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Internationale Sammlerzeitung: Zentralbl. für Sammler, Liebhaber u. Kunstfreunde — 1.1909

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Nummer 2 (15. Februar)
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Internationale
^ammler^eifunj
Zentralblatf für Sammler, fiebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Harbert ehrlich und 1. Hans Prosl.
1. Jahrgang. Wien, 15. Februar 1909. Hummer 2.

Ein vergessener (Tlaler.
Von Hofrat Rugust Schaeffer, Wien.


ist eine eigentümliche Wahrnehmung, die man
bisweilen bei Künstlern selbst vergangener
Epochen macht, daß ihre Verdienste weder bei
Eebzeifen, noch auch später nach Abklärung des
Urteils, sowie der Klarstellung der Verhältnisse,
in denen sie lebten und schufen, sich nicht zu
der oollwichtigen Anerkennung durchringen
konnten, die ihnen eigentlich gebührte. Ja, es
kommt sogar nor, dafj mancher oollends nach
und nach in Vergessenheit gerät, weil oer-
schiedene Umstände der Festigung seines llach-
ruhms nicht günstig waren.
Dies wird nor allem bei solchen Künstlern
leicht der fall sein, die an uerschiedenen Orten
ihre Tätigkeit ausübten, wodurch ihre Arbeiten

in der Welt uerstreut wurden und daher nicht leicht einen

Gesamtüberblick gestatten.
5o erging es dem außerordentlich tüchtigen öster-
reichischen Eandschaftsmaler friedlich Eoos, welcher unbe-
dingt in die Reihe der Wiener Dialer der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts gestellt werden muß, und dem sogar
ein heroorragender Plaß in der Geschichte dieser heute mit
Recht so gefeierten Altwienerschule gebührt. Er hat uer-
hälfnismäßig früh seine Heimat verlassen und nur wenige
seiner Werke sind in Wien geblieben im Gegensaße zu den
Schöpfungen der meisten seiner vaterländischen Genossen,
die größtenteils an der heimatlichen Scholle haften geblieben
und daher in Galerien und Sammlungen immerdar der
Ulit- und Uachwelt nor Augen standen.
Besser als mit seinen Gemälden erging es Friedrich
Eoos mit seinen Radierungen und Eithographien, die in
den Bibliotheken und Kupferstichsammlungen non Wien
ihre festen Pläße gefunden haben.
Andresen befaßt sich in seinem wertoollen, höchst
dankenswerten Werke: „Die deutschen Dialer-Radierer“
(Eeipzig, Verlag aon Rudolf Weigel) II. Band, pag. 198,
sehr ausführlich mit Friedrich Eoos, der ihm höchstwahr-
scheinlich die Dlaterialien selbst beigestellt haben dürfte.
Friedrich Eoos könnte man meiner Ansicht nach in seiner
Kunstausübung als Autodidakt bezeichnen. Von Josef
Rebell dürfte er wohl das meiste gelernt haben, aus
dessen Werken man ersehen kann, daß er der Erscheinung
der Ilatur schon wesentlich nachstrebte. Thomas Ender

folgte diesen seinen Spuren, und so mag es sich erklären,
daß man bei sehr genauer Untersuchung oon Friedrich
Eoos’ Bildern, namentlich aus seiner früheren Zeit Anklänge
an diese beiden Künstler zu finden oerrhag. Auch Albert
Christoph Dies (1755—1822) konnte Dielleicht auf Toos
eingewirkt haben, doch alle diese Einflüsse kommen nicht
zur uollen Geltung, es sind eben nur Impulse, aus welchen
er sich seine Eigenart, die stark genug gewesen ist, zili jliotheiN
gestalten vermochte.
Aus seinem in der kaiserlichen Gemäldegalerie be- Berlin J
findlichen Bilde: „Ansicht der Ramsau bei Berchtesgaden“,
welches noch in die erste, jedoch schon reife Epoche seines
Schaffens gehört, ersehen wir bereits den sichern Takt
und die Aaturkenntnis des damals 39jährigen Dialers,
welcher sich freigearbeitet hatte von der kleinlichen Vortrags-
weise und glatten Art der Dlehrzahl seiner Zeitgenossen,
fest und sicher packt er seine Technik an und die Ilatur
gibt er nicht mehr wie seine Vorgänger stilistisch, sondern
mit allen realistischen Details sorgsam und getreu, jedoch
durchaus geschmackvoll wieder. Die hier zum Abdruck
gelangende Reproduktion des Bildes (fig. 1) macht uns
mit dem Gegenstände, sowie mit der Auffassung des
Künstlers vertraut. Im Hintergründe erblicken wir den
hohen Göll, im Dlittelgrund das mit feldern, Wiesen und
Wald bestellte stark koupierte Terrain. Ein sommerlicher
Sonnenschein breitet sich über der Eandschaft aus, links
schließt eine schöne Ahorngruppe bei einem felsigen Weg,
der üon einigen figuren belebt ist, den Vordergrund effekt-
doII ab. Das Bild machte mir stets den Eindruck sicherer
Meisterschaft und interessant erschien mir auch die Wahr-
nehmung, daß der später so erfolgreich auftretende Eand-
schaftsmaler Anton Hansch unbedingt an Illeister Eoos
gelernt haben mußte, wenn auch nicht als sein Schüler,
der er nie gewesen ist, doch aber als junger Beobachter,
welcher sein künstlerisches Schaffen studierte, namentlich
ist im Vordergrund des Eoosschen Bildes in der kaiserlichen
Gemäldegalerie eine Behandlung zu sehen, aus der Hansch
sicherlich Außen gezogen hat.
friedlich Eoos ist zu Graz am 29. Oktober 1797
geboren und kam mit seinem Vater, der das Handwerk
eines Eederfärbers trieb, frühzeitig nach Wien. Hier
frequentierte er die evangelische Schule, wo der Architekt
und Eandschaftsmaler Josef Rebell, der später oon Kaiser
franz ernannte Galeriedirektor und Schloßhauptmann oom
 
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