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Internationale Sammlerzeitung: Zentralbl. für Sammler, Liebhaber u. Kunstfreunde — 1.1909

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Nummer 7 (1. Mai)
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Seite 108.

Internationale Sammler-Zeitung.

Hummer 7.

Ornamentik nach, die oon den Wandbildern Pompejis ausgehend
in Rafaels Foggienbildern ihre in die Heiterkeit der Renaissance
übertragene Forfseßung finden und schießlich oon französischen
Künstlern in geistvoller und wißiger Weise zum reinen Ornament
umgesfaltet wurden.
(Die Porzellansammlung Butsch in Augsburg) ist uon
der dortigen Stadtgemeinde um den Betrag oon 70,000 ITlk. ange-
kauff morden und wird dem Fllaximilian-Flluseum in Augsburg
einverleibt werden. Die Sammlung besteht aus 607 Porzellan-
gegenständen aus berühmten ITlanufakfuren, wie FReißen, llymphen-
burg, Wien und Frankenthal. Außerdem gehören ihr noch 140
Stück Kunst- und kunstgewerbliche Gegenstände an. Zu den Kosten
haben Augsburger Bürger durch Schenkungen 22.000 ITlk. beige-
tragen, der Rest soll Stiftungen entnommen werden.
Siegel.
(Siegel und Forschung.) Aus Hamburg wird uns ge-
meldet: Jn der ersten Sitzung des neugegründeten „Hamburgischen
Vereines für Familiengeschichte und Wappenkunde“ hielt Herr Paul
Trümmer einen sehr interessanten Vortrag über die Bedeutung
der Siegel und Wappenkunde für die öeschichts-, Familien- und
Kunstforschung, einleitend betonte Trümmer, dafg es durchaus
irrig sei, Siegel und Wappen als mittelalterliche Spielerei zu be-
trachten, und daß man auch in Hamburg seit Jahrhunderten in
den alten Familien das Wappenwesen geschäht und hochgehalten
habe. Das beweisen die oielen im Archio aufbewahrten Wappen-
bücher der fflitglieder städtischer Behörden, die bis ins 16. Jahr-
hundert hineinreichen und deren Führung damals schon „als uon
jeher eingeführte Obseroance“ bezeichnet wird. Flach einem Hin-
weis, dafj Siegel und Wappen vielfach uerwechselt werden, folgte
eine Definition, was man unter einem Siegel und einem Wappen
versteht, und daran anschließend eine kurze Übersicht über ihre
Geschichte. Während die Geschichte der Siegel so alt ist wie
die Weltgeschichte, beginnt diejenige der Heraldik erst mit den
Kreuzzügen. Die mittelalterlichen Siegel haben sich als wichtiges
Hilfsmittel für die geschichtliche Quellenforschung und für die
Genealogie erwiesen, ihre Bedeutung liegt hauptsächlich in der
möglichkeit, sie sehr genau zu datieren. Sie bieten ferner ein
mittel, Urkunden auf ihre Echtheit zu prüfen, gleichnamige
Personen und Familien auseinander zu halten und Verwandtschaften
festzustellen. Sie sind zugleich Denkmäler der Kunst, da sie
Ornament und Architektur ihrer Zeit illustrieren, und des Kunst-
gewerbes, als Arbeiten der Goldschmiede; Urkunden der Kultur-
geschichte, als wertvolle Quelle für Werkzeuge, Bewaffnung, Gerät,
Bekleidung, Porträts und in vieler anderer Hinsicht. Die Wappen,
die sich seit dem 15. Jahrhundert immer komplizierter und
prächtiger gestalteten, sind für genealogische Arbeiten ebenfalls
uon großem Flüßen und gewähren ein vorzügliches mittel, Kunst-
werke unbestimmten Alters der ihnen zukommende Zeit- und
Kunsfepoche zuzuweisen. Ihre vielfache Anwendung in früheren
Jahrhunderten auf allen möglichen Gebrauchsgegenständen macht
die Kenntnis der Wappen und ihrer Entwicklung für die Kunst-
gewerbemuseen zu einem sehr willkommenen Hilfsmittel, so
manches alte Stück nach Zeit, Verkaufsort und früheren Besiß
einwandfrei zu bestimmen oder Fälschungen auf die Spur zu
kommen. Die Quellen der Heraldik sind schriftliche und bildnerische
Denkmäler. Zu ersteren sind die mittelalterlichen Dichtungen,
Annalen, Urkunden, Chroniken und alten Wappenmanuskripte zu
zählen; zu leßteren gehören besonders Baudenkmäler, Grabsteine
und fast alle Gebrauchsgegenstände. Die Quellen der Sphragistik
sind vornehmlich Archive mit ihren Urkundenschäßen und Siegel-
sammlungen in FRuseen und Priuatbesiß. An den sehr beifällig
aufgenommenen Vortrag schloß sich die Vorführung einer Reihe
Fichtbildern, uon Proben aus alten Wappenmanuskripten und eine
Anzahl besonders interessanter Siegel.
Spitzen.
(Japanische Schablonen). Die oon uns schon gewürdigte
Kunstammlung des Freiherrn oon Siebold, die oon der Firma

„Hu JTlikado“ in Wien I., Wollzeile zum Verkauf gebracht wird,
enthält auch eine außerordentlich reichhaltige Sammlung (ca. 12000)
der in Japan unter dem Hamen „Kafagami“ (FHusterpapier) be-
kannten Schablonen. Die „Katagami“ finden Dornehmlich in der
Spißenindustrie, aber auch bei Stoffen, Tapeten, Feder, JTletall- und
Holzarbeiten Verwendung. Die JTlusterschablonen wurden mit freier
Hand, oder nach vorher ausgeführter Zeichnung mit verschiedenartig
geformten kleinen FHessern und Instrumenten hergestellt. Jn den
meisten Fällen fand nur ein Blatt Verwendung, um das Wüster auf
den Stoff mittelst einer weichen Bürste durchzupausen. Hin und
wieder aber verwendete man zu einem Illuster zwei oder mehrere
solcher Schablonen. Das fflaterial der Schablonen selbst, ist das
japanische Pflanzenpapier, das um mehr Haltbarkeit zu haben,
mit einem dünnen Facküberstrich versehen wurde. Je nach der
lllode oder dem Geschmacke haben sich im Faufe der Zeit die
Illuster geändert und es ist bewundernswert, welche große Variation
in den Rlotiven dieser künstlerisch ausgeführten Schablonen vor-
handen ist. Unter den ca. 12000 Schab'onen der Sammlung Sie-
bold finden sich fast keine gleichen. Heute werden diese Schab-
lonen nur noch äußerst seifen angeferfigf, da man auch in Japan
schon die maschinelle Bedruckung von Stoffen in Anwendung bringt
und auch die Kosten für die Herstellung dieser Papierschabionen
sich wegen der erhöhten Fohnverhältnisse als zu hoch erweisen
würden. Die Siebold’sche Sammlung besteht aus Illustern, die zum
größten Teile vor ca. 150—200 Jahren angefertigt wurden, und
bietet daher ein interessantes Bild von dem Wechsel in der lllode
dieser Schablonen.

Uohltäfigkeitsmarken.
(Eine Reichsvolksschulgeseß-Rlarke.) Der Verein
„Freie Schule“ hat aus Anlaß des 40jährigen Jubiläums des Reichs-
volksschulgeseßes eine außerordentlich hübsche lllarke in Dreifarben-
druck ausführen lassen. Der von Künstlerhand hergestellte Entwurf
zeigt ein ideales Schulhaus, um das die goldenen Strahlen der
aufgehenden Sonne spielen, während aufgescheuchte Raben davon-
flattern. Der Zweck der lllarke wird außerdem noch durch die
Worte „Freie Schule Reichsvolksschulgeseß 1869“ gekennzeichnet.

Uerschieöenes.
(Haydns 11 ach laß.) In einem „Wie kam der handschrift-
liche nachlaß Josef Haydns nach Ungarn?“ betitelten Aufsaße im
lllaiheft der „Österr. Rundschau“ widerlegt Dr. Jgn. Schwarz
die landläufige Annahme, daß Fürst Esterhazy auf Grund einer
mit dem Rleister getroffenen Vereinbarung in den Besitz des nach-
lasses gekommen sei. Gr weist darauf hin, daß von einem solchen
Übereinkommen weder im Testament noch in dem auf den llachlaß
Haydns bezüglichen Aktenfaszikel die Rede sei, und daß auch die
unmittelbar nach dem Tode erfchienenen Biographien Haydns von
Griesinger und Carpani von einschlägigen Verhandlungen und Ver-
einbarungen etwas wissen. Ja, Carpani sage ausdrücklich, Fürst
Esterhazy habe in der Versteigerung den gesamten hand-
schriftlichen und gedruckten llachlaß käuflich an sich gebracht.
Diese Ansicht stüßt Dr. Schwarz auf den Wortlaut des Auktions-
Protokolles, in dem die nummern 81 — 609 zusammengezogen
erscheinen mit dem Vermerk des Auktionators „von Hr. 81 bis
inkl. llr. 609“, wobei die ganze Kollektion mit dem Erstehungs-
preis von zusammen 4500 fl. bezeichnet ist.
Die Ausgrabungen in Ostia.) Wie aus Rom berichtet
wird, besuchte König Viktor Emanuel kürzlich Ostia, um sich
vom Fortgang der dortigen Ausgrabungen zu überzeugen. Dabei
wurde als neuer Fund u. a. eine Statue einer Cerespriesterin
gezeigt. Augenblicklich ist man mit der Ausgrabung der Thermen
beschäftigt, die einen schönen Portikus, ein weites Peristyl und
schöne FRosaiken aufweisen.
(Entdeckung eines antiken Hlosaiks.) Gin antikes
fflosaik ist in Salerno zutage gefördert worden Den FRittelpunkt
bildet ein außerordentlich schönes Haupt der Gorgona, das 51 zu
48 Zentimeter mißt. Hach Stileigentümlichkeiten hat man es allem
Anscheine nach mit einem Werke der früheren Kaiserzeit zu tun.
Schönheit und gute Erhaltung lassen den Fund als einen der
bedeutsamsten der leßten Jahre erscheinen.
 
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