Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 41.1930

DOI Artikel:
Michel, Wilhelm: Baukunst und Gestalt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10703#0206
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
186

INNEN-DEKORATION

HANS BUSER. TR. S1MMEN & Cic —BRUGG SCHLAFZIMMER. MATTGEMASERT MAHAGONI

BAUKUNST UND GESTALT

Mit dem Wort von der »Technisierung des mo- Die Baukunst mag heute mit andern Elementen
dernen Wohnbaus« wollen manche sagen: arbeiten als früher: was sie hervorbringt, ist und
»Wohnbauselbstistrein technische oderingenieur- bleibt: geistgeboren. . Zwecke sind nichts als
hafte Arbeit geworden. Nicht nur ist die Wohnung Antriebe und Ausdrucksmittel der gestaltenden
von mancherlei technischen Diensten durchfloch- Kräfte. Zweckbedienung ist »heuristisch« für
ten: die Wohn-Architektur im Ganzen ist nicht Form, — aber sie ist nicht an sich schon Form!
mehr »Kunstwerk«, das ganze Haus kommt ohne Gewiß tritt in der modernen Baukunst die Indivi-
Mitwirkung künstlerischer Kräfte zustande«. . . dualität des Künstlers nicht so betont hervor, wie
Diese Auffassung ist durchaus irrig. Es ist nach vordem. Aber das ist eher ein künstlerisches Plus
wie vor die künstlerische Kraft, die dem Wohn- als ein Minus. . Größte Formleistungen der Ver-
hause Gestalt und Form gibt. Mag die Technik gangenheit stehen unter dem Gesetz der Typisie-
noch so vielfältig am Baukörper, in der Bauproze- rung; sie stehen unter Kollektiv-Gewalten, die min-
dur und in der Wohnung zur Geltung kommen: ihr destens eine moderne Persönlichkeits-Bewußt-
Führer ist und bleibt beim Wohnbau der Archi- heit völlig ausschlössen. Vergessen wir nicht, daß
tekt; das Formproblem besteht uneingeschränkt es zwei völlig verschiedene Dinge sind: ein Indi-
fort als ein Problem der künstlerischen Fassung, viduum sein — und sich der Individualität be-
Oder will jemand im Ernst behaupten, jedes be- wüßt sein! Je weniger das Bewußtsein der Eigen-
liebige Arrangement moderner Bau- und wohn- heit betont ist, desto freier treten die schöpfe-
technischer Elemente ergebe zwangsläufig schon rischen Kräfte des Individuums hervor. Stellt die
gute Form und Gestalt? . Ordnung, die nicht gestif- Baukunst wieder eine Art »überpersönlicher
tet, Form, die nicht erschaut und geschaffen ist, Dienstgesinnung« beim Architekten her, so
das sind im Bereich menschlichen Tuns Undinge, bringt sie ihm und der Kultur einen Vorteil. . w.m.
 
Annotationen