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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 41.1930

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Michel, Wilhelm: Technik im Bund mit der Natur
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https://doi.org/10.11588/diglit.10703#0362
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342

INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT ERNST SCHWADRON-WIEN DACHGARTEN VOR DEM WOHNZIMMER

TECHNIK IM BUND MIT DER NATUR

Zeiten, die hinter uns liegen, neigten dazu, in
der Technik etwas »gegen die Natur Ge-
richtetes« zu sehen. Feinde der Technik suchten
darzutun, daß die Technik den Menschen der
Natur entfremde und die Natur sogar weitgehend
zerstöre. Bei den Freunden der Technik gab es
hinwieder eine sonderbare Art von Stolz, der
sich darauf gründete, daß die Technik uns die
Natur verdrängen oder gar »besiegen« lehre. . .

Gegenüber diesen Anschauungen einer früheren
Zeit besteht heute zwischen Technik und Natur
eine ganz neue Lage. Merkmal der modernen
Handhabung der Technik ist es, daß sie der Natur
gegenüber ein gutes Gewissen und ein gutes
Meinen hat, daß sie sich viel mehr als Verbündete
der Natur auffaßt denn als ihre Gegnerin. . Die
moderne Technik fühlt sich als Ordnerin natür-
licher Gegebenheiten nach dem Maß des
Menschen; und sie weiß sich bei dieser Ordnung
durchaus auf die Kräfte der Natur als ihre einzigen
Helferinnen verwiesen. Die Gas-Explosionen, die

im Krater des Vesuv wirkten und Pompeji ver-
schütteten, sind dieselben, die im Explosions-
Motor zugunsten des Menschen wirken. Die
Technik führt keine fremden Kräfte im Haushalt
des Planeten ein. Sie nimmt nur entschlossen
die irdischen, die erdentsprossenen Kräfte in
den Dienst des Menschen, und ihr Recht dazu
stützt sich auf den uralten Grundsatz: Wer den
bösen Tropfen genießt, genießt auch den Guten. .

Freilich ist es der Geist, der Menschengeist,
der die von der Technik zu bewirkende Ordnung
führt. Und dieser Geist, der einhergeht mit Logik,
Kalkül, zweckhaftem Wollen und Bewußtsein,
galt Vielen bisher als eine natur- und lebensfeind-
liche Macht. Hier gilt es nun, eine tiefgreifende
geistesgeschichtliche Veränderung ins Auge zu
fassen, die sich vor etwa einem Jahrzehnt in
unserem Kulturkreis vollzogen hat: der moderne
»Geist« nimmt, ganz allgemein gesprochen, nicht
mehr eine »Protesthaltung« gegenüber dem Wirk-
lichen, der Natur und dem Leben ein, — sondern
er geht mit Achtsamkeit und Begierde auf diese
 
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