DOI Artikel:
Meißner, Else: Holzhaus-Schau in Hellerau
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0355
INNEN-DEKORATION
339
zu finden, die das volkstümliche Gefühl ebenso stark
ansprechen wie bisher das Steildach.
Auch abgesehen von dieser Außenwirkung der Dä-
cher werfen die größeren Häuser Fragen der künst-
lerischen Volkserziehung - besonders in der gezeigten
Möbelausstattung - auf. Während dem geschmack-
lich Gebildeten die kleineren Häuser mehr zu sagen
haben, zeigt die Beobachtung der Besucher, daß in
den größeren das bürgerlicheDurchschnittsideal besser
getroffen ist. Aber gerade das, was den Feinfühligen
an diesen Häusern fesselt, bleibt vom Durchschnitt
unbeachtet: die Bekleidung sämtlicher Wände mit
Sperrholzplatten, die zum Teil »gebürstet« sind; d. h.
durch Bürsten oder Sandgebläse sind die weichen
Jahrringe entfernt, so daß die stehengebliebenen har-
ten Jahrringe eine plastisch überaus reizvolle, dabei
sehr widerstandsfähige Fläche ergeben. In solchen
Einzelheiten zeigt sich die in Jahrzehnten erworbene
Holzkultur der Deutschen Werkstätten. So fesselt
auch die Behandlung der Türen, von denen die Innen-
türen zwar sämtlich Vollgitter- (Sperrholz-)Türen,
äußerlich aber verschieden behandelt sind; zum
Teil sind sie mit Edelhölzern furniert. An der
einen Tür zeigt die Maserung die ganze Lebensge-
sii schichte eines Baumes. Die Fenster sind zum Teil als
Schiebefenster nach Art von Automobilfenstern aus-
gebildet, die Treppenstufen sämtlich aus Buchenholz.
Eine interessante Neuerung ist an einigen Häusern
mit dem »Ochsenblut«-Anstrich eingeführt worden.
Bekanntlich werden in ländlichen Gegenden Skan-
dinaviens die Häuser teilweise mit wirklichem Och-
senblut gestrichen. Es ist nun gelungen, die Vorzüge
dieses Anstriches auch in dem künstlichen Ochsenblut-
anstrich zu erreichen: eine schöne, ziegelrote Farbe,
die Eigenschaft, keine Haut zu bilden wie Ölfarbe,
wodurch eine matte, warme Oberflächenwirkung
entsteht, dazu eine außerordentliche Haltbarkeit.
Der neue Siedlungsteil hat die Gartenstadt Hellerau,
deren Gründung vor 25 Jahren gleichfalls auf die
Deutschen Werkstätten zurückgeht, um einen wert-
vollen Eindruck bereichert. Er wird auch die Frage
des Baustoffes neu zur Diskussion stellen. Die tradi-
tionelle Verbreitung des Holzhauses in den nordischen
Ländern und in Gebirgsgegenden sowie wissenschaft-
liche Versuche haben auch die Laienansicht von sei-
ner schlechteren Wärme-Isolation und geringeren
Haltbarkeit widerlegt. Die Straße am Sonnenhang in
Hellerau ist ein Beispiel, wie dieser älteste Baustoff
der Menschheit in unseren lebendigen Tag wieder hin-
eingesetzt werden kann. — Dr. else Meissner-Dresden
339
zu finden, die das volkstümliche Gefühl ebenso stark
ansprechen wie bisher das Steildach.
Auch abgesehen von dieser Außenwirkung der Dä-
cher werfen die größeren Häuser Fragen der künst-
lerischen Volkserziehung - besonders in der gezeigten
Möbelausstattung - auf. Während dem geschmack-
lich Gebildeten die kleineren Häuser mehr zu sagen
haben, zeigt die Beobachtung der Besucher, daß in
den größeren das bürgerlicheDurchschnittsideal besser
getroffen ist. Aber gerade das, was den Feinfühligen
an diesen Häusern fesselt, bleibt vom Durchschnitt
unbeachtet: die Bekleidung sämtlicher Wände mit
Sperrholzplatten, die zum Teil »gebürstet« sind; d. h.
durch Bürsten oder Sandgebläse sind die weichen
Jahrringe entfernt, so daß die stehengebliebenen har-
ten Jahrringe eine plastisch überaus reizvolle, dabei
sehr widerstandsfähige Fläche ergeben. In solchen
Einzelheiten zeigt sich die in Jahrzehnten erworbene
Holzkultur der Deutschen Werkstätten. So fesselt
auch die Behandlung der Türen, von denen die Innen-
türen zwar sämtlich Vollgitter- (Sperrholz-)Türen,
äußerlich aber verschieden behandelt sind; zum
Teil sind sie mit Edelhölzern furniert. An der
einen Tür zeigt die Maserung die ganze Lebensge-
sii schichte eines Baumes. Die Fenster sind zum Teil als
Schiebefenster nach Art von Automobilfenstern aus-
gebildet, die Treppenstufen sämtlich aus Buchenholz.
Eine interessante Neuerung ist an einigen Häusern
mit dem »Ochsenblut«-Anstrich eingeführt worden.
Bekanntlich werden in ländlichen Gegenden Skan-
dinaviens die Häuser teilweise mit wirklichem Och-
senblut gestrichen. Es ist nun gelungen, die Vorzüge
dieses Anstriches auch in dem künstlichen Ochsenblut-
anstrich zu erreichen: eine schöne, ziegelrote Farbe,
die Eigenschaft, keine Haut zu bilden wie Ölfarbe,
wodurch eine matte, warme Oberflächenwirkung
entsteht, dazu eine außerordentliche Haltbarkeit.
Der neue Siedlungsteil hat die Gartenstadt Hellerau,
deren Gründung vor 25 Jahren gleichfalls auf die
Deutschen Werkstätten zurückgeht, um einen wert-
vollen Eindruck bereichert. Er wird auch die Frage
des Baustoffes neu zur Diskussion stellen. Die tradi-
tionelle Verbreitung des Holzhauses in den nordischen
Ländern und in Gebirgsgegenden sowie wissenschaft-
liche Versuche haben auch die Laienansicht von sei-
ner schlechteren Wärme-Isolation und geringeren
Haltbarkeit widerlegt. Die Straße am Sonnenhang in
Hellerau ist ein Beispiel, wie dieser älteste Baustoff
der Menschheit in unseren lebendigen Tag wieder hin-
eingesetzt werden kann. — Dr. else Meissner-Dresden