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H. Grundzüge zur Vorschule
flache Kreisflück sein würde, weil dieses sich der geraden Linie am meisten
nähert, und weil es folglich die größtmöglichste Uebereinstimmung mit
atlen übrigen wagerechten Linien haben würde. Hätte der Raum ein
Tonnengewolbe mit Stichkappen zur Decke, so würden alle Oeffnungen,
hiermit übereinstimmend, den Halbkreis als Sturz annehmen, wie wir ihn
in den Kirchen des romanischen Styls auch wirklich wahrnehmen.
Werfen wir jetzt, in Bezug auf gleichlaufende Linien, einen Blick
auf die Dächer, so ergiebt flch Folgendes:
Bei den ägyptischen Tempeln ist die Bedeckung vollkommen platt,
läuft daher gleich mit den wagerechten Fugen des Gebäudes und bleibt
deshalb für den Beschauer unsichtbar.
Dcr griechische Tempel, welcher ein etwas höheres Verhaltniß und
ein erhobenes Dach hat, weiset diesem fedoch, eben mit Rückstcht auf sie
nicht übermäßige Höhe des Ganzen, eine geringe Höhe an. Gleichlausend
mit der Dachlinie geht die Unterschneidung der hängenden Platte im
Kranzgeflms der dorischen Ordnung, sowie die schräge Linie der Diehlen-
köpfe. Es beträgt die griechische Dachhöhe nicht über >/§ der Breite der
Giebelfront. Denken wir uns einen griechischen Tempel mit einem Gübel,
der eben so hoch als breit ist, so wäre das Verhältniß des ganzen Baues
veruichtet.
Es folgt also schon hieraus, daß jedes Dach mit dem Höhenver-
hältniß des Ganzen höher oder niedriger werden muß. Ein Umstand, den
man bei dem Styl der Renaissance, des Noccocco und der neueren und
neuesten Zeit gewöhnlich gar nicht beachtet sieht, da auch jetzt noch fort-
während Bauten entstehen, an welchen das übermäßig hohe Dach alle
anderen Verhältnisse erdrückt.
Bei dem römischen Tempel wachsen die Höhenverhältnisse, folglich
wird auch der Giebel höher als er bei dem griechischen war. Es beträgt
der römische Giebel nicht über ^/z der Breite der Giebelsront.
Der romanisch - byzantinische Kirchenbaustyl, welcher im Jnnern
einen Halbkreis zur Gewölbelinie hat, bestimmt seine Dachhöhe dadurch,
daß eine Linie vom Scheitel des Gewölbes nach dessen unterem Anfangs-
punkte gezogen wird; mit dieser Linie gleichlaufend geht die Dachliuie.
Es ist also die Dachhöhe in diesem Falle die eines sogenannten Winkel-
daches.
Der altdeutsche Styl verfuhr eben so in der Vestimmung der Dach-
höhe. Denkt man sich eine Sehne aus der Spitze des Gewölbebogens
bis zu seinem untern Entstehungspunkte gezogen, so geht die Dachlinie
gleichlaufend mit dieser Linie, und das Dach wird dadurch so hoch wie
die Kirche oberhalb breit ist. Erhebt sich das Mittelschiff über die andern,
H. Grundzüge zur Vorschule
flache Kreisflück sein würde, weil dieses sich der geraden Linie am meisten
nähert, und weil es folglich die größtmöglichste Uebereinstimmung mit
atlen übrigen wagerechten Linien haben würde. Hätte der Raum ein
Tonnengewolbe mit Stichkappen zur Decke, so würden alle Oeffnungen,
hiermit übereinstimmend, den Halbkreis als Sturz annehmen, wie wir ihn
in den Kirchen des romanischen Styls auch wirklich wahrnehmen.
Werfen wir jetzt, in Bezug auf gleichlaufende Linien, einen Blick
auf die Dächer, so ergiebt flch Folgendes:
Bei den ägyptischen Tempeln ist die Bedeckung vollkommen platt,
läuft daher gleich mit den wagerechten Fugen des Gebäudes und bleibt
deshalb für den Beschauer unsichtbar.
Dcr griechische Tempel, welcher ein etwas höheres Verhaltniß und
ein erhobenes Dach hat, weiset diesem fedoch, eben mit Rückstcht auf sie
nicht übermäßige Höhe des Ganzen, eine geringe Höhe an. Gleichlausend
mit der Dachlinie geht die Unterschneidung der hängenden Platte im
Kranzgeflms der dorischen Ordnung, sowie die schräge Linie der Diehlen-
köpfe. Es beträgt die griechische Dachhöhe nicht über >/§ der Breite der
Giebelfront. Denken wir uns einen griechischen Tempel mit einem Gübel,
der eben so hoch als breit ist, so wäre das Verhältniß des ganzen Baues
veruichtet.
Es folgt also schon hieraus, daß jedes Dach mit dem Höhenver-
hältniß des Ganzen höher oder niedriger werden muß. Ein Umstand, den
man bei dem Styl der Renaissance, des Noccocco und der neueren und
neuesten Zeit gewöhnlich gar nicht beachtet sieht, da auch jetzt noch fort-
während Bauten entstehen, an welchen das übermäßig hohe Dach alle
anderen Verhältnisse erdrückt.
Bei dem römischen Tempel wachsen die Höhenverhältnisse, folglich
wird auch der Giebel höher als er bei dem griechischen war. Es beträgt
der römische Giebel nicht über ^/z der Breite der Giebelsront.
Der romanisch - byzantinische Kirchenbaustyl, welcher im Jnnern
einen Halbkreis zur Gewölbelinie hat, bestimmt seine Dachhöhe dadurch,
daß eine Linie vom Scheitel des Gewölbes nach dessen unterem Anfangs-
punkte gezogen wird; mit dieser Linie gleichlaufend geht die Dachliuie.
Es ist also die Dachhöhe in diesem Falle die eines sogenannten Winkel-
daches.
Der altdeutsche Styl verfuhr eben so in der Vestimmung der Dach-
höhe. Denkt man sich eine Sehne aus der Spitze des Gewölbebogens
bis zu seinem untern Entstehungspunkte gezogen, so geht die Dachlinie
gleichlaufend mit dieser Linie, und das Dach wird dadurch so hoch wie
die Kirche oberhalb breit ist. Erhebt sich das Mittelschiff über die andern,