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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 51.1940

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Linienschönheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.10972#0198
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188

INNEN-DEKORATION

»VERKAUFSRAUM EINES DAMENWÄSCHE-GESCHÄFTES« ENTWURF: ARCHITEKT P1PPO AZZON1-MAILAND

LINIENSCHÖNHEIT

enn wir heute von einer technischen Schönheit
sprechen, so meinen wir in der Hauptsache den
ästhetischen Wert, der in der schwungvollen Linie
liegt. Wir meinen einen Wohllaut der Linien und der
Massen, der freie geist-entsprungene Dichtung ist und
mehr die Art der glatten Guß- oder Preßform hat als
die Art des Gemauerten, Geschmiedeten oder Gebau-
ten. Es gehört zum Begriff der technischen Schönheit
die fließende Linie, und Formen, die ihm entsprechen,
ergeben sich besonders klar aus den Werkstoffen, die
sich jeder Gestalt gehorsam fügen, wie Metall oder
Beton. Das moderne Auto, die moderne Maschine bis
herunter zum Apparat sind Beispiele solcher Formen;
ihre Rhythmen sind nicht mehr von metrischen Zah-
lenverhältnissen beherrscht, wie bei den alten Werk-
stoffen, sondern sie haben eine mehr naturhafte, me-
lodiöse Art. Wieso diese fließende Linienschönheit mit
heutigen technischen Formen in Zusammenhang
steht, zeigt die Abbildung oben: die Möbel mit ihren
Schweifungen, mit ihren fließenden, gekurvten Linien
haben eine ausgesprochene Verwandtschaft zu Umriß

und Körper des Apparates, der auf dem Tische steht,
der Registrierkasse. Und selbst in der Substanz be-
steht eine gewisse Beziehung; denn der Schleiflack,
mit dem die Möbel behandelt sind, das Glas, welches
den Tisch bedeckt, halten sich in der Nähe des
blinkenden, lackierten Metallgehäuses. - Dieselbe
schwungvolle Führung wie die Linie zeigt die Farbe,
ein Dialog zwischen kalten und warmen Tönen. Die
Wand liegt in einem milden Blau, von dem sich die
Geräte mit verschiedenen Rot-Tönen abheben. Der
Tischkörper und das Unterteil des großen Wandrepo-
sitoriums sind in hell granatrotem Schleiflack gehal-
ten; die gleiche Farbe hat der Bodenbelag. Die langge-
streckten Querbänder des Wandschrankes und die
Sockelleisten des Tisches heben in dunklem Granatrot
die Hauptgliederung energisch hervor. Den Tisch deckt
eine Platte aus rosafarbenem Glas. Die Fächer des
Wandschrankes sind mit verschiebbaren Milchglas-
scheiben geschlossen, über die sich ein duftig-zartes
Blumen- und Rankenmuster hinzieht; es ist eingra-
viert und in mattblauen und rosa Tönen bemalt. —
 
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