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Hummer 18.

Internationale Sammle r-Zeitung.

Seite 281.


Der Ursprung öer Schrotblätter.

Unter den bildlichen Darstellungen des 15 Jahrhunderts
nehmen die sogenannten Schrotblätter eine besondere Stelle ein.
Sie zeigen die Zeichnung weiß auf schwarzem Grunde, und mir
haben in ihnen Hochdrucke zu erblicken, die gleich den Tonschnitten
der modernen Xylographie nicht mit dem ITlesser, sondern im
wesentlichen mit dem Grabstichel hergestellt sind. Durch die An-
wendung des Stichels und der Punze haben sie einen Zusammen-
hang mit der Goldschmiedekunst und sind daher auch in der Regel
nicht in Holz, sondern in Hie fall ausgeführt.
Die Bezeichnung Schrotblätter stammt daher, dafj der Grund
der Bilder häufig mit runden, Schrotkörnern ähnlichen weißen Ver-
tiefungen übersät erscheint, die durch Punzen in die Platte einge-
schlagen sind. Die örtliche Bestimmung dieser eigenartigen, zum
Teil vor die Erfindung der Buchdruckerkunst zurückreichenden und
im 16. Jahrhundert wieder verschwindenden Blätter stöfjt auf große
Schwierigkeiten, der Dialekt etwaiger Textbeigaben, Eigenart der
Zeichnung und Kolorierung, sowie die Wasserzeichen des Papiers
und der Fundort gewähren Anhaltspunkte, gestatten aber nur in
seltenen Vollen eine sichere Entscheidung. Von den 600 bis 700
bis jetjt bekannt gewordenen Schrotblättern des 15. Jahrhunderts
trägt nur ein einziges ein offenkundiges fflerkmal seines Ursprungs
an sich und zwar das Kölner Wappen, mit großer Vorsicht hat
Professor W. C. Schreiber, dessen berühmte Sammlung von Form-
schnitten und Kupferstichen im JTlärz d. J. bei Gilhofer & Ransch-
burg in Wien versteigert worden ist, den Ausgangspunkt der
S.hrotblatf-Technik in die Gegend des Iliederrheins verlegt, während
der Franzose H. Bciuchot aufs allerbestimmfeste Flandern, Burgund
oder Frankreich für den Ursprung der ältesten Blätter in Anspruch
nimmt. Eine neuerdings erschienene Abhandlung uon Wilhelm
Hlolsdorf (Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Heft 114, Straf-
bürg i. Els., Heiß) kommt zu dem Ergebnis, daß Bouchots Ansicht
unhaltbar ist und Schreiber das Richtige getroffen hat.
Illolsdorf, der schon durch andere Arbeiten über den alten Form-
schnitt bekannt geworden ist, hat 'm der vorliegenden interessanten
Studie den Ursprung einer Reihe uon Schrotblättern aber noch
weiter aufhellen und Köln als Entstehungsort nachweisen können.
Seine Untersuchung seßf bei dem Blatte ein, das sich durch das
Kölner Wappen mit Sicherheit als Kölner Arbeit kennzeichnet Es
ist eine Darstellung des Gespräches Christi mit der Samariterin.
An dem Gemäuer des mitten auf dem Bilde befindlichen Zieh-
brunnens ist das Kölner Wappen angebracht, das in dem obern
Felde die drei Kronen, in dem untern Rankenornamente zeigt, wie
wir sie in ähnlicher Weise bei den ältern Darstellungen des Kölner
Wappens regelmäßig antreffen. Der Hintergrund erhält durch die

bewußte Betonung der Eandschaff ein charakteristisches Gepräge.
Der Vorgang ist in eine Gegend verlegt, deren Horizont uon oier
Hügeln begrenzt wird, uon denen drei mit burgartigen Gebäuden
beseßt sind, während auf dem Gipfel des uierfen eine Windmühle
steht. In sanften Biegungen führen mit Bäumen bepflanzte Wege
zu den Anhöhen hinauf, und zur Belebung der Szenerie dienen
mehrere kleine Figuren in etwas genrehafter Ausführung. In tech-
nischer Hinsicht ist hervorzuheben, daß zur Auflösung der dunkeln
Partien fast ausschließlich die Punktierung gewählt ist, die sich
ebenso auf den Himmel wie auf die Erde mit erstreckt, so daß
die Darstellung wie mit Perlen übersät erscheint; daneben ist zur
Erzielung hellerer Töne, namentlich bei der Kleidung, eine vertikale,
langstrichige Schraffierung angewandt. Aus dem Bilde spricht eine
starke individuelle Auffassung, die, wie ITlolsdorf mit Recht bemerkt,
geradezu zur Ilachförschung herausfordert, wie weit sich etwa auch
auf andern Blättern Anklänge an die künstlerische Gestaltungsweise
des unbekannten Kölner Formschneiders finden lassen. Solche An-
klänge lassen sich nun in der Tat, wie IRolsdorf zeigt, bei einer
Reihe von andern alten Schrotblättern nachweisen. Während bei
der einen Gruppe sich der Kölner Ursprung durch die Ähnlichkeit
in der Gesichtsbildung, der Gewandung und vor allem der Orna-
mentik kenntlich macht, zeigt eine andere Folge die starke Betonung
des landschaftlichen Hintergrundes, wie wir sie bei der Darstellung
des Gespräches Christi mit der Samariterin gefunden haben.
Auf einem Blatte, das den hl. Christophorus darstellt, glaubt
ITlolsdorf auch Kölner Kirchenbauten wiederzuerkennen, und auf
einer in der Pariser llaiionalbibliothek befindlichen Darstellung der
Kreuzigung, die wohl das figurenreichste Schrotblatt des 15. Jahr-
hunderts ist, das wir kennen, sogar den Prospekt von Köln in
seiner ganzen Ausdehnung. Schließlich nimmt ITlolsdorf auch noch
die Arbeiten des fflonogrammisten d für Köln in Anspruch, während
Bouchot dieses d für dasWappen von Douai hält, das zufälliger-
weise ein ähnliches gotisches d zeigt. Es kann aber keinem Zweifel
unterliegen, daß dieser Buchstabe auf den Schrotblättern ein Hlono-
gramm ist und mit dem Wappen von Douai nicht das geringste
zu tun hat. fflolsdorfs llachweis, daß eine Anzahl von Schrot-
blättern, die zu den Besten gehören, was der ITletällschnitt des
15. Jahrhunderts heroorgebracht hat, aus einer Kölner Schule her-
vorgegangen sind, ist in vieler Hinsicht interessant Daß gerade
Köln an der Ausübung dieses eigenartigen Zweiges des Bilddruckes
einen so hervorragenden Anteil hat, kann nicht wunder nehmen,
da, wie schon oben erwähnt, die Schrotblatt-Technik eng mit der
Goldschmiedekunst verwandt ist, die in Köln von alters her ge-
blüht hat. K. Z.

Erstdrucke der deutschen Literatur.

Ein Bibliophile, Dr. Otto Deneke auf Schloß Burg
im Berner Jura, entäußert sich seines kostbaren Besitzes
au Erstdrucken: In den Tagen uom 19. bis 21. d. Hl.
gelangt seine Bibliothek durch das Antiquariat Josef Baer
in Frankfurt am Alain zum freihändigen Verkaufe.
Dr. Deneke trennt sich nicht leicht uon den Schäden,
d'e er in jahrzehntelanger, müheuoller Sammlertätigkeit
zusammengebracht: Wehmut zieht durch das Vorroort, das
er dem selbst ein bibliophiles Wertstück darstellenden
Katalog oorausschickt. Vermehrte Berufsarbeit und knapper

gewordene Alußestunden, gestatten ihm, erklärt der Vor-
besißer, einen weiteren Ausbau und die eindringende Be-
nußung seiner Sammlung nicht mehr. „Ein Sammler aber,
der zu sammeln aufhärt, und ein Bücherliebhaber, der
seine Bücher nicht mehr richtig mißt, gibt damit sein Bestes
j auf, und es ist nur ein kleiner Schritt weiter, wenn er
sich non der ganzen Sammlung trennt.“
Über seine Art zu sammeln und den Bestand seiner
Bibliothek, die nun in alle Winde zerstreut werden soll,
I oerbreitet sich Dr. Deneke folgendermaßen:
 
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