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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 41.1930

DOI Artikel:
Löwitsch, Franz: Beitrag zur Raumwissenschaft, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10703#0260
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INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT ERNST SCHWADRON IN WIEN FRÜHSTÜCKS-ZIMMER. VILLA L. IN WIEN

BEITRAG ZUR RAUM WISSENSCHAFT

Die »günstigste Wirkung eines Raumes«,
seine »Übersichtlichkeit« ist an eine gewisse
»Regelmäßigkeit« der Möbelstellung gebun-
den. Daß diese Regelmäßigkeit durch die Ge-
setze der »Symmetrie« und des »Gleichgewich-
tes« beschrieben wird, hat die klassische Äs-
thetik (Semper) behauptet. Demgegenüber soll
hier, als ein Stück exakter »Raum-Wissen-
schaft«, bewiesen werden, daß die bisherige
Formulierung dieser Gesetzmäßigkeit zu eng ist.



Das Sehen besteht aus zwei Teilen: aus einem
physiologischen und aus einem psycholo-
gischen Vorgang. Das physiologische Sehen,
das Wahrnehmen der reinen Sinnesempfindungen
ist an sich »zentral«. Wenn wir aber einen Raum
betreten, so ei fassen wir ihn nicht »mit einem ein-
zigen Blick«, sondern lassen unser Auge durch
den Raum wandern; dabei nehmen wir in schnel-
ler Aufeinanderfolge Tausende von Bildern auf,
bei denen jedesmal ein andrer Teil des Raumes
oder Gegenstand in unserer Blick-Achse liegt.

Der wesentlichere Vorgang ist psychologisch,
ein »Erkenntnisakt«, an dem der Denkapparat
beteiligt ist. . Aus der Fülle der Wahrnehmungen
treten diejenigen mit größter Deutlichkeit her-
vor, bleiben diejenigen am besten im Gedächtnis
haften, die die meisten gleichartigen Erinnerungen
(homophone mnemische Empfindunger) weckeD,
assoziieren (ekphorieren). (Rieh. Semons Unter-
suchungen über die »Mneme«). Zu diesen Asso-
ziationskräften treten noch Gefühle, die je nach
ihrer Art die Aufmerksamkeit zu einer Wahrneh-
mung hinziehen oder ablenken. (Resultat der
Psychoanalyse). Diese Gesetze, die das Wahr-
nehmungs- und Erkenntnisvermögen des Men-
schen dirigieren, gelten sowohl für Einzelobjekte
der Vorstellung als auch für die Form von Vor-
stellungskomplexen, für das Anordnungssystem,
für die Kombinationsform mehrerer Einzeldinge.

Daraus folgt also: jene Anordnung von raum-
bildenden Elementen (Möbelstellung, usw.) eines
Zimmers erscheint am deutlichsten, also auch
am klarsten und übersichtlich, die die meisten
 
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