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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 48.1937

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Royère, Jean: Architekt Jean Royère: biographische Vorbemerkung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10944#0171
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ARCHITEKT JEAN ROYERE

BIOGRAPHISCHE VORBEMERKUNG

Ich bin 1902 in Paris geboren. Mein Vater entstammt
einer bretonischen Familie, die in zahlreichen Ge-
schlechterfolgen stets Verwaltungsbeamte des Heeres
und der Marine hervorgebracht hat. Meine mütter-
liche Familie ist lothringischer Herkunft, hat sich
aber international verbreitet, namentlich über Mittel-
europa, also Deutschland, Österreich, Luxemburg,
Holland usw. Meine beiden Großväter waren In-
genieure; mehrere deutsche und österreichische
Eisenbahnlinien sind Von meinem Großvater mütter-
licherseits gebaut worden. (Nebenbei bemerkt: Es war
mir amüsant, gelegentlich den Wohnräumen meiner
Wiener Verwandten in den Veröffentlichungen der
»Innen-Dekoration« wieder zu begegnen.)

Meine Eltern haben sich immer, ohne einen Beruf
daraus zu machen, mit künstlerischen Dingen be-
schäftigt, meine Mutter mit der Malerei, mein Vater
mit alter Kunst. So habe ich von Jugend auf in einer
künstlerischen Atmosphäre gelebt, auch in lebhaften
Beziehungen mit meinen Familiengliedern in Mittel-
europa. Aber nichts bestimmte mich zu einem künst-
lerischen Lebensberuf, der auch in den Augen meiner
Eltern keine »ernste« Sache gewesen wäre. Ich habe

1937. V. 2

im übrigen zu gestehen, daß ich ein recht mäßiger
Schüler war, dann ein keineswegs vorbildlicher Stu-
dent der Rechte; meine Studien habe ich ohne beson-
ders glänzendes Ergebnis in England an der Uni-
versität von Cambridge abgeschlossen.

Dann trat ich eines Tags in eine der Unterneh-
mungen meines Onkels ein, der Industrieller in Le
Havre ist. Sechs oder sieben Jahre lang beschäftigte
ich mich ausschließlich mit dem Import von Reis . . .
Die Langeweile dieser Tätigkeit und die Ruhe des
Provinzlebens erlaubten mir, viel freie Zeit einer Lieb-
haberei zu widmen, die ich schon seit meiner Kind-
heit gepflegt hatte: der Raumausstattung. Erst
machte ich Möbel für mich selbst, dann für meine
bedauernswerten Freunde. Schließlich wuchs mein
Verlangen, dem kaufmännischen Beruf den Rücken
zu kehren, derart, daß man mir eines Tags eine Be-
sprechung mit dem Konservator des Musee des Arts
Decoratifs in Paris ermöglichte. Dieser sah meine
Begeisterung, und statt mir »vernünftig« zuzureden,
war er klug genug, mir die Torheit eines Berufs-
wechsels anzuraten. Und somit entschloß ich mich
im Alter von 29 Jahren plötzlich, einen neuen Beruf

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