Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Seite 284.

internationale Sammler-Zeitung.

Hummer 18.

druckte Besprechung eines Goetheschen Gedichtes, (das
Gedicht auf den Kuchenbäcker Händel, das der 20jährige
Student schrieb), werden gewifj noch recht zahlreich zu Tage
kommen, wenn die Herren Büchersammler ihre Bücherschä^e
etwas gründlicher zu lesen beginnen.
Die Reihe der Schiller-Drucke ist ziemlich noll-
ständig. Sie würde allein genügen, um zum 10. Rooember
1909 eine ganz hübsche Schiller-Ausstellung damit zu
oeranstalten. Besonders die sogenannte Dissertation „Über
den Zusammenhang der thierischen Dafür des JRenschen
mit seiner geistigen“ ist ein wertnolles und interessantes
Stück und für die Beurteilung Schillers in seiner mensch-
lichen und dichterischen Entwicklung uiel wichtiger als die
Positiones juris Goethes. Wer etwa aus dem Umstande,
dafj diese Abhandlung in den letzten zwei Jahren zweimal
in einer Bücherauktion oorgekommen ist, auf häufigeres
Vorkommen schließen wollte, würde sich gewaltig täuschen ...
JTlit besonderer Eiebe und nicht geringem Erfolge ist
dann weiter die Sammlung der Stürmer und Dränger
gepflegt worden, für Jakob Eenz scheinen ja weitere
Kreise oon neuem Interesse zu gewinnen. Zwei bis drei
neue fenz-Ausgaben sind im Erscheinen oder angekündigt.
Eeider genügen die bisher erschienenen Ausgaben nicht


?ig. 8. Eigenhändige Widmung Heinrich Heines auf dem Vorsatzblatt
oon fflüllers „Geduld“ (1817).
den Ansprüchen, die man an eine editio definitina stellen
mulj, sodafj die hier fast uollzählig oorliegenden Einzeldrucke
nicht nur für den Eiebhaber, sondern oor der Hand auch noch
für den Eiferafurhistoriker unentbehrlich sein werden.
Bei Klinger, JTIa 1 er- JTlü 11 er, Heinse wird man
ebenfalls keinen wichtigeren Einzeldruck Dennissen. Welche
jahrelange Sammeltätigkeit, wie nie! Rlühe und Zeit (meist
mit ergebnislosem Katalog-Eesen uerfan) aufgewendet werden
mufjfe, bis die Reihe lückenlos geschlossen dastand und keine
Goedeke-Rummer mehr fehlte, das oermag nur der nachzu-
fühlen, der selbst mit ähnlicher Passion gesammelt hat.
In der schönen Sammlung oon Romanti ker-Drucken
dünkt mich die schönste die Brentano-Sammlung. Auch
für ihn, das stärkste und oielleicht einzige dichterische
Genie unter den Romantikern, bildet sich seit Jahren eine
ständig zunehmende Verehrergemeinde, der nun durch
Schüddekopf die wirklich kritischhistorische Ausgabe der
sämtlichen Werke geboten wird. Roch in einer 1904 er-
schienenen Auswahl oon Brentanos Werken, in die Godwi
nicht aufgenommen wurde, meinte der Herausgeber, nur aus
literarhistorischem Pflichtgefühl durchlaufe man diesenRoman,
andere Eeser des Godwi gebe es wohl nicht. Seitdem sind
nun schon zwei oollsfändige Reudrucke des Godwi erschienen.
Da nach bibliophiler Erfahrung der Reudruck eines seltenen
Werkes das Verlangen nach der Originalausgabe nur steigert, so
wird auch der seltene Godwi oon 1801 immer wieder seine
Eiebhaber finden. Wie seifen der ERemnon, die Satiren und
der Philister sind, braucht man dem Kenner nicht zu sagen.
Von Heine, Immerman, Platen, Grillparzer, E.
T. A. Hoffmann, Hebbel liegen oollsfändige Reihen der
Einzel werke oor, ebenso oon Schopenhauer, bei späteren
Dichtern wurden nur einzelne repräsentatioe oder aus be-
sonderen Gründen interessierende Stücke in die Sammlung
aufgenommen. Häufig blieben auch gesuchte Stücke unerreich-
bar, sodafj das Verzeichnis der Sammlung natürlich nicht den
Anspruch auf bibliographische Vollständigkeit machen kann.
Dr. Deneke schließt: Es ist das Schicksal der Bücher-
sammlungen, oersteigert oder sonst uereinzelt und in alle

Winde zerstreut zu werden, und die Sammlungen, die
oon ihren Besitzern bei Eebzeifen weggegeben wurden,
waren nicht die schlechtesten. Von Eessing will ich nicht
reden, da die Kataloge semer Bücherauktionen noch nicht





fig. 9 Eigenhändige Widmung Goethes auf dem Vorsatzblatt eines
Bandes „Hermann und Dorothea“ (1829).
wieder aufgefunden sind. Aber ich denke an Brentano,
Tieck, Heyse, JTlalfzahn, Diezmann, Eoeper, Biltj. Sie alle
haben sich bei Eebzeifen oon ihren Sammlungen getrennt,
die zum Teil weit reicher und schöner waren, als es einem
Sammler unserer Zeit je gelingen könnte.
Aus den Begleifworfen, mit denen die Kataloge dieser
Sammlungen herausgegeben wurden, mögen einige Stellen
zitiert sein.
Heyse: „Der Besitzer der hier uerzeichneten Sammlung
ist entschlossen, sich uon diesem seif mehr als 25 Jahren all-
mählich gesammelten Schatze zu trennen, hegt jedoch den
gewifj uerzeihlichen Wunsch, was er in einem so langen Zeit-
räume nicht ohne einen bedeutenden Aufwand uon ITlühe und
Kosten zusammengebracht, möge nicht wieder in alle Winde
zerstreut werden, sondern, wo möglich, als ein Ganzes dem
Vaterlande erhalten bleiben, sei es durch Einoerleibung in
irgend eine öffentliche Bibliothek, oder die Grundlage und den
Kern zu einem neu zu begründenden Bücherschatze der deutschen
ITational-Titeratur bildend.“
ITlaltzahn: „Der Unterzeichnete übergibt die uon ihm
in einem Zeitraum uon 40 Jahren mit großer ITlühe, uner-
müdlichem Sleifj und bedeutenden Kosten gesammelte und
uerzeichnete Bibliothek; eine sehr reichhaltige und höchst wert-
uolle Sammlung deutscher Dichter, wie sie in dieser Voll-
ständigkeit und Erhaltung zum zweiten ITlale gewifj nicht
wieder zu uereinigen ist.
Der Unterzeichnete beabsichtigt, sich uon seiner Sammlung
zu trennen, hat aber den sehnlichsten Wunsch, dieselbe möge
dem deutschen Vaterlande - durch Einoerleibung in eine
grofje öffentliche Bibliothek oder als Grundlage zu einer neuen
Sammlung — erhalten bleiben, um den Forschern und freunden
unserer Eiteratur auch ferner die Benutzung dieser- Sammlung
zu sichern.“
Bilfj: „Der Besitzer ist geneigt, sich oon diesen Schätzen
zu trennen; doch hegt er, wie einst Heyse und ITlaltzahn, den
natürlichen Wunsch, dafj dieselben, welche mit Sachuersfändnis
und nach einem einheitlichen Plane gesammelt sind, auch uer-
einigt bleiben möchten.“
Alle diese Sammler hoffen, wie man sieht, den
Wunsch, dafj ihre Sammlungen Gereinigt bleiben möchten.
Bei keinem oon ihnen ist der Wunsch erfüllt worden.
So möge denn auch diese schöne Sammlung, die mit
nicht geringerer Eiebe zusammengebracht worden ist, den-
selben Weg gehen wie jene Vorgängerinnen.
 
Annotationen