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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 51.1940

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Kunst und Handwerk
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https://doi.org/10.11588/diglit.10972#0211
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INNEN-DEKORATION

201

BLEIKRISTALLSCHALE MIT KUGELSCHLIEF: STAATL. FACHSCHULE - ZWIESEL, GETRIEBENES SILBER: STRUPPLER —BERLIN
KERAMIK MIT TÜRKISBLAUER GLASUR: LUNGHARD-SELB, KLÖPPELSPITZEN: LENl MATTHAE1 —HANNOVER. - FOTO: CRIMELLA

KUNST UND HANDWERK

Zu allen Zeiten, in denen die Kunst blühte und noch
für späte Generationen zu einer Künderin des Zeit-
geistes wurde, waren die Grenzen zwischen Kunst
und Kunstgewerbe kaum zu ziehen. Künstler wie
Dürer, Altdorfer und Holbein haben ebenso kunst-
handwerkliche Entwürfe geschaffen wie Gemälde und
Stiche. Damals war es noch offenkundig, daß jede
wahrhafte Kunst, die freie wie die angewandte, aus
dem Handwerk hervorgeht und in ihm ihre eigent-
lichen Wurzeln hat. Die Meister dieser Epochen waren
tatsächlich Handwerker und fühlten sich als solche
und kannten keinen höheren Anspruch als den: ihr
Handwerk nach besten Kräften sachgemäß auszu-
üben. Und nur darum erhob sich ihre Arbeit in einen
Bereich von zeitloser Geltung und spricht uns so un-
mittelbar als echte Kunst an, weil sie der gestellten
Aufgabe mit einer großen Liebe zur Sache und in völ-
liger Selbstvergessenheit dienten. Denn unbewußt
ging dabei in die Form, die sie dem Gegenstand ver-
liehen, etwas ein, was von ihrem reichen Gemüt und
von ihrer aufrechten und kräftigen Gesinnung zeugt.

Nicht ob ein Werk der freien oder angewandten
Kunst angehört, stempelt es also zum Kunstwerk,
sondern lediglich die Ursprünglichkeit und der Grad
seines künstlerischen Lebens. Dieses künstlerische
Leben wird indessen nur in dem Maß zur Wirkung
kommen, in dem wir den Reiz der Handarbeit noch
ganz verspüren können. Das Kunstwerk muß uns in
gewisser Hinsicht als ein Original aus erster Hand er-
scheinen. Kein Gebiet ist nun den eigentlichen Quel-
len künstlerischen Schaffens näher als das Kunstge-
werbe, weil es den handwerklichen Grundlagen noch
auf das engste verbunden ist.

Diese Betrachtungen werden sehr anschaulich
durch die Beispiele bestätigt, die auf der deutschen
Ausstellung in Mailand gezeigt wurden. Sie sind
Kunsthandwerk im besten Sinne, und man wird sich
oft berechtigt fühlen, einzelne Stücke als echte
Kunstwerke anzusprechen. In vielen Formen spüren
wir den Nachhall einer großen Tradition, eine innere
Verwandtschaft mit Gefäßen und Geräten der Antike
oder der Renaissance. Aber das Leben, von dem diese
 
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