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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 53.1942

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Der Reiz des "Zugleich"
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https://doi.org/10.11588/diglit.10968#0216
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208

INNEN-DEKORATI ON

>DER VERKAUFSRAUM IM UNTEROESCHOSS« HOLZWERK: HELLBLAU GESTRICHEN, BODEN: KERAMIKPLATTEN

DER REIZ DES »ZUGLEICH«

Wenn im Märchen der tapfere Schneider »sieben
auf einen Schlag erledigt«, dann freut das den
erwachsenen wie den kindlichen Zuhörer: hier wie in
jedem anderen Bereich entsteht tiefe Befriedigung,
wenn statt des mühsamen Neben- und Hintereinander
ein geschicktes »Zugleich« ins Bewußtsein dringt.
Macht es vielleicht nur dem Romanautor selbst Ver-
gnügen, wenn er in einem einzigen Satz die Handlung
vorwärts bringt und darin zugleich einen eigenen
dichterischen Ton gibt, vielleicht noch einen Strich
dazu, der den Helden charakterisiert, oder auch noch
eine Farbe, die das Zeitkolorit verdeutlicht? Nein,
auch der Leser, selbst wenn es ihm nicht bewußt
wird, spürt eine Genugtuung: das Umständliche des
»Eins nach dem Andern« ist ihm erspart, das Verhält-
nis zwischen Mittel und Zweck ist aufs beste herge-
stellt, der Wunsch nach Ökonomie, auch im Geisti-
gen, aufs schönste erfüllt. Zumal in den Bezirken der
Dinge, die unsere Wohnkultur ausmachen, in denen
das Praktische und das Geistige, das Stoffliche und
das Schöne, gewissermaßen an allen Ecken und En-

den zusammenstoßen oder ineinanderfließen, ist dies
»Zugleich« Kernproblem, und es muß der tausendfäl-
tige, ewig neue Ehrgeiz aller hierin Tätigen bleiben,
immer neue Lösungen der uralten Spannung zu fin-
den. Die Lösung wird dann besonders beglückend
sein, wenn die Pole sehr weit auseinandergerückt
sind, wenn die Welt und die Gegenstände, die ins
Reich des Schönen einbezogen werden, durch die
Nüchternheit ihrer Funktion außergewöhnliche
Schwierigkeit bieten. Kaufen und Verkaufen zum
Beispiel hat, auch wenn es in den flüssigsten und ge-
dämpftesten Formen geschieht, etwas Nüchternes,
und es ist ein ganz besonders hochzuschätzendes Ver-
dienst, wenn etwa ein Architekt einem Verkaufsraum,
den Vitrinen und Schaukasten, die Form und Ord-
nung zu geben weiß, die ganz dem Zweck entspricht
und zugleich, der Ausstrahlung der zu verkaufenden
künstlerischen Gegenstände gemäß, selbst einen
Wert darstellt, wenn es ihm gelingt, sogar die Stelle,
wo sich das Verkaufen abspielt, den Verkaufstisch, als
ein schön ruhendes Etwas ins Ganze zu fügen. - s.
 
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