Der Kunstmarkt 1923/24
Wiener Autographenfreunde zur Stelle. So
konnte der Wiener Dr. Ignaz Schwarz einen
2 Seiten langen Brief Beethovens an Körner —
er sprach von dem Libretto zu „Ulysses Heim-
kehr“—für 9 100 000 Papiermark an sich bringen,
welche damals i3oo Goldmark bedeuteten. Und
nach Wien wanderte auch Nestroys Manuskript
„Der Zerrissene“ (1844)? das auf 100000 Papier-
mark taxiert war und in der Versteigerung
1600000 erreichte. 820000 Mark war der Preis
für einen Brief Goethes an seine Schwiegertoch-
ter Ottilie, 763000 der Preis für sechs Zeilen des
Dichters an Minna Herzlieb („Wenn Kranz auf
Kranz den Tag umwindet...“), 53oooo der Preis
für eine Seite von Schiller, 3ooooo für drei Seiten
von Heine, 645000 für eine Seite Grillparzer
(über den „Operntext zur Melusine“), 230000
für eine Stammbuchblatt von Moses Mendels-
sohn, 810000 Papiermark für eine Seite Schopen-
hauer.
So hohe Papiermarkpreise zahlte man im Fe-
bruar nur noch für die graphischen Zyklen
von Max Slevogt. Als am 24. Februar bei Max Perl in Berlin moderne Graphik zum
Ausgebot kam (Dollarstand: 22773), sprach ein ausländischer Kunstfreund Slevogts
„Hektor“ (9 Steinzeichnungen) 1 Million Papiermark zu, seinen „Inseln Wak-Wak“
330 000 Papiermark. Der niedrigste Preis für seine radierten Einzelblätter betrug 4oooo
Papiermark „Der Panther“). Liebermanns Radierungen brachten 23 000 („ Kartoffelleid“)
bis 170000 (früher Druck der „Bank im Wannseegarten“), Corinths lithographierte
„Große Landschaft mit Bäumen“ ging auf 73000 und für die Probedrucke seines radier-
ten „Obstgartens im Herbst“ gab man 45000 Papiermark. Lesser Ury, der erst seit
wenigen Jahren radiert und lithographiert, war nicht mit Probedrucken vertreten; doch
seine „Straße im Regen“ erzielte 48000, seine „Dame im Cafe“ 60000 Papiermark.
Zwei Tage später ging es bei Hollstein & Poppel in Berlin um alte Graphik und Hand-
zeichnungen. Bleistiftzeichnungen von Chodowiecki ergaben (bei einem Dollarstand von
22776 bis 22760) 3ioooo und 260000 Papiermark und unter seinen Stichen erreichte
das „Cabinet d un Peintre“ 426000, die „Wallfahrt nach Französisch-Buchholz“ 826000
Papiermark. Blätter wie die „Apotheose auf König Friedrich II., genannt der zweite
Fächer“ (Engelmann 373) kamen auf 82000 Papiermark, während „Der erste Fächer“
Abb. 21. Chinesischer Marmorkopf der
Kwannon, Sung-Zeit (960—1280)
Besitzer: Glenk-Worch, Berlin
Wiener Autographenfreunde zur Stelle. So
konnte der Wiener Dr. Ignaz Schwarz einen
2 Seiten langen Brief Beethovens an Körner —
er sprach von dem Libretto zu „Ulysses Heim-
kehr“—für 9 100 000 Papiermark an sich bringen,
welche damals i3oo Goldmark bedeuteten. Und
nach Wien wanderte auch Nestroys Manuskript
„Der Zerrissene“ (1844)? das auf 100000 Papier-
mark taxiert war und in der Versteigerung
1600000 erreichte. 820000 Mark war der Preis
für einen Brief Goethes an seine Schwiegertoch-
ter Ottilie, 763000 der Preis für sechs Zeilen des
Dichters an Minna Herzlieb („Wenn Kranz auf
Kranz den Tag umwindet...“), 53oooo der Preis
für eine Seite von Schiller, 3ooooo für drei Seiten
von Heine, 645000 für eine Seite Grillparzer
(über den „Operntext zur Melusine“), 230000
für eine Stammbuchblatt von Moses Mendels-
sohn, 810000 Papiermark für eine Seite Schopen-
hauer.
So hohe Papiermarkpreise zahlte man im Fe-
bruar nur noch für die graphischen Zyklen
von Max Slevogt. Als am 24. Februar bei Max Perl in Berlin moderne Graphik zum
Ausgebot kam (Dollarstand: 22773), sprach ein ausländischer Kunstfreund Slevogts
„Hektor“ (9 Steinzeichnungen) 1 Million Papiermark zu, seinen „Inseln Wak-Wak“
330 000 Papiermark. Der niedrigste Preis für seine radierten Einzelblätter betrug 4oooo
Papiermark „Der Panther“). Liebermanns Radierungen brachten 23 000 („ Kartoffelleid“)
bis 170000 (früher Druck der „Bank im Wannseegarten“), Corinths lithographierte
„Große Landschaft mit Bäumen“ ging auf 73000 und für die Probedrucke seines radier-
ten „Obstgartens im Herbst“ gab man 45000 Papiermark. Lesser Ury, der erst seit
wenigen Jahren radiert und lithographiert, war nicht mit Probedrucken vertreten; doch
seine „Straße im Regen“ erzielte 48000, seine „Dame im Cafe“ 60000 Papiermark.
Zwei Tage später ging es bei Hollstein & Poppel in Berlin um alte Graphik und Hand-
zeichnungen. Bleistiftzeichnungen von Chodowiecki ergaben (bei einem Dollarstand von
22776 bis 22760) 3ioooo und 260000 Papiermark und unter seinen Stichen erreichte
das „Cabinet d un Peintre“ 426000, die „Wallfahrt nach Französisch-Buchholz“ 826000
Papiermark. Blätter wie die „Apotheose auf König Friedrich II., genannt der zweite
Fächer“ (Engelmann 373) kamen auf 82000 Papiermark, während „Der erste Fächer“
Abb. 21. Chinesischer Marmorkopf der
Kwannon, Sung-Zeit (960—1280)
Besitzer: Glenk-Worch, Berlin