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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 46.1935

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Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Von Kaminen und Dergleichen
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https://doi.org/10.11588/diglit.10947#0265
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INNEN-DEKORATION

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ARCHITEKT H. ZWEIGENTHAL - WIEN KAMINWAND IM ZIMMER DER DAME

VON KAMINEN UND DERGLEICHEN

Es gibt herrliche Öfen, Öfen so schön und stattlich,
so überlegen und selbstbewußt, daß man weinen
möchte, wenn man dran denkt, daß sie einem aus-
sterbenden Geschlechte angehören. Ich entsinne mich
an manchen Ofen, der mir wie ein lieber, guter Freund
unvergeßlich geblieben ist. Da war ein alter Delfter
Ofen in einem festen Haus, das von einem Wasser-
graben umgeben war - wie shakespearisch-lustig sah
der aus und wie behäbig! Unten ruhte er auf einem
Sandsteinsockel, dann kam sein gußeiserner Bauch,
mit verschnörkelten Wappen und biblischen Szenen
verziert, und dann stieg sein Kachelgehäuse empor in
wundervollen Profilen aus blauweißen Fliesen mit den
lustigsten Malereien der Welt darauf. Er wurde nur
langsam warm, das Alter hatte ihn wohl etwas asth-
matisch gemacht, aber wenn er so eine Kiste voll
Buchenholzscheite verschlungen hatte und leise satt
vor sich hin brummelte, dann war es eine Lust, mit
ihm zu leben. Und was wußte er alles zu erzählen von
gepuderten Herren und Damen, die er gekannt hatte
und deren nachgedunkelte Bilder ringsum auf den

weißen Kalkwänden des geräumigen Zimmers hingen.

Auch einen eisernen Ofen aus den Tagen der Ro-
mantik habe ich gekannt, der glich im Dämmer fast
einem schwarzen Ritter, schier unheimlich anzu-
schauen. Um seine polternde, cholerische Art richtig
zu verstehen — er konnte rot werden vor Zorn -
mußte man einen Wintertag lang Hasen im Schnee
gejagt haben. Was war er dann für ein lieber, warm-
herziger Freund, und wie schmeckte dann ein gebra-
tener Apfel, den man einer seiner rückwärtigen gehei-
men Nischen anvertraute!

Und dann muß ich noch einen gelblichen Bieder-
meierofen erwähnen, einen mit drei viereckigen
Durchblicken und einer Bekrönung, an die ein lächer-
licher Töpfer Spitzen aus Ton zu bilden versuchthatte
— ja, ihn muß ich erwähnen. Er stand in einem alten
Biedermeierzimmerchen, an den Wänden hingen tu-
gendsame Lithographien und unendlich brave Schwei-
zer Landschaften von Anno dazumal auf einer rühren-
den Blümchentapete. Wenn er brannte, wußte er zu
plaudern wie ein altes Hoffräulein, vor allem aber
 
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