Chelsea Toys
aller Verwandtschaft der äußeren Erscheinung
Englisches von Französischem und Deutschem so-
gleich unterscheiden läßt und die in der graphi-
schen Kunst den englischen Buntdruck zu etwas
ebenso unnachahmlich Englischem gemacht hat,
wie es das englische Porzellan gegenüber dem
kontinentalen ist.
Denn so entschieden die englischen Manufakturen,
und gerade Chelsea, vom Festland her beeinflußt
sind, so viele große Figurenmodelle, besonders in
der Frühzeit schlankweg von Meißen übernom-
men sind — später überwiegt dann, besonders in
der Dekoration der Geschirre, der Einfluß von
Sevres — immer bleibt doch die andere Kom-
position der Masse und ein eigener Farbenge-
Abb. 15. Klappdose: Schäferpaar
Chelsea iy5o—60
Hamburg, Museum für Kunst und Gewerbe
Schmack fühlbar und es kann kein Zweifel sein, daß die Modelleure der englischen
Mannfaktnr gerade in diesen Zierlichkeiten der Chelsea Toys ihr Eigenstes und Bestes
gegeben haben: unter all den vielen figürlichen Flakonmodellen beruht nur eins und das
andere: der Mönch mit dem in der Korngarbe versteckten Mädchen und der Junge mit
dem Ziegenbock, auf Meißener Vorbildern, die übrigens auch in andern Fabriken, in
Berlin und Fürstenberg das eine, in Thüringen und St. Cloud das andere, nachgeahmt
worden sind. Daß die englische Eigenart sich so deutlich spürbar durchsetzt, ist um so
erstaunlicher, als der Motivenschatz im großen nicht eben besonders originell ist. Es ist
die typische Gestalten weit des allgemeineuropäischen Figurenensembles, die uns in
Miniaturformat — wie durch eine Konkavlinse gesehen — entgegentritt.
Da sind sie alle wieder, die Kavaliere und Damen der großen Gesellschaft, die verliebten
Paare oder Jüngling und Mädchen: allein, schwärmend, verliebt, im gesellschaftlichen
Kostüm derZeit oder in schäferlicher Verkleidung, die Chinesen und — bezeichnend für
England: die Inder, die hier neben den Türken auftreten —die italienischen Komödianten,
Priester und Mönch, die Mädchen mit dem Blumenkörbchen am Arm oder mit der stroh-
geflochtenen Kiepe auf dem Bücken, maskierte und demaskierte, grotesk gestaltete, in
affektierter Eleganz den Bock mit spitzen Fingern fassende Tänzer und Tänzerinnen, die
Musikanten und Musikantinnen mit Flöte, Mandoline, Balalaika und — Dudelsack, die
satirisch-menschlich verkleideten Affen — einer dabei, der weitausholend die Kessel-
pauke schlägt — Amoretten mit schnäbelnden Tauben, mit Pfeil und Bogen, den Bogen
schnitzend, den Pfeil auf dem Schleifrad schärfend, Herzen präsentierend, ein Lamm
scherend, Kätzchen und Hunde, Pfauen, Papageien und Paradiesvögel, Hähne und Hennen
und —dies wieder eine eigene englische Erfindung —die zierlich zu Sträußen gebundenen
aller Verwandtschaft der äußeren Erscheinung
Englisches von Französischem und Deutschem so-
gleich unterscheiden läßt und die in der graphi-
schen Kunst den englischen Buntdruck zu etwas
ebenso unnachahmlich Englischem gemacht hat,
wie es das englische Porzellan gegenüber dem
kontinentalen ist.
Denn so entschieden die englischen Manufakturen,
und gerade Chelsea, vom Festland her beeinflußt
sind, so viele große Figurenmodelle, besonders in
der Frühzeit schlankweg von Meißen übernom-
men sind — später überwiegt dann, besonders in
der Dekoration der Geschirre, der Einfluß von
Sevres — immer bleibt doch die andere Kom-
position der Masse und ein eigener Farbenge-
Abb. 15. Klappdose: Schäferpaar
Chelsea iy5o—60
Hamburg, Museum für Kunst und Gewerbe
Schmack fühlbar und es kann kein Zweifel sein, daß die Modelleure der englischen
Mannfaktnr gerade in diesen Zierlichkeiten der Chelsea Toys ihr Eigenstes und Bestes
gegeben haben: unter all den vielen figürlichen Flakonmodellen beruht nur eins und das
andere: der Mönch mit dem in der Korngarbe versteckten Mädchen und der Junge mit
dem Ziegenbock, auf Meißener Vorbildern, die übrigens auch in andern Fabriken, in
Berlin und Fürstenberg das eine, in Thüringen und St. Cloud das andere, nachgeahmt
worden sind. Daß die englische Eigenart sich so deutlich spürbar durchsetzt, ist um so
erstaunlicher, als der Motivenschatz im großen nicht eben besonders originell ist. Es ist
die typische Gestalten weit des allgemeineuropäischen Figurenensembles, die uns in
Miniaturformat — wie durch eine Konkavlinse gesehen — entgegentritt.
Da sind sie alle wieder, die Kavaliere und Damen der großen Gesellschaft, die verliebten
Paare oder Jüngling und Mädchen: allein, schwärmend, verliebt, im gesellschaftlichen
Kostüm derZeit oder in schäferlicher Verkleidung, die Chinesen und — bezeichnend für
England: die Inder, die hier neben den Türken auftreten —die italienischen Komödianten,
Priester und Mönch, die Mädchen mit dem Blumenkörbchen am Arm oder mit der stroh-
geflochtenen Kiepe auf dem Bücken, maskierte und demaskierte, grotesk gestaltete, in
affektierter Eleganz den Bock mit spitzen Fingern fassende Tänzer und Tänzerinnen, die
Musikanten und Musikantinnen mit Flöte, Mandoline, Balalaika und — Dudelsack, die
satirisch-menschlich verkleideten Affen — einer dabei, der weitausholend die Kessel-
pauke schlägt — Amoretten mit schnäbelnden Tauben, mit Pfeil und Bogen, den Bogen
schnitzend, den Pfeil auf dem Schleifrad schärfend, Herzen präsentierend, ein Lamm
scherend, Kätzchen und Hunde, Pfauen, Papageien und Paradiesvögel, Hähne und Hennen
und —dies wieder eine eigene englische Erfindung —die zierlich zu Sträußen gebundenen