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Internationale Sammlerzeitung: Zentralbl. für Sammler, Liebhaber u. Kunstfreunde — 1.1909

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Nummer 17 (1. Oktober)
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Internationale
$ammfer2eifunj
Zenfralbliatf für Sammler, Eiebhaber und Kunstfreunde.

Herausgeber: Horbert Ehrlich und J. Hans Prost.

1. Jahrgang.

Wien, 1. Oktober 1909.

Hummer 17.

Das Problem (Bakart.

Zum fünfunözuuanzigsten Todestage des Künstlers.
Von Dr. Cudtuig Hb eis (Wien).

i 3. Oktober sind es fünfundzwanzig Jahre, seit
Hans ITlakart starb, im besten lllannesalter
— erst 44 Jahre alt — gleichsam verzehrt non
der lodernden flamme seines leidenschaftlichen
Temperamentes. Gr mar damals einer der be-
rühmtesten Künstler Europas (die übrige Welt
kam ja damals für künstlerische Betätigung
gar nicht in frage). Ganz Wien pilgerte an-
dächtig und neugierig nach dem weitläufigen,
prunkvollen Garfen-Atelier in der Gußhaüsstraße,
das dem gefeierten Künstler seit Jahren zuge-
roiesen war, und in dem fast alle die grofjen,
Aufsehen erregenden Gemälde entstanden sind,
die lllakarts Ruhm über die Welt getragen
haben. Schwere faltige Stoffe flössen non den
Wänden herab, bunte orientalische Teppiche be-
tt Boden und hingen über das Geländer der
Galerie, die an zwei Wänden des Raumes sich hinzog.
Rüstungen und Waffen, Palmen, Illakartbuketts waren
wirkungsvoll in dem dämmerigen Saal uerteilt, und in
der flähe des grofjen Atelierfensters stand das unvollendet
hinterlassene Bild „Der frühling“, einen gepanzerten Jüng-
ling darstellend, der, vom Schimmel herabgestiegen, sich
zu einer schönen, fast nackten frau herabneigt, die unter
dem Blütenbaume sißt.
Weihenolle Andacht herrschte unter den Besuchern,
troß des enormen Gedränges, und jeder war der Uleinung,
einem der größten Künstler aller Zeiten die letzte Ehre
zu erweisen, niemand hätte geglaubt, daß die neue Zeit
so rasch über diesen Ruhm hinweggehen, ja die frühere
Begeisterung sich in Dlifjachtung verwandeln könnte. Und
doch ist dieses Schicksal dem Hamen ITlakart widerfahren.


die Gegner leichtes Spiel. Die Generation, welche noch die
leuchtende Pracht dieser elementaren Ausbrüche eines ITlal-
genies mit Entzücken genossen hatte, sank dahin, und
eine pietätlose Jugend schob die Werke als unwahr und
unmodern bei Seite, hi der Hamburger Kunsthalle wurde
sein bedeutendstes Gemälde, der „Einzug Karls V. in Ant-
werpen“ auf Geheiß des Direktors Cichtwark als unwichtig
und plaßraubend entfernt, zusammengerollt im Keller de-
poniert; an seine Stelle kamen realistische Arbeiten deut-
scher, speziell Hamburgischer Illaler aus der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts, Oldach, Runge etc.
Daß in solcher JTlifjhandlung eines vielleicht früher
zu sehr bejubelten Kunstwerkes eine tendenziöse Un-
gerechtigkeit liegt, ist zweifellos, ebenso wie die Vorwürfe
gegen HJakarts Schwächen übertrieben werden. Jeder Taie
und gar die mgehenden Zukvmftgenies führen solche ver-
ächtliche Reden auf den Tippen. Es wäre vielleicht an
einem Gedenktag, 25 Jahre nach des Künstlers Tode, eine
Verpflichtung der lllenschheit, besonders der Wiener, in
ernster Erwägung historischer, lokaler, persönlicher ITlo-
menfe die Wagschalen wieder in’s Gleichgewicht zu setzen.
Es ist die berühmte, oder besser gesagt, berüchtigte
Epoche vor und nach dem „grofjen Krach“, die sich in
den Werken lllakarts spiegelt. Ein lustiges, übermütiges
Wien umgab den jungen, aus Salzburg stammenden, von
der Dlünchener Piloty-Schule kommenden Künstler. Die
ernsten Tage der 48 er Revolution und der Konstitutions-
bildung waren vergessen. Die Wälle und Glacis waren
gefallen, eine enorme Bautätigkeit entfaltete sich, zu der
berühmte ausländische Architekten, Semper, Schmidt,
Hansen sich eingefunden hatten und mit den einheimischen
um die Wette wirkten. Die vielfachen Bahnbauten und

Gr, der einzige österreichische Illaler, vor dessen Genie
sich auch das Ausland beugte, wurde bald mit den Vor-
würfen der Unkorrektheit in der Zeichnung, der Gewissen-
losigkeit in der farbenwqhl, der Hohlheit und des äußer-
lichen Prunks als Dlodegöße beiseite geschoben. Wohl
erhoben sich manchmal ernste kritische Stimmen zur
Rettung dieses Kunstverhältnisses, rühmten das echt
malerische in lllakarts Kunstausübung, im Gegensaß zu
der geistig nüchternen Auffassung seiner Vorgänger. Aber
da gerade die hohen malerischen Qualitäten seiner Gemälde
durch die Unhaltbarkeit seiner färben, durch llachdunkeln
und Reißen immer weniger erkennbar wurden, so hatten

sonstigen Verkehrsanlagen machten wieder einmal die
Reichs-Haupt- und Residenzstadt zum lllittelpunkt eines
großartigen Treibens. Aus Ungarn und Böhmen, aus Ru-
mänien und der Türkei kamen reiche Teute herbei, um zu
spekulieren oder das Teben zu genießen. Der Kaiserhof
bildete wieder einmal ein glanzvolles Gegenstück zu dem
französischen Second Empire. In diese sorglose, leicht-
lebige Gesellschaft kam der junge, geniale, aber wenig
gebildete Dialer. Schon in seine erste Entwicklung hatte
die damalige, vom Brüsseler und Pariser Kolorismus be-
herrschte ITlalweise eine gefährliehe Freiheit hineingebracht.
Ernstere Elemente, wie etwa llloriß von Schwind, warnten
 
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