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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Höfer, Werner: Zwiesprache zwischen Mensch und Raum
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0245
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INNEN-DE KORATI ON

229

ROLF DISTEL-KÖLN »DAMENZIMMER« IM HAUSE K. E.

HOLZMÖBEL U.BODEN: MATTBLAU, WAND: ZARTROSA

ZWIESPRACHE ZWISCHEN MENSCH UND RAUM

VON WERNER HÖFER

Der Kölner Rolf Distel ist ein Architekt, der
auch Bilder malt. Und da er gute Bilder malt,
bei denen die Gewichte der Formen und Farben wohl-
gestimmt und geordnet sind, müssen auch seine Innen-
räume von dieser Begabung profitieren. Sie müssen
die Dynamik eines sauber komponierten Bildes in ihre
Dreidimensionalität ziehen und den farbigen Reiz eines
Aquarells in virtuosen Umgang mit vielfach getöntem
Material umsetzen. So läßt sich jeder Raum mit einer
fein ausgewogenen Atmosphäre versehen, die von dem
darin Wohnenden nicht nur als selbstverständlich
hingenommen wird, die nicht nur behaglich ist und
anheimelnd, sondern deren Reiz sich immer wieder
meldet, anregend und erregend. Der Raum erhält
dann geradezu die Kraft, die das Kunstwerk vor
dem Kunstgewerbe auszeichnet: nicht nur wegen
seiner ästhetisch einwandfreien Beschaffenheit als
angenehm empfunden zu werden, sondern mit dem
ihm immanenten Strahlungsvermögen immerwährend
zur innigsten Anteilnahme an seinem Dasein aufzu-
fordern. Der Architekt, der Blick und Herz für solche

Arbeitsweise hat, muß schließlich sogar den Men-
schen zu einem Requisit machen. Das heißt: er
kann sich den Raum nicht ohne den Faktor Mensch
denken. Denn erst aus der Zwiesprache zwischen der
Stabilität der Dinge und der Beweglichkeit des Men-
schen fließt jenes höhere Lebensgefühl, das dann auf-
tritt, wenn einer — froh und beglückt zutiefst —
bekennt: »Hier wohne ich gut«.

Der geistige Mensch, einer, dem das ständige Ab-
hören übermaterieller Regungen Berufung und Be-
ruf ist, dringt leichter und schneller zu diesem Zu-
stand durch. Weil er eben seelische Spannkraft ge-
nug hat, von sich aus jenes Klima um sich zu ziehen,
das er braucht. Der Mensch aber, dessen Leben
pausenlos zwischen Telephonen und grünen Tischen,
zwischen Kurszetteln und Kreditverhandlungen pen-
delt, läuft immer auf höchster Tourenzahl. Er muß
immer »da sein«, immer »fit« sein. Und am Abend
oder in einer kurzen freien Stunde am Tag ist dann
seine Seele heißgelaufen. Da ist es notwendig, daß
der Mann ein Heim hat, das wie eine wohltätige
 
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