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Jahrbuch der Baukunst und Bauwissenschaft in Deutschland — 2.1845

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Menzel, Carl August: Grundzüge zur Vorschule einer allgemeinen Bauformenlehre in Bezug auf den Standpunkt der Baukunst in jetziger Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.19237#0072
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11. Grundzüge zur Vorschule

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Knecht. Als die Jtaliener die Gebäude ihrer römischen Vorfahren an-
fingen wieder anszugraben, zu messen und nachzuahmen, fanden sie ivenig
mehr als Trümmer, und wo sich hin und wieder in jener Zeit noch
einzelne Theile wohl erhalten hatten, waren cs doch nur durch spätere
Ein- und Ausbauten verstümmelte Ruinen. Aber eben dies Mangelhafte,
eben diese umher gestreuten, verstümmelten und ties unter der Erde wieder
hervorgefundenen und gesuchten Zeugen einer versunkenen stolzen Pracht
haben von feher anf das menschliche Gemüth einen Zauber ausgeübt.
Man strengte sich an, ihren ehemaligen Zusammenhang zu ermitteln, man
baute sie in der Phantasie schöner aus, als sie vielleicht jemals gew'eseu
waren, und wie man das, was man eben besitzt, immer geringer schätzt,
als das, was man eben zu erreichen gedenkt, empsahl man die neu ent-
deckten Maaßverhältnisse zur unabänderlichen Nachahmuug.

Den Jtaliencrn können wir es am Ende wenig verdenken, daß sie
die alte Nömerzeit aufs Neue zurück zu wünschen bemüht waren. War
doch der alte Ikuhm, der Glanz ihrer Vorväter mit ihren Bauwerken zu
Grunde gegangen, und, wie Rienzi noch einmal Roms alte Herrlichkeit
heraufbeschwören wollte, so gedachten die Baumeister des oiuguo euuiu
dasselbe zu thun. Freilich konnten sie nicht wissen, daß Europa, von einem
Ende zum andern von der Nachahmungssucht befallen, auch Jahrhunderce
lang in ihren Bauwerken die Römer spielen wollten, welche in dicser
Hinsicht in gar keiner Verbindung mir ihnen standen. Alle sogenanuten
gebilderen Völker verschmähten es bis jetzt, ihre volksthümlichen Bau-
formen für sich auszubilden, überall begnügte man sich mit der Nach-
ahmung, bis darüber — außer den Jtalienern und den Türken ü — kein
europäisches Volk mehr einen nationalen Baustyl hatte.

Gehen wir nun näher auf die eiuzelnen Formen des Baues mit
wagerechter Decke und nach rechtwinkligen Linien gesormter Verbiudung
ein, so bemerken wir vornehmlich das Folgenve:

Der Holzbau, welcher schlanke, ausgedehnte Verhältnisse und weite
Stellung der Stützen möglich macht, steht eben deswegen dem Steinbau
in allen Formengebungen geravezu entgegen.

Es machen sich noch setzt drei gänzlich verschiedene Arten des Holz-
baues bemerklich.

Der erste, einfachste und deswegen gewiß der älteste ist der soge-
nannte Blockholzbau, wo die Stämme rund, wie sie gewachsen sind, über-
einander gelegt, eine Wand. bilden und nur an den Durchschnittspunkten
mit andern Wänden durch schwalbenschwanzsörmige Einschnitte gehalteu
werden. Die Fugen werden mit Moos verftopfr.
 
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