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Uie nachstehenden Notizen sind die Fracht einer Rundreise, welche ich in den Sommer-
monaten des Jahres 1856 durch die Steiermark in zweifachem Interesse machte. Von den
löblichen Ständen dieser Provinz durch Vermittlung des historischen Vereins daselbst mit dem
ehrenvollen Amte betraut, als Landesarchäologe für Steiermark die in diesem Kronlande
befindlichen Denkmale christlicher Kunst in weitester Ausdehnung zu erforschen, hatte ich bei
meinem desshalb unternommenen ersten Ausfluge noch die besondere Nebenaufgabe, so viel
als thunlich urkundliche Quellen aus Archiven und Privathänden entweder im Original zu
erwerben, oder doch wenigstens zur Copirung für unser Landesmuseum, zu erhalten.
Dadurch war daher auch die Zeit eine beschränktere für die kunsthistorische Forschung
geworden und die mir wohl bewussten fühlbaren Lücken in der hier versuchten Übersicht
mögen von diesem Gesichtspunkte aus entschuldigt werden.
Mir lag vor Allem daran, das gewonnene Material bald zur allgemeinen Kenntniss zu
bringen; die nächsten Jahre sind dazu bestimmt, eingehende und möglichst umfassende Detail-
forschungen vorzunehmen.
Der Monumentalreichthum der Steiermark ist im Ganzen ein ziemlich bedeutender zu
nennen; indessen sind die meisten und besterhaltenen Bauten aus späterer Zeit. Von einer
eigentlich steiermärkischen Kunst kann allerdings so wenig als von einer specifisch österrei-
chischen die Rede sein, indessen sind doch manche Eigenthümlichkeiten zu beobachten, deren
ich am geeigneten Platze gedenken werde. Der Gang der baugeschichtlichen Entwickelung
schliesst sich dem des übrigen Deutschlands an, jedoch ist im Allgemeinen ein zähes Festhal-
ten an hergebrachter Form namentlich in romanischer Zeit zu bemerken ; es ist dies über-
haupt eine Charakteristik österreichischer Bauten, daher auch Denkmale des Ubergangsstyles
selten sind.
Die geographische Lage des Landes, an keinem der weltverbindenden grossen Ströme
gelegen, besonders in früherer Zeit ohne eigentlich scharf betonten Centralpunkt, und die
politischen wie kirchlichen Verhältnisse Steiermarks überhaupt, des Grenzlandes gegen Ungarn
und Croatien, brachten es mit sich, dass bedeutendere kirchliche Bauten mit wenig Ausnah-
men nur an den Stätten, wo geistliche Corporationen sich niedergelassen, oder auf deren
früherem Besitze zu treffen sind. Dieselben Verhältnisse führten es auch herbei, dass eigent-
lich so wenige Denkmale der früheren Periode erhalten sind, und dass die erhaltenen ein so
entschiedenes Anlehnen an bereits Gegebenes zeigen. Es galt bei dem wechselvollen
durch öftere feindliche Einbrüche getrübten Leben zumeist das Dasein sicher zu stellen und
eher sorgsam zu erneuern, was unumgänglich nothwendig war, als in ruhigem Besitze an
formelle Durchbildung eines Bauwerkes zu denken, oder gar architektonisch neue selbststän-
dige Schöpfungen zu versuchen.
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Uie nachstehenden Notizen sind die Fracht einer Rundreise, welche ich in den Sommer-
monaten des Jahres 1856 durch die Steiermark in zweifachem Interesse machte. Von den
löblichen Ständen dieser Provinz durch Vermittlung des historischen Vereins daselbst mit dem
ehrenvollen Amte betraut, als Landesarchäologe für Steiermark die in diesem Kronlande
befindlichen Denkmale christlicher Kunst in weitester Ausdehnung zu erforschen, hatte ich bei
meinem desshalb unternommenen ersten Ausfluge noch die besondere Nebenaufgabe, so viel
als thunlich urkundliche Quellen aus Archiven und Privathänden entweder im Original zu
erwerben, oder doch wenigstens zur Copirung für unser Landesmuseum, zu erhalten.
Dadurch war daher auch die Zeit eine beschränktere für die kunsthistorische Forschung
geworden und die mir wohl bewussten fühlbaren Lücken in der hier versuchten Übersicht
mögen von diesem Gesichtspunkte aus entschuldigt werden.
Mir lag vor Allem daran, das gewonnene Material bald zur allgemeinen Kenntniss zu
bringen; die nächsten Jahre sind dazu bestimmt, eingehende und möglichst umfassende Detail-
forschungen vorzunehmen.
Der Monumentalreichthum der Steiermark ist im Ganzen ein ziemlich bedeutender zu
nennen; indessen sind die meisten und besterhaltenen Bauten aus späterer Zeit. Von einer
eigentlich steiermärkischen Kunst kann allerdings so wenig als von einer specifisch österrei-
chischen die Rede sein, indessen sind doch manche Eigenthümlichkeiten zu beobachten, deren
ich am geeigneten Platze gedenken werde. Der Gang der baugeschichtlichen Entwickelung
schliesst sich dem des übrigen Deutschlands an, jedoch ist im Allgemeinen ein zähes Festhal-
ten an hergebrachter Form namentlich in romanischer Zeit zu bemerken ; es ist dies über-
haupt eine Charakteristik österreichischer Bauten, daher auch Denkmale des Ubergangsstyles
selten sind.
Die geographische Lage des Landes, an keinem der weltverbindenden grossen Ströme
gelegen, besonders in früherer Zeit ohne eigentlich scharf betonten Centralpunkt, und die
politischen wie kirchlichen Verhältnisse Steiermarks überhaupt, des Grenzlandes gegen Ungarn
und Croatien, brachten es mit sich, dass bedeutendere kirchliche Bauten mit wenig Ausnah-
men nur an den Stätten, wo geistliche Corporationen sich niedergelassen, oder auf deren
früherem Besitze zu treffen sind. Dieselben Verhältnisse führten es auch herbei, dass eigent-
lich so wenige Denkmale der früheren Periode erhalten sind, und dass die erhaltenen ein so
entschiedenes Anlehnen an bereits Gegebenes zeigen. Es galt bei dem wechselvollen
durch öftere feindliche Einbrüche getrübten Leben zumeist das Dasein sicher zu stellen und
eher sorgsam zu erneuern, was unumgänglich nothwendig war, als in ruhigem Besitze an
formelle Durchbildung eines Bauwerkes zu denken, oder gar architektonisch neue selbststän-
dige Schöpfungen zu versuchen.
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