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Zahn, Leopold: Moderne Möbel aus Privatbesitz
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.10944#0050
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INNEN-DEKORATION
MODERNE MÖBEL AUS PRIVATBESITZ
Mit seiner letzten Ausstellung hat der öster-
reichische Werkbund einen neuartigen Versuch
unternommen, der nicht ohne tiefere Bedeutung
ist. Denn die - hauptsächlich auf die Initiative des
Architekten Walther Sobotka zustande gekommene
Ausstellung moderner Möbel aus Privatbesitz bot
nicht nur eine Fülle reizvoller Raumausschnitte, son-
dern zeigte auch in einer Demonstration ad oculos,
daß sich in den letzten Jahrzehnten tatsächlich ein
moderner Möbelstil herausgebildet hat. Die Frage, ob
dieser Stil die künstlerische Höhe früherer Stile er-
reicht hat, bleibe unerörtert. Daß aber nach der
langen schrecklichen Periode der Stillosigkeit wie-
derum ein Stil, d. h. ein formaler Ausdruck einer be-
stimmten Zeitlage aus eigenem Vermögen ohne
Nachahmung historischer Vorlagen geschaffen wer-
den konnte, bedeutet jedenfalls einen Wert, den sich
unsere Zeit auf die Habenseite buchen darf.
Die - relativ - Altes und Neues umfassende Aus-
stellung zeigt auch, welchen Weg der österreichische
Werkbund auf der Suche nach einem modernen Stil
gegangen ist. Es ist ein sehr gradliniger Weg gewe-
sen. Es fehlen gewagte Vorstöße in gefährliches Neu-
land. Man wird jene Experimente vermissen, die der
deutsche Werkbund in der Nachkriegszeit haupt-
sächlich unter dem Einfluß Gropius' unternommen
hat, den gewachsenen Werkstoff durch den künst-
lichen zu ersetzen, aus einer radikalen Liebe für alles
Technische. Zu keinem Zeitpunkt ist die Maschine
das Schibboleth der Wiener Werkbundarchitekten ge-
wesen. Immer stand der Wiener Raumgestalter dem
Handwerker näher als dem Ingenieur, nie hat hier
der Stahl das Holz verdrängt. Ein leichter Hauch von
Biedermeiertum umweht die modernen Wiener Möbel
und Wohnräume. Auf Lebenswärme und Sinnlich-
keit will man eben in dieser Stadt nicht verzichten.
Die Gefahr, die den modernen Wohnungsstil an-
fangs bedrohte - nicht nur in Wien, wenn auch viel-
INNEN-DEKORATION
MODERNE MÖBEL AUS PRIVATBESITZ
Mit seiner letzten Ausstellung hat der öster-
reichische Werkbund einen neuartigen Versuch
unternommen, der nicht ohne tiefere Bedeutung
ist. Denn die - hauptsächlich auf die Initiative des
Architekten Walther Sobotka zustande gekommene
Ausstellung moderner Möbel aus Privatbesitz bot
nicht nur eine Fülle reizvoller Raumausschnitte, son-
dern zeigte auch in einer Demonstration ad oculos,
daß sich in den letzten Jahrzehnten tatsächlich ein
moderner Möbelstil herausgebildet hat. Die Frage, ob
dieser Stil die künstlerische Höhe früherer Stile er-
reicht hat, bleibe unerörtert. Daß aber nach der
langen schrecklichen Periode der Stillosigkeit wie-
derum ein Stil, d. h. ein formaler Ausdruck einer be-
stimmten Zeitlage aus eigenem Vermögen ohne
Nachahmung historischer Vorlagen geschaffen wer-
den konnte, bedeutet jedenfalls einen Wert, den sich
unsere Zeit auf die Habenseite buchen darf.
Die - relativ - Altes und Neues umfassende Aus-
stellung zeigt auch, welchen Weg der österreichische
Werkbund auf der Suche nach einem modernen Stil
gegangen ist. Es ist ein sehr gradliniger Weg gewe-
sen. Es fehlen gewagte Vorstöße in gefährliches Neu-
land. Man wird jene Experimente vermissen, die der
deutsche Werkbund in der Nachkriegszeit haupt-
sächlich unter dem Einfluß Gropius' unternommen
hat, den gewachsenen Werkstoff durch den künst-
lichen zu ersetzen, aus einer radikalen Liebe für alles
Technische. Zu keinem Zeitpunkt ist die Maschine
das Schibboleth der Wiener Werkbundarchitekten ge-
wesen. Immer stand der Wiener Raumgestalter dem
Handwerker näher als dem Ingenieur, nie hat hier
der Stahl das Holz verdrängt. Ein leichter Hauch von
Biedermeiertum umweht die modernen Wiener Möbel
und Wohnräume. Auf Lebenswärme und Sinnlich-
keit will man eben in dieser Stadt nicht verzichten.
Die Gefahr, die den modernen Wohnungsstil an-
fangs bedrohte - nicht nur in Wien, wenn auch viel-