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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 53.1942

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Hildebrandt, Hans: Der deutsche Wohnraum zu Dürers Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.10968#0177
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I NN EN- DEKOR ATI ON

169

DER DEUTSCHE WOHNRAUM ZU DÜRERS ZEIT

Verwandtschaft der Wohnweise in weit voneinan-
der getrennten Zeiten wird sich stets vor allem
aus einer Übereinstimmung der Wohngesinnung her-
leiten. Denn die Wohnbedürfnisse wandeln sich un-
aufhaltsam auch innerhalb des gleichen Volks, nicht
minder die Mittel, die ihrer Befriedigung dienen. Man
hat neue Materialien hinzugewonnen, die vielleicht
auch manche früher gebräuchlichen verdrängten, und
verfügt über neue Herstellungsarten. Aber die ge-
fühlsmäßige Beziehung zum Wohnraum als Heim
und zu den Dingen, mit denen zusammen man lebt,
hat sich im tiefsten Grunde nicht verändert. Zweck-
mäßigkeit ohne Nüchternheit, Sauberkeit und Gedie-
genheit, das Verlangen, Behaglichkeit mit Freude am
Schönen, doch unter Ablehnung des Überflüssigen
und Protzigen, zu vereinen, das schlichte Echte dem
blendenwollenden Ersätze vorzuziehen, dies sind die
Kennzeichen unserer heutigen Wohngesinnung -und
waren die Kennzeichen der deutschen Bürgerwohnung
im Spätmittelalter und zu Beginn der Renaissance.

1942, VII. 2

Wie eine Wohnung und wie ihre Ausstattung in
jenen Tagen beschaffen waren, erfahren wir in erster
Linie aus bildlichen Darstellungen auf Gemälden,
Holzschnitten und Kupferstichen. Die Wohnräume
selbst samt ihrer ganzen Einrichtung ohne Wegfall
oder spätere Zutat konnten sich ja unmöglich Jahr-
hunderte hindurch in ihrer ursprünglichen Form er-
halten, mochten auch manche Einzelstücke als pfleg-
lich behandeltes Erbgut alter Familie oder überge-
führt in öffentliche Sammlungen bis auf die Gegen-
wart bewahrt bleiben. Solche Wertschätzung ward in-
des in der Regel nur den Ausnahmeerzeugnissen des
Handwerks vergönnt, die sich durch edlen Stoff und
durch kunstreiche Arbeit der besonderen Beachtung
empfahlen, nicht den Durchschnittserzeugnissen für
den Gebrauch des Alltags, die wichtiger sind für den
allgemeinen Stand einer Kultur. Die Maler und Gra-
phiker haben uns solche Abbilder der ihnen selbst ge-
gebenen Wirklichkeit überliefert, nicht um Zeugnis
abzulegen gegenüber der Nachwelt, sondern weil sie
 
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