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Internationale Sammlerzeitung: Zentralbl. für Sammler, Liebhaber u. Kunstfreunde — 1.1909

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Nummer 21 (1. Dezember)
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Hummer 21.

Internationale Sammler-Zeitung.

Seite 331.

Seit dem Erscheinen jenes Buches sind noch manche andere
Bilder und Sammlungen durch Bode’s Gnade sehr aaanciert.
So z. B. sämtliche Schäle der amerikanischen ITlilliardäre.
hn ersten tieft der Berliner Zeitschrift „Kunst und Künstler“
hatte er sie allesamt nerhöhnt und als Mischungen oder
Plunder gebrandmarkt. Wenige ITlonate darauf lobte er sie
in derselben Zeitschrift als erstklassige llleisterroerke, und
stellte den Europäern die amerikanischen Sammler als
JTlusterknaben oor.
Was wird Bode in einem Jahre über die wächserne
Hora-Büste sagen? Ein Jugendfreund und Heimats-
genosse Bode’s, der heute ein berühmter Künstler ist, er-
zählte mir einmal, wie dieser eines schönen Tages ange-
fangen habe, seinem ursprünglichen Beruf als Jurist —
(ich glaube, er war damals Referendar) untreu zu werden,
und sich mit alter Kunst zu beschäftigen. Zum Schrecken
seines uon Hause aus kunstaerständigen freundes begann
der junge Herr nicht mit bescheidenen Studien, sondern
gleich mit entschiedenen Urteilen. „Aber Bode, wie kannst
du nur so was behaupten“, — rief der freund dann immer
entseljt, „du oerstehst doch non der Sache nichts!“ Hoch
tönt mir im Ohr die hohe Stimme des feinempfindenden
Kunstkenners, der mir das erzählte und der noch nach so
oielen Jahren seine Aufregung über die Wagnisse des
Jugendgenossen nicht bemeistern konnte. Wenn der alte
Herr jetjf diese neuerliche Affäre liest, wenn er erfährt,
dafj der längst zum Generaldirektor der Königlichen JTlu-
seen in Berlin nuancierte, ehemalige Jurist eine x-beliebige
hübsche Wachsbüste ohne jeden Anhaltspunkt und Beweis
aus eigener lAachtnollkommenheit zu einem bis dahin
absolut oerschollenen llleisterwerk Teonardo’s machen wollte,
und an seiner Behauptung festhält, trotzdem man den Schöpfer
der Büste oor Gericht stellen kann, frotjdem — wie Berliner

Blätter melden — bei der Untersuchung der Büste englische
Zeitungen und Kleiderreste des Bildhauers fukas als füll-
material gefunden wurden, wird er dann nicht wieder
Doller Erregung stammeln: „Aber Bode, wie kannst du
so etwas behaupten?!“
Wenn man in der Berliner „Woche“ die windigen
Argumente liest, mit denen der grofje Gelehrte oor der
breiten, gläubigen JTlasse seine Ansicht oertritt, dann mufj
man sich erstaunt fragen: Hat ein Ulann in so hoher
Stellung und non solchem Ansehen das notwendig, einen
entschuldbaren Irrtum mit solcher Hartnäckigkeit festzu-
halten? Es leugnet ja niemand, dafj die flora-Büste ein
schönes Kunstwerk und des Ankaufes würdig ist. Und
da Teonardo in Wachs modelliert hat, ferner ein Bild der
Eeonardoschule Herrn Ericas bei der Arbeit oorlag, so
konnte ja einen llloment die Urteilskraft irregeleitet werden
non dem Streben, fürs Berliner llluseum ein so merk-
würdiges Kunstwerk zu erwerben.
Überdies liegt die Annahme oor, dafj englische Kunst-
händler aus unbekannten Gründen den Berliner Herrn
auf’s Gis führen wollten. Wie ich erfahre, war die flora-
büste schon im frühjahre in „Burlington’s JTlagazine“, einer
englischen, non einem Händlerkonsorfium herausgegebenen
Zeitschrift abgebildet, also damals schon zum Spekulations-
Objekt ausersehen. Ist es denn gar so unnerzeihlich, wenn Je
mand geriebenen Händlern aufsitjt? Dagegen ist doch der ge-
diegenste Kenner nicht geschütjt! Und das Klügste ist in
einem solchen fall, gute JTliene zum bösen Spiel zu
machen, und lachend — wenn auch mit geheimem Arger
— zu erklären: llun ja, ich bin dem Schwindel aufge-
sessen!
llicht der Irrtum schändet, wohl aber der Hochmut
und der Eigendünkel. Sie kommen beide Dor dem fall.

Porträts,

Das Antiquariat Karl Crnst Henri ci in Berlin, dessen Spe-
zialitäten bekanntlich Porträts und Autographen sind, fafjt seinen
gegenwärtigen Besiß an Porträts in einem Katalog zusammen, der
nicht weniger als 79 Seiten in Anspruch nimmt
Das Porträt ist da in allen Arten der Reproduktionstechnik
uertreten: neben Blättern in färb- und Linienstich finden wir solche
in Schabkunst und Radierung, in Aquatinta - und Punkfiermanier,
wie in Lithographie. für die Qualität sprechen Hamen wie Pierre
JAarie Alx, Bartolozzi, Cheesfmann, falck, fr. Wilhelm Oubiß, Kien-
inger, llanteuill, G. fr. Schmidt, J. R. Smith, John Smitt, Charles
Thurner, 1 Watson und Johann Georg Wille, die wir aus dem um-
fangreichen Künstlerregister herausgreifen.
Der besseren Übersichtlichkeit wegen ist der Katalog in zwei
Abteilungen gegliedert: frauenporträts füllen die eine, ITlänner-
porträts die andere. Letztere ist die reichhaltigere, sie umfaßt 437
llummern, wogegen der Abschnitt „frauenporträts“ nur 207 auf-
weist. Die llotizen, die den Porträts beigefügt sind, erzählen in
lapidarer Kürze manch interessante Lebenshistorie, namentlich
freunde der Kostümkunde werden sie mit Außen lesen, da sie
zahlreiche wertvolle Details enthalten, auf die in Kostümwerken
nicht genügend Gewicht gelegt zu werden pflegt.
Einige Illustrationen werden unseren Lesern gewiß nicht un-
willkommen sein, in fig. 2 reproduzieren wir das Porträt der
JTlrs. The Houbee Ward. Cs ist ein ganz außergewöhnlich schöner und
kräftiger Abdruck in zartem Rotbraun, der das fein profilierte Ant-
liß wiedergibt. Der Kopf der Dame ist nach links gewendet, über
dem offenem, langen Haar sieht man den fezartigen Kopfpuß, wie er
1784 schon einmal modern war. fürs. Ward wurde uon Joh. V.
Scherwin gemalt, das Schabkunsfblatt ist ein Werk 1. R. Smiths.
(Plattengröße 50 : 55 cm Jmperial.)

Jn fig. 3 wird man auf den ersten Blick König Friedrich II.
uon Preußen, den „großen friß“ erkennen. Cin Exemplar in solch

fig. 2. fürs. Ward.


ursprünglichem Zustande dürfte kaum wieder zu finden sein. Der
König, der den Uniformrock mit dem Schwarzen Adler-Orden, feld-
 
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