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Internationale

(gammfer-^eifunfl
Zentralblatt für Sammler, Eiebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Harbert ehrlich und J. Hans Prosl.

1. Jahrgang.

Wien, 1. April 1909.

Hummer 5.

Das Dorotheum unö öle Sammler.
Von Hofrat Alexander Sauer-Csaky non Hordendorf,
Zentral-Direktor des k. k. Versatj- und Versteigerungsamtes, Wien.

as Auktionsroesen, das in anderen Weltstädten
seit langer Zeit schwunghaft betrieben wird und
dort uollkommen eingelebt ist, konnte in Wien
nie recht Wurzel fassen. Jn älterer Zeit kamen
nur vereinzelt namhafte Auktionen vor. Jn den
sechziger Jahren schien es, nachdem einige sehr
große erfolgreiche Kunstauktionen abgehalten
morden roaren, als ob ein größeres Interesse
dafür auftauchen roürde, aber unter den darauf
folgenden ungünstigen finanziellen Verhältnissen
oerlor sich das Interesse miedet und es gelang
nur ab und zu einigen geschickten Auktionatoren
mit wirksamen Auktionen vorzurücken. Jn den
neunziger Jahren roaren es namentlich Warora
und Cubasch, die jeden Winter zwei bis drei
erfolgreiche Auktionen durchführten und sich dadurch den
besten Ruf erroarben.
Das Auktionsroesen steht in einem geroissen Zu-
sammenhänge mit dem Interesse für das Sammeln non
allerlei Altertümern, älteren Kunstwerken, Spezialitäten
und Raritäten. Wer sammeln wollte, mußte allfällig mühsam
Gebiete aufsuchen, in denen Altertümer zu finden, zu
entdecken und aus ihren Verstecken herauszuholen waren;
allerdings gelang es manchem auf diese Art köstliche
Schöße um Billiges zusammenzubringen, wenn er den
richtigen Kennerblick hatte. Diese Quellen sind heute
nahezu erschöpft, ausgebeutet. JTlan mulj schon sehr weit
ausgreifen, um noch unerforschten Boden in dieser Be-
ziehung zu finden. Wem dieser Weg zu langroierig war,
der konnte sich an die Kunst- und Antiquitätenhändler
halfen, die seit jeher immer Sammlungsgegenstände auf
dem Bager haften und das Alter mancher dieser firmen
deutet darauf hin, dafj der Sinn für das Sammeln weit
zurückreicht. Allerdings war dieser Weg ziemlich umständ-
lich, denn es mar nicht jedermanns Sache, jahraus
jahrein die Handlungen abzulaufen, um Objekte einer ge-
roissen Sorte auszuroählen.
Sammler hat es zu allen Zeiten gegeben. Vor Jahr-
hunderten roaren es die Regenten und fürstlichen Häuser,
die ihren Stolz darein selten, Kunstschäße zu sammeln
und IRuseen anzulegen. Die Residenzen aller Staatshäupter
legen daoon Zeugnis ab. Heute sind diese JTluseen Stätten


der Wissenschaften und roerden im roissenschaftlichen Geiste
sorgfältig und kundig ergänzt, behütet und studiert. Dafj
auch schlichte Bürger sammeln, und daß Spezialitäten zum
Gegenstand des Sammelns gemacht rourden, die vordem
nicht beachtet morden roaren, hat sich erst spät heraus-
gebildet. Cine Verallgemeinerung des Sammelgeistes ist erst
neuestens im Anzuge, noch nicht recht entwickelt, aber
immerhin sind die Anzeichen vorhanden, dafj der Sinn
dafür geweckt ist.
Das hat sich sehr deutlich gezeigt, als das Dorotheum
in Wien eröffnet rourde. Vom Anbeginn fanden sich alle
diejenigen ein, die irgend roelche Arten von Sammlungen
hatten oder anzulegen suchten. In der Tat ist ja dieses
Institut, roie kein anderes, geeignet als Fundstätte für
allerlei Sammelgegenstände zu dienen, enthalten schon die
Pfänder viele Sachen aus altem familienbesiß, um roieviel
mehr die Hinterlassenschaften und die direkt von Sammlern
zur Veräußerung eingebrachten Kollektionen. Gleich beim
Beginne kam ein großes Privatmuseum aus der Verlassen-
schaff des Grafen falkenhayn zur Auktion, welches das
Interesse in den roeitesten Kreisen erregte. Dadurch roar
die Aufmerksamkeit aller Sammler auf das Dorotheum
gelenkt und die Anstalt bildete sich in der folge in ganz
natürlicher Weise zu einem Konzentrationspunkte aller
derjenigen heraus, die sammeln wollten. Es hat sich dabei
die Eigentümlichkeit herausgestellt, daß fast alle großen
Auktionen folgen von Katastrophen oder mindestens
Todesfällen roaren; je größer die Katastrophe, desto erfolg-
reicher die Auktion.
Auf jene erste große Auktion folgte die der Gemälde-
galerie des Grafen Brunsvik, mit dem das alte Geschlecht
erlosch. Dann der IJachlaß der beliebten Schauspielerin
Jllarie Geisfinger, enthaltend eine Serie von seltenen
Porzellan-Prunkstücken; die Sammlung des Grafen Aapoleon
Csaky, eines Sonderlings, die viel echtes, auch schöne
Imitationen enthielt, eine Anhäufung von Spezialitäten,
die mit mehr Geschmack als Sachkenntnis ausgeroählt
roar. Darauf der große, Aufsehen erregende Aachlaß der
serbischen Könige lllilan und Alexander, der seinen
halborientalischen Charakter nicht verleugnete und einen
intimen Einblick in den verblichenen Glanz eines dyna-
stischen Hauses gewährte. Dann wieder einige schöne
Kollektionen von eminenten Sammlern, die eines Bürgers
 
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