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Internationale Sammlerzeitung: Zentralbl. für Sammler, Liebhaber u. Kunstfreunde — 1.1909

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Nummer 18 (15. Oktober)
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Hummer 18.

Internationale Sammler-Zeitung.

Seite 287.

gestellte Auflage preisgegeben werden mußte, ging der Verleger .
darauf ein, ohne Ersaß seiner Kosten zu oerlangen. Richt immer
kam es so weit, aber Verbesserungen hat Cicero oft noch nach
erscheinen seiner Schriften vorgenommen, und dann mußte der
arme Verleger seine Schreiber bei den Abnehmern herumschicken,
um die Korrekturen einzuflicken . . . Dennoch blieb das Verlegen
ein gutes Geschäft; wenigstens uersichert Horaz, daß seine
Socii, d. h seine Verleger, an ihm reich würden. Wollte der
Autor sich doch auch zu einem Honorar verhelfen, dann lief; er
Widmungsexemplare auf eigene Saust herstellen und sandte sie
vermögenden Gönnern, ehe das Buch in den Handel kam. Dann
regnete es Geschenke. Daß man schon im Altertum Bücher aus-
borgte, statt sie zu kaufen, wissen wir aus ITlartial; nur
waren die Freunde gar so unverfroren, vom Autor selbst die
Bücher zu leihen — was wir heute doch nicht wagen würden.
(Wer soll die Bücher kaufen, wenn nicht die Sreunde?) Cupercus
macht sich an ITlartial heran: er erlaube wohl, daß sein Diener
sich des Autors' Epigramme abho’e. Worauf der Dichter: „Du
brauchst deinen Diener nicht den weiten Weg und die drei hohen
Treppen zu mir zu bemühen, du kannst es näher haben, gehe nur
in den Buchladen des Atrecfus und laß dir den ITlartial geben;
er kostet 5 Denare“ . . . Was würden die Ceser zu dem Vorschlag
sagen, das Zitat aus ITlartial am Bücherkasten anzubringen? Die
Verleger wären wohl einverstanden . . .
Eine Bibliothek in derSahara.) Der französische Oberst
Gaden, der unlängst eine Expedition nach dem südwestlichen
Saharagebiet unternahm, hat bei dieser Gelegenheit im Besitze des
5ch eikh - S i d i a, eines der mächtigsten Fürsten der Gegend, eine
größere Bibliothek gefunden, über die im leßten Hefte der „Reuue
du JTlonde JTluselman“, berichtet wird. Die Bibliothek ist zwar
nach unseren Begriffen sehr klein, denn sie enthält nur 683 Bücher
und 512 Handschriften, ist aber nicht nur ein Beweis dafür, wie
das Bedürfnis nach Büchern selbst die äußersten Vorposten der
mohammedanischen Gesittung ergriffen hat, sondern auch wegen
ihrer Zusammensetzung nicht ohne Interesse. Die Bücher umfassen
etwa 50 Gruppen, darunter besonders koransche Wissenschaft,
Glaubenslehre, Geschichte, Rechtskunde, Sprachenkunde, Dichtungen '
inVers und Prosa, Reiseberichte, Eheleben, magische Rezepte, Traum-
deutung und Astrologie. Sie trägt also einen durchaus rechtgläubigen
Charakter, was sich namentlich auch durch das fehlen uon Büchern
aus verbotenen Gebieten, wie Philosophie und Raturwissenschaften,
kundgibt; aber schon das Dasein gedruckter Bücher, deren Her-
stellung bekanntlich dem strengen Wortlaut des Koran durchaus
zuwiderläuft, beweist, daß die Umwälzung in der Buch-Herstellung,
die gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Stambul begonnen, dann
vor etwa vierzig Jahren durch den Druck billiger Bücher in Kairo
wieder aufgenommen wurde, heute in der ganzen islamitischen
Welt Bürgerrecht erlangt hat und daß in absehbarer Zeit auch in
diesem Kulturkreis das gedruckte Buch die Buchhandschrift in den
Hintergrund gedrängt haben wird.
(Vom deutschen Bibliophilen-Tag.) Aus JRünchen
schreibt man uns: Vom 26. bis zum 28. v. TR. fand auf Einladung
des hiesigen Bibliophilen-Klubs die elfte Generalversammlung der
Deutschen Gesellschaft der Bibliophilen unter regster Beteiligung I
aus Rord- und ITlitteldeutschland, Österreich und Rordamerika statt.
Der Festvortrag uon Dr Franz Blei (Rlünchen) behandelte Richard
de Bury, der im 14. Jahrhundert Bischof uon Durham, Kanzler
und Schatzmeister des englischen Königs Eduard III. war, als
Verfasser des ältesten Spezialwerks über Bibliophilie, des „Philo-
biblion sive amores librorum“. Beim Festmahle wurden, der alten
Sitte der Gesellschaft gemäfz, mehrere wertvolle Privatdrucke uer-
teilt. An deren Spitze rangiert die eigentliche Festgabe der TRünchner
Bibliophilen-Vereinigung an die fremden: „Die trunkene JRette
durch uier deutsche Jahrhunderte, gelesen uon Ernst Schulze Strot-
haus und Karl Wolfskehl“, eine Sammlung dionysischer Sänge uon
pantagruelisch derben des 16. Jahrhunderts bis herab zu Rießsches
trunkenem £ied, aus gedruckten und ungedruckten bisher zum Teil
unbekannten Quellen.
(Ein Holztafeldruck des 15. Jahrhunderts.) Der Vor-
stand der k. k. Studien-Bibliothek in £inz Professor Dr. Schiff-
mann entdeckte, wie die „£inzer Zeitung“ mitteilt, auf der Deckel-
innenseite einer Inkunabel (Pelbartus de Temeswar, Sermones
pomerii de fllio prodigo, Hagenau, Rik. Gran 1499), die einstmals
dem Franziskaner-Konvent in Pupping gehört hat, einen Holz-

tafeldruck des 15. Jahrhunderts. Diese Drucke gingen der
Erfindung der Buchdruckerkunst uoraus, erhielten sich aber neben
ihr bis zum Ausgange des 15 Jahrhunderts. Sie sind mit wenigen
Ausnahmen einseitig und wurden erst durch Zusammenkleben
zweier Blätter doppelseitig Das Exemplar enthält einen Teil eines
ITlarien-Offiziums in deutscher (schwäbischer) Sprache mit einer
Darstellung IRariens, die das göttliche Kind auf dem Schofze hält.
Holztafeldrucke gehören heute zu den Kostbarkeiten ersten Ranges.
Das Exemplar ist ziemlich gut erhalten.
ßilöer.
(König Beopolds Bilder.) In der Reuue „£’art moderne“
wird das vollständige Verzeichnis der 350 Gemälde gegeben, die
König £eopold uon Belgien seit einigen Tagen für einen Franc
sehen läßt und dann zur öffentlichen Versteigerung bringen will.
Diese Galerie bildet eine außerordentliche gute Illustration zur
Kunstgeschichte Belgiens im neunzehnten Jahrhundert. Aus de
großen Zahl der Werke sei das historische Gemälde Güstau
Wappers „Karls des Ersten Abschied uon seinen Kindern“ hcruor-
gehoben, denn diese Schöpfung des Antwerpener Künstlers war
ein Affront der Jugend, die sich um 1830 gegen die historische
Steifheit Davids wandte, und Wappers, der nachher selber zum
trockenen Stilisten wurde, genoß als „Barrikadenkämpfer“ der
Kunst hohes Ansehen. Heinrich £eys ist mit seinem Hauptwerke,
der „Einweihung des Goldenen Vließes“, in der königlichen Samm-
lung uertreten. Portaeis, Alfred Steoens gehören ferner zu den
wichtigsten belgischen IRalern. Von fremländischen Werken seien
zwei Achenbachs, Seelandschaffen uon Verner und ein „Blinder
Homer“ des Ingres genannt.
(Gin Fresko uon illelozzo da Forli) Im Jahre 1490
; wurde aus einer der Kapellen des Pantheons in Rom ein Fresko
entfernt, das dem mittelmäßigen Antonazzo oder Antoniazzo Romano
zugeschrieben wurde. Jeßt erklären Venturi, Corrado Ricci und
andere Kunstautoritäfen es als ein köstliches und seltenes Werk
des HTelozzo da Forli. Dos Freskogemälde ist in seiner neuen
Schönheit noch nicht für das Publikum zugänglich; es zeigt eine
£unette, welche die in Strahlen uon dem segnenden Gott Vater
ausgehende Taube einschließt, und darunter in reicher antikisieren-
der Architektur eine großausgeführte Verkündigung, bei der der
Erzengel Gabriel in dem Rlomenfe dargestellt ist, da er seinen
Flug hemmt und in Ehrfurcht uor der Jungfrau halb zu Boden sinkt.
Der Erzengel mehr noch als die heil. Jungfrau zeigt die für TRelozzo
da Forli charakteristische TRischung uon £ebhaftigkeif und religiösem
Gefühle. In dem „Bollettino d’Arte del IRinistero della P. Istruzione
1909“ ist ein ausführlicher, mit Abbildungen geschmückter Aufsaß
uon Giulio Cantalamessa erschienen, der die stilistischen und
kunsthistorischen Gründe darlegt, warum das Fresko unbedingt
dem Quattrocentisten Illelozzo da Forli zuzuschreiben ist. Dokumente
über die Ausschmückung jener Pantheon-Kapelle, aus der man
1904 das Fresko entfernt hat, fehlen.
(Hans lllakart in Salzburg.’ In einem Feuilleton, das
Hans Widman anläßlich der 25. Wiederkehr des Todestages
JTlakarfs im „Salzburger Volksblatt“ veröffentlicht, wird mitgeteilt,
daß die Oeburtsstadt des Künstlers kein Gemälde uon seiner Hand
besißt. Rur einige unbedeutende Skizzen hängen im dortigen
ffluseum. Von lllakartreliquien enthält das Salzburger TRuseum
nur einen Gipsabguß seiner Hand und seine Totenmaske. Von
Interesse ist die Angabe Widmans, daß Rlakarts Vater, Johann,
sich als Bandschafter versuchte. Einige Arbeiten uon dessen Hand,
aus jüngeren Jahren stammend, bewahrt das Salzburger Rluseum.
Es sind Zeichnungen in der Art der alten £andschafter, wie z B.
Simony zeichnete, fein, sorgfältig, aber unkünstlerisch. Spätere
Arbeiten sind gröber, eine farbige Skizze ist schlecht.
(Gin Doppelbildnis von Van Dyck.) Dr. uon Frimmel
berichtet in den „Blättern für Gemäldekunde“ uon einem Doppel-
bildnisse mit König Karl I. uon England und seiner Gemahlin
Henriette uon Frankreich, das im fürsterzbischöflichen Schlosse
zu Kremsier aufgetaucht ist. Das Van Dycksche Doppelbildnis
soll sich in einem Gastzimmer befunden haben. Beider stören
 
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