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Tnfernafionale
^ammfer^eifunß
Zentralblatf für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Harbert ehrlich und J. Hans Prosl.

1. Jahrgang.

Wien, 1. Jliai 1909.

Hummer 7.

Das Wappen „Bürgerlicher“.
Vom kaiserlichen Rat Ernst Krahl, Hofmappenmaler, Wien.

as bürgerliche Wappenzeichen, ein im Schild,
Helm und Kleinod den Wappen des Adels und
Patrizierstandes vollständig ähnliches Emblem,
führt eigentlich einen falschen Hamen, es müßte
mahl richtig heißen: „Das Wappen Bürgerlicher“.
Allerdings ist die Ähnlichkeit beider Zeichen
nicht aus der Welt geschafft, ganz besonders
in früheren Zeiten, roo auch der Adel sehr oft
dem Stile der Zeit entsprechend einen Sfechhelm
ohne Krone führte. Wäre es nicht besser geroesen, wenn
für bürgerliche Kreise die ehemalige Hausmarke, tvelche
jeder Besitzende auf seinem Haus, Hof, Vieh, Waffen und
Siegel hatte, beibehalten worden märe? Was ist eigentlich
ein Wappen oder eine Alarke? Es ist ein Zeichen zur
Kenntlichmachung des Eigentumes seines Trägers und des
Trägers selbst, wenn er auszog ins Veld, es diente des
weiteren zur Siegelung bei Verträgen, Verkäufen, Klagen,
Heiratsurkunden, kurz zu allem, wozu man die Unterschrift,
beziehungsweise ein sichtbares Zeichen benötigte, welches
eben nur diese eine Vamilie und deren lllitglieder charak-
terisierte und non den anderen Vamilien unterscheiden sollte.
Konnte nun vielleicht in den Zeiten vor dem XV. Jahr-
hundert eine jede Vamilie sich ein Eigentumszeichen frei
wählen und führen, so änderte sich dieses Recht zweifel-
los von dem ITlomente, als bürgerliche Wappen inderseiben
Vassung wie adelige verliehen wurden; zum mindesten
mußte sich dieses, wenn ich die willkürliche Weiterführung
von JTlarken gerne anerkennen will, in bezug auf das eigent-
liche Wappen ändern.
So viel mir bekannt ist, wurde am 30. September 1400
durch König Rupprecht an den Hlainzer Bürger Enger-
mengers der erste Wappenbrief erteilt. Wenn mit der
offiziellen Verleihung von Wappenbriefen überhaupt be-
gonnen wurde, so war wohl der Zweck jener, besonders
verdiente Bürger wenigstens den äußeren Zeichen nach,
dem Adel oder dem Patrizier gleichzustellen, denn damals
hatte ein solches äußeres Zeichen einen ganz anderen
Wert als heute. Es hatte aber die offizielle Ausgabe von
Wappen an Bürgerliche den Zweck, kund zu tun, daß das
Tragen eines solchen Wappenzeichens nur durch die Gnade
des Tandesherrn gestattet ist, daß das Recht zur Verleihung
dieses Wappens nur der oberste Tandesherr für sich allein in
Anspruch nimmt und niemand das Recht hat, aus eigener ITlacht-


vollkommenheit oder von eines Wappenfabrikanten Gnaden
ein Wappen zu führen.
Aber auch schon vor der Ausgabe bürgerlicher
Wappenbriefe muß ein Recht, wenn auch in vielen Vällen
ein Gewohnheitsrecht auf den einzelnen Zeichen, sei es
mehr marke oder mehr Wappen gewesen sein; das was
später zum Geseße wurde, hat früher schon in Statuten
und Soßungen bestanden, denn Dr. Hauptmann schreibt
in seinem vorzüglichen Werke: „In den wenigen Vällen,
in denen Personen im XIV. Jahrhunderte bürgerliche Wappen
führen, dürften wir in ihnen immer Sprossen adeliger
Geschlechter sehen, die im Stande der bürgerlichen unter-
gegangen sind. Huch hier ist die ehemalige Zugehörigkeit
zum Adel, die den Untergrund ihres Wappenbrauches bildet.
Ob die Rechtsanschauung dabei damals dahin ging, dafj
man es für statthaft ansah, dafj sie ihr Wappen beibe-
hielten, oder ob man darin einen mißbrauch erblickte,
dürfte heute schwer zu entscheiden sein“. Hauptmann
zieht diese Schlußfolgerung aus einer Aufzeichnung des
hervorragenden Historikers zu Wien, des Geheimrats v.
Hrneth, welcher schreibt: „Es gab in den Städten Wappen-
fähige nicht ritterbürtiger Geschlechter, deren Wappen-
mäßigkeit nicht wie in späterer Zeit eine Art Vorstufe zur,
sondern ein Rest verlorener Rittermäßigkeit war. Es war
das eine natürliche Volge des Umstandes, daß die Wappen
schon zu erblichen Vamilienzeichen geworden waren, als
es lange noch nur dinglich erworbene Rittermäßigkeit und
dann diese noch einige Zeit neben dem Briefadel gab; das
Zurücksinken landsäßiger, ehrbarer Knechte oder ritter-
mäßiger Eigenleute in den Bauernstand ist viel seltener zu
beobachten als das des siebenten Heerschildes teilhaftiger
Stadtgeschlechfer in den Handwerkerstand, der sie desselben
ebenso wie jener verlustig machte. Bei der Bürgerschaft
war das eben eine reine Vermögensfrage. Wie sich nun
sphragistisch nachweisen läßt, führten dergleichen herab-
gekommene und in späteren Perioden oft wieder aufstre-
bende Vamilien de facto ihre alten Wappen ruhig weiter,
ohne daß ihnen die Rittermäßigkeit mehr zukam“.
Also irgend ein Recht ist immer zu allen Zeiten der
Vührung von Wappen zugrunde gelegen, sonst wäre der
eigentliche Zweck eines, sei es noch so unscheinbaren
Zeichens hinfällig geworden, wenn jeder beliebige andere
sich dasselbe hätte aneignen können. Es sei denn, daß
 
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