums« kommt anderseits wieder
mehr Überlegung zu, da es eine scheinbar aus
unseren politischen und wirtschaftlichen Zustän-
den abstrahierte Wahrheit enthält. Die eine ist
der äußeren Erscheinung des Lebens, die andere
ist der Ergründung des Zeitwillens entsprungen.

1930. V. 1.
 
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