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Internationale Sammlerzeitung: Zentralbl. für Sammler, Liebhaber u. Kunstfreunde — 1.1909

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Nummer 13 (1. August)
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Hummer 13.

internationale Sammler-Zeitung.

Seite 207.

(Diebstahl im Pariser städtischen iTluseum.) Rus (
Paris wird berichtet: In der Sammlung Dutuit, die im Petit
Palais, dem städtischen Kunstmuseum uon Paris, untergebracht
ist, wurde unter geheimnisuollen Umständen ein Diebstahl begangen.
Es wurden gestohlen: Sieben römische Medaillen mit Porträts uon
Titus und Julia, Domitia, flelius, Pertinax, Caracalla, Geta, |
Gtruscilla; ein römisches Siligrancollier mit fünf Goldmünzen; ein
römisches goldenes Armband; zwei gallische Armbänder uon
massigem Gold; zwei merouingische Ringe; ein goldenes Kleinod,
eine Gans darstellend; ein Paar byzantinische Ohrringe; ein Paar
etruskische Ohrringe mit Granateabochons; ein griechisches Hals-
band uon Gold und Granaten. Alles, was nicht uon Gold war,
hatte der Dieb liegen gelassen. IHan nimmt daher an, daß es
ihm nur aufs Aletall angekommen ist und dafj er die Kunstwerke
zerschlagen und einschmelzen will. Sie sind also wahrscheinlich
unwiederbringlich uerloren und werden als moderne Zwanzigfrancs-
stücke oder Souereigns ihre Auferstehung feiern
(Vom Städelschen Kunstinstitut.) Die Gemäldesamm-
lung des Städelschen Instituts in Frankfurt hat, wie wir
der „trieft. Zeitung“ entnehmen, in leßfer Zeit eine zum Teil
recht durchgreifende Aeuordnung erfahren, die durch Heroorhebung
des Bedeutenden und durch Zurückstellung manches Ballastes den
exklusioen Charakter der Galerie in glücklicher Weise steigert Im
westlichen Hügel beschränken sich die Veränderungen auf weniges.
1m Rembrandt-Saal ist der junge ITlann uan Dycks, dessen fatale
hinreißende Geste so gar nicht zur „Blendung Simsons“ paßte,
durch das herrliche neue Rubensporträf erseßt worden, das als
Gegenstück den andern Rubens, den harfenspielenden Dauid, erhielt
Die Italiener im kleineren Oberlichtsaal haben etwas mehr Bewegungs-
freiheit bekommen. Auch eine interessante Bereicherung hat diese
Abteilung erfahren in einem Werke des uon Venedig beeinflußten
melozzo-Schülers Marco Palmezzano, einem Johannes den Täufer,
den Herr o. Goldammer geschenkt hat. Das Kabinett daneben,
das früher heterogene italienische und spanische Werke enthielt,
gibt jeßt einer einheitlichen Sammlung italienischer Primitiuen Raum.
Auch ITlarsino d'Albas dreiteiliges Altarwerk wurde, in einen schönen
echten Renaissancerahmen, eine wertuolle Aeuerwerbung, gefaßt
hier zur Aufstellung gebracht. Das Kopierzimmer, das auf der
Alains ite zwischen der Sucht der Kabinette liegt, ist schon seit
längerer Zeit in ein altdeutsches Kabinett umgewandelt, dessen
großen Schaß der Cranachaltar bildet. Völlig neu eingerichtet ist
der östliche Oberlichtsaal, der jeßt die italienischen und spanischen
Bilder aus dem 17 und 18. Jahrhundert uereinigt. Tiepolo mit
seinem Vorgänger Piazetta beherrscht die eine, Velasquez die andern
Wand. Auch der große Ribera „Susanna im Bade“, der sich kürz-
lich als eine Massimo Stanzioni entpuppte, hat hier seinen Plaß
gefunden. Das Eenbachkabinetf, das Kaiser Wilhelm I. zwischen
Bismarck und IHoltke zeigte und das bedenklich nach Prouinz
schmeckte, ist erfreulicher Weise aufgelöst worden. Eenbachs Kunst
selbst ist jeßt durch ein prächtiges Porträt Gladstones, das Herr
u. Goldschmidt-Rothschild schenkte, ausgezeichnet uertreten.
Die einstigen Prunkstücke der modernen Abteilung, die großen
Bilder uon Eessing, haben sich in einen stillen Winkel zurückgezogen,
und manche andere, die Gallait, Achenbach, Becker, Defregger, Sirle
sind ihnen gefolgt: uon dem Saal der Gipsabgüsse im Erdgeschoß
wurden drei Räume abgeteilt und ihnen eingeräumt. Ein Kabinett
neben dem Saal beherbergt nun Originalskulpturen, darunter zwei
reizuolle dem Depot entnommene Bronzestatuetten Giouanni da Bo-
lognas aus dem Besiße Stadels. Ein besonderes Wort ist noch über
die Sammlung der Gipsabgüsse zu sagen. Der Raumnot konnte
nicht anders gesteuert werden als dadurch, daß man uiele Objekte,
darunter den Aegineten-?ries und Ghibertis Baptisterium-Türe, in
den Keller wandern ließ, wo sie ein gesichertes, aber wenig frucht-
bares Dasein führen werden. Hier wäre es Sache der Stadt,
helfend einzugreifen, indem sie die Sammlung in ihren Besiß brächte
und in geeigneten Räumen (die unschwer zu finden wären) dem
Studium zugänglich machte. Und noch mehr. Schon seit langen
Jahren konnte bei den beschränkten Mitteln des Instituts an eine
Vermehrung der Abgüsse nicht gedacht werden. In ihrem gegen-

wärtigen Bestände bilden sie einen guten Grundstock zu einer
Sammlung, einen einigermaßen ausreichenden Überblick über die
Entwicklung der Plastik oermögen sie aber nicht zu geben. Die
wichtigsten Werke der Renaissance, die ganze archaische Kunst der
Griechen, die romanische und gotische Plastik sind unter ihnen
l nicht uertreten. Und dies wäre weiterhin eine wichtige und dank-
bare Aufgabe der Stadt, die Sammlung, wie sie jeßt ist, aus-
zubauen zu einem wahren ITluseum der Plastik. Gin solches
ITluseum wäre kein fAagazin toter Vergangenheit, sondern eine
Stätte der Erziehung, die den Geschmack auch für die lebendige
Kunst der Gegenwart heranbildete.
Uom Kunstmarkte.
(Saisonschluß in Tondon.) IHan schreibt uns aus
Eondon: Später, als sonstwo schließen sich bei uns die Auktions-
säle: Christie und Sotheby, die beiden Beherrscher des Kunst-
marktes, flüchten sich erst aus dem Dunste der Großstadt, wenn
der leßte JTläcen seinen Sommersiß an der See bezogen hat. Eine
langjährige Erfahrung hat sie belehrt, daß in der ersten Julihälfte
noch immer ein Geschäft zu machen ist und tatsächlich haben sie
auch diesmal knapp uor Torschluß mitunter recht ansehnliche
Preise erzielt. Bei Christie erschien am uorleßten Aukfionstage
eine Australierin und erkundigte sich, ob die zwei alten „Messing-
becher“, die sie aus Tasmanien mitgebracht, etwas wert seien.
Der Händler schmunzelte. Das könne er nicht so sagen, die Dame
möchte ihm die Becher überlassen -- er wolle sie morgen zur
Versteigerung bringen und sehen, was da zu erzielen sei. Als die Dame
sich am nächsten Tage nach dem Ergebnisse der Auktion erkundigte,
händigte ihr Christie 24.190 Alk. ein Was die Australierin für
fAessingbecher hielt, waren uergoldete Silberpokale mit dem Eondoner
Stempel uom Jahre 1615, also wertuolles altenglisches Silber.
Andere gute Preise für alte'glische Silbergegenstände waren: ein
beschädigtes Schreibzeug aus uergoldetem Silber, 1615, 16.770 Alk;
zwei kleine Platten aus uergoldetem Silber, 1712, 2175 Alk, 265 HTk.)
und ein zweihenkliger Silberpokal uon A. Courhaid, 1724, 7090 Alk.
Ein dreireihiges Perlenhalsband, aus 156 glänzenden Perlen
bestehend, erzielte den namhalten Preis uon 188.000 Alk., also
rund 1200 Alk. für eine Perle. Dieser Preis ist übrigens in den
leßten zehn Jahren mehrmals erreicht worden.
Bei der Auktion der Gemäldesammlung Cuthbert Quilter,
die ebenfalls bei Christie uorgenommen wurde, brachte es ein
Alurillo auf 96.000 Alk., ein Turner auf 95.000 Alk. Gin Romney,
für welchen man dem Besißer uor einigen Jahren noch an
320.000 Alk. geboten haben soll, wurde um nur 92.000 Alk. ab-
gegeben. Gin Alillet trug nur 12.000 Alk. Dagegen halte man
die Preise für neuere englische Bilder, und zwar für Bilder uon
kleinem Umfang, die immer merklicher uorgezogen werden. Gin
Herkomer brachte es auf 60.000 Alk., ein Holman Hunt auf
55.000 Alk, ein Eandser auf 46.000 Alk, ein Eeigthon auf
76.000 Ulk., ein Millais auf 58.000 Alk., ein Rossetti auf
58 000 Alk., Corot und Daubigny blieben weit darunter, und
nur ein kleiner Israels konnte mit 43.200 Alk. sich neben den
Engländern behaupten. Den höchsten Preis erzielte Reynolds mit
116.000 Alk.
Huf der leßten Versteigerung bei Sotheby kam es unter
den Bibliophilen zu aufregenden Kämpfen um den Besiß einiger
seltener alter Bücher. Zwei Bände alter englischer Theaterstücke
und Gedichte wurden mit 6900 Alk. bezahlt. Eine Anzahl anderer
Stücke, in einem Band zusammengebunden, der u. a. den „Perikies“
uon 1655 und den „Hamlet“ uon 1611 enthielt, brachte 8500 111k
Sür ein ulämisches Stundenbuch aus dem 15. Jahrhunderte mit
siebzehn reizenden Miniaturen aus der Schule uon Brügge wurden
7100 Mk. bezahlt. Gin heißer Kampf entspann sich um ein
kostbares altes mozarabisches Meßbuch und ein dazugehöriges
Breuier; die beiden, in alten gotischen Eeffern gedruckten Eiturgien
waren auf der Priuatpresse des Kardinal Ximenes in nur 35 Ab-
drücken für die mozarabische Kapelle in Toledo gedruckt worden.
Die beiden Bücher erzielten 25.000 Alk. Hm selben Tage kam
 
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