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Hummer 10.

Internationale 5ammIer-Zeitung.

Seite 155.

gemeinsam mit Gutenbergs Fllaterialien und Pressen das berühmte
Psalterium vom Jahre 1457, das erste datierte Druckwerk der
Welt und fünf Jahre später, am 14. August 1462 vollendeten Susf
und Schaeffer den Druck der ersten vollständig datierten Bibel,
zwei Bände in Großfolio, welche wegen dieses Umstandes, mehr
aber noch wegen ihrer typographischen Schönheit unter allen ge-
druckten Bibeln den höchsten Rang einnimmt. Kurz nach Voll-
endung dieses Prachtwerkes, in der Rächt vom 27. auf den 28. Ok-
tober 1462, wurde die Stadt ITlainz oon feindlichen Scharen in
Brand gesteckt und die Druckoffizin zerstört. Sust überlebte die
Katastrophe nur vier Jahre. Seine zahlreichen Gehilfen zerstreuten
sich in alle Winde und trugen so, obgleich sie eidlich zur Geheim-
haltung des Kunstgeheimnisses verpflichtet waren, die Kunst des
Buchdruckes in nahe Lund ferne Fänder. Dieser ersten da’ierten
lateinischen Bib I Sust und Schäffers also gehören die oon Schiff-
mann entdeckten zwei Blätter an, die aus einem Gxemplare auf
Pergament stammen und Teile der Paulinischen Briefe enthalten.
Von ihrem materiellen Werte gibt die Tatsache eine Vorstellung,
daß größere Bruchstücke aus dieser Bibel, wenn sie überhaupt im
Handel auftauchen, um 2000 ITlark ausgeboten werden. Die wenigen
vollständigen Gxemplare, die noch erhalten sind, mußten um
enorme Beträge erworben werden. Schon im Jahre 1825 galt ein
schönes Exemplar auf der Perry-Auktion 4500 Kronen, im Jahre
1843 aber wurde das Perkins-Exemplar für 15.600 Kronen uerkauft
und acht Jahre später wurde das Sunderland-Exemplar, auch auf
Pergament, für 32.C00 Kronen versteigert. Es handelt sich also
um eine Seltenheit ersten Ranges, oon der, wenn auch nur Bruch-
stücke zu besäßen, die Studienbibliothek nunmehr so glücklich ist.

ßilöer.
(11 e u a u f g ef u n d e n e B e et h o n e n - B i I d n i s s e.) Der Wiener
Sammler Dr. August Heymann hat, wie Dr. Theodor oon Srimmel
in den „Blättern für Oemäldekunde“ berichtet, beim Durchblättern
der Skizzenbücher des Rlalers Josef Teltscher zwei Blätter auf-
gefunden, die beide Beethoven in seiner Sterbestunde darstellen.
Schon seit langem, schreibt Srimmel, wußte man dafj Teltscher den
sterbenden oder eben verstorbenen Komponisten gezeichnet habe;
nach Hüttenbrenners mündlicher Erzählung, die A W. Thayer
festgehalten hat, „begann der ITlaler Teltscher dasAntliß des sterben-
den Beethooen zu zeichnen.“ Gin anwesender Sreund, der Hofrat
St. v.Breuning, fühlte sich dadurch verleßt und machte dem ITlaler
deswegen Vorstellungen, „worauf jener seine Papiere einsteckte und
wegging.“ Die Bleistiftzeichnungen Teltschers zeigten Beethooen im
Todeskampfe oder doch ganz kurze Zeit nach dem Verscheiden, die
Augen stehen noch offen In den lllinuten, während deren Teltscher
zeichnete, hatte Hüttenbrenner dem Toten die Augen noch nicht
zugedrückt. Beethooen mag noch geatmet haben, als der Künstler
ihn zeichnete. Teltschers Skizzen füllen eine Flicke in der Reihe
aus, aus der man sich Beethovens äußere Erscheinung wieder auf-
bauen kenn. Hach den Abbildungen in den „Blättern für Gemälde-
kunde“ zu schließen, sind die Skizzen streng realistisch nach dem
Feben entworfen.
(Die Sam mlungen Chauchards.) Ulan berichtet aus Paris :
Der eben verstorbene Gründer des Warenhauses „Fouvre“ hat seine
großartigen Sammlungen dem Staate vermacht. Die Bilder, für die
Chauchard 26 JTlillionen Srcs. bar gezahlt hat und die heute das
Doppelte wert sind, gehören größtenteils der französischen Fand-
schaftsschule an, die man unter dem Hamen der Schulen oon
Sontaineblau und Barbizon begreift. Corot allein ist mit
fünfundzwanzig Tafeln vertreten, die Herrn Chauchard 2,500.000 öres-
gekostet haben Die „Surth“ wurde mit 200.000 Srcs., die „Dichtung“’
ein „Blick auf Ville d’Avray“,ein „Hymphenreigen“ mitje 150.000 Srcs.
bezahlt. Aber vor allem wird man die beiden Illi 11ets bewundern.:
den „flnelus“, der für 700.000 Srcs. aus Amerika zurückgekauft
wurde, und die, „Hirtin mit Herde“, die Chauchard bei der Verstei-
gerung der Kollektion Van Praet für eine lllillion erwarb. Aber
es sind außerdem noch fünf andere FRillets da. Die Rousseaus
kosteten eine lllillion, die Troyons 2,400.000 Srcs. Die hohen Preise

erklären sich wohl zum guten Teil aus dem Umstand, dafj Chau-
chard, der bei aller Fuxusliebe des Kunstgeschmackes entbehrte,
— Beweis: die entseßliche Anhäufung bronzenen Viehzeuges auf
dem Rasenplaß vor seinem Schlosse in Fongchamp — einen ITlaler
erst dann der Aufnahme in seine Galerie würdig fand, wenn auf
dem markte schon hohe Preise für ihn gezahlt wurden. Hätte
Corot ihm den „Angelus“ dreißig Jahre früher für 10.000 Srcs. an-
geboten, so hätte Chauchard das Gemälde des obskuren Pinslers
achselzuckend zurückgewiesen, während er später ohne murren
den achtzigfachen Betrag für den berühmten Hamen zahlte. Daher
wimmelt es in diesem Katalog oon berühmten Hamen und enormen
Preisen: Dau big ny (435.000 Srcs.), De camps (565.000 Srcs.), zwei
Delacroix (140.000 Srcs), siebzehn Diaz (600.000 Srcs.), Jules
Dupre, Sromentin, Jsabey (zusammen eine FRillion). Die
Hleissoniers werden auf drei lllillionen geschaßt, darunter sind
„1814“, der „Feser in Weif]“, der „Feser in Schwarz“. Auch einige
herrliche Gainsboroughs sind vorhanden. Von neueren Hamen
sind Henner, Ziem, Detaiile vertreten.
Die Bronzensammlung Chauchards enthält die FRodelle des,
großen Tierbildners Barye. Sie haben Henri Rochefort gehört
als diesem seine mittel noch erlaubten, den Kunstsammler zu
spielen, was er übrigens mit mehr Geschmack tat als Chauchard.
Später hat Rochefort diese Sammlung an Chauchard, zu dessen
näheren Bekannten er lange Zeit gehörte, verkauft. Die Samm-
lungen Chauchards werden im „Fouvre“ ihren dauernden Plaß
finden
(Die Rettung des Holbein.) FRan schreibt den „FH. 11. 11.“
aus Fondon: Als die Srisf, die die großmütige Kunsthändlerfirma
Colnaghi der Ration gewährt hatte, am 1. Juni abgelaufen war,
waren von den lumpigen 72,000 Fire, die sie für die „Herzogin
van ITlailand“ verlangte, gerade 15,500 Fire eingegangen. Alle
Reklame hatte gegen den Ärger des Publikums nichts ausrichten
können, einen Ärger, der sich gegen den Herzog richtete, weil er
das „Hoblesse oblige“ so schmählich vergessen hatte, und gegen
die Sirma, weil sie einen gar zu extravaganten Profit herausschinden
wollte. Die Herzogin schien der Ration verloren und - siehe da
im leßten Rloment geschah ein Wunder, ein Wunder allerdings, das
kundige Thebaner vorausgesagt haben. Die großmütige Sirma ver-
längerte die Srist um einen Tag und ein geheimnisvoller Anonymus
— oder ist es eine Anonyma? — schickte 40,000 Fire. Damit war
das Bild gerettet. Denn 10,000 Fire hafte die Regierung versprochen
und für den Rest oon 6500 Fire verbürgte sich der Rational Art.
Collectiöns Sund, der die nationale Sammlung veranstaltet hatte.
Es tut uns leid, konstatieren zu müssen, daß es böse Feute gibt,
die ihre Undankbarkeit gegen den großherzigen Anonymus so weit
treiben, daß Sie an seinet Existenz zweifeln und meinen, die
52,000 Fire, die der Herzog und der Kunsthändler nom Publikum
und der Regierung erhalten, seien auch ein recht schöner Preis.
Sie möchten aber auch gar zu gerne den Hamen des Amerikaners
wissen, der so gerne 72,000 Fire für die Herzogin gezahlt hätte:
sie meinen, er sei jedenfalls ein naher Verwandter des „spanischen
Gefangenen“! Die 11a ion kann sich jedenfalls zum Besiße so groß-
mütiger „Unbekannter“ gratulieren, Das leßte lllal, wo ein Bild
für die Ration gerettet werden mußte — es war die Velasquez-
Venus , verdankte man es gleichfalls einem anonymen Geber
von 10,000 Fire, daß die nötigen 45,000 Fir<? zusammenkamen.
Der Rational Art. Collections Sund macht übrigens bekannt, daß er
künftig bei solchen „Rettungen“ nicht mehr mitmachen wird. Selbst
er hat die Funte gerochen und dasselbe gilt von Presse und
Regierung.
Botanik.
(Gin Uapoleon-Herbarium.) Der neueste Katalog des
Bücher- und Kunstantiquariats Gilhofer und Ranschburg in Wien
verzeichnet eine wertvolle Rapoleonreliquie. Gs ist dies das Herbarium,
das von der Schweizerischen Gesellschaft „Rose des Alpes“ „au nom
des ses compagnes par Qoetz Pnarmacien“ Rladame Bonaparte
zur Erinnerung an den im lllai 1800 erfolgten Übergang Hapoleons
über den St. Bernhard gewidmet wurde. Blatt 1 enthält eine
darauf bezügliche poetische Widmung „A FRadame Bonaparte“,
beginnend: „Quand ton Epoux franchit nos monts et nos frima.ts etc.“
(10 Zeilen). Das Herbarium besteht aus 73 getrockneten Alpen-
pflanzen, die auf dem St. Bernhard, FRolaison, Regarde, fflortiere,
Vitellax, Senagon, FRarechet, Fye, Jaman, Beque etc. gesammelt
wurden. Der Verkaufspreis ist mit 600 Kronen angeseßt,
 
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