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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale: Periodica — 2.1857

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II. Abtheilung: Abhandlungen
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Sacken, Eduard von: III. Kunstdenkmale des Mittelalters im Kreise ob dem Wiener Walde des Erzherzogsthums Niederösterreich
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https://doi.org/10.11588/diglit.45221#0157
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Der Kreis ob dem Wiener Walde, dieser fruchtbare, blühende Landstrich zwischen der
Donau, der in sie mündenden Enns und den steierischen Bergketten, welche sich als der Wie-
ner Wald sanft bis an den Donaustrom verlaufen, ist das Stammland der österreichischen
Mark, schon in der frühesten Zeit des Mittelalters im Besitze einer bedeutenden Cultur, welche
sich von Baiern und Schwaben herabzog. Nachdem Karl der Grosse das Land den Avaren
abgenommen hatte (791), liessen sich fränkische und baierische Colonisten hier nieder; spar-
samer scheinen die Slaven gewesen zu sein, doch fehlt es nicht an Andeutungen, dass auch
solche sich an der Erlaf festsetzten. Im IX. Jahrhundert schon besass das Hochstift Passau
St. Pölten (Traisma) nebst Landstrichen an der Donau um Mautern, an der Traisen und an der
Bielach, Regensburg Güter westlich von Melk und an der Erlaf, Salzburg an der Ips, Traisen
und theilweise Melk. Um 978 führte der heilige Wolfgang, Bischof von Regensburg, baierische
Ansiedler in’s Land, welche sich um Steinakirchen und an der kleinen Erlaf anbauten.
Der entscheidende Moment für die Ostmark war die Besiegung der Magyaren und Erobe-
rung von Melk durch Leopold von Babenberg (984); von nun an konnten sich die Verhält-
nisse consolidiren, rasch verbreitete sich unter dem Schutze der zu Melk residirenden Mark-
grafen die Cultur, allenthalben hoben sich die Ortschaften und des Landes Wohlstand gedieh
in ungestörter Ruhe. Es war System der Babenberger, durch Ländereien-Verschenkung die
Bodencultur zu heben und es bildeten sich allmählich eigenthümliche Landesgewohnheiten
und Rechte aus, welche von ihrem baierischen Ursprung bedeutend ab wichen, während die
herkömmlichen der Colonisten daneben bestanden. In der nun folgenden Zeit waren es vor
allem die von Fürsten, Bischöfen und Edlen gegründeten und wohl dotirten Klöster, welche,
im Besitze der Bildung und Wissenschaft, segensreich auf die Hebung der Civilisation ein-
wirkten; es lässt sich oft erkennen, wie sich durch ihre Anregung im ganzen Umkreise ein
regeres, edleres Leben kund gab, so dass sie wirklich als Ausgangspunkte für Cultur und
Bildung zu betrachten sind. Nicht weniger als das bürgerliche und religiöse Leben verdankt
ihnen dieKunst: denn nicht nur dass die Klöster eine bedeutendere Bauthätigkeit entwickelten
und in ihren Mauern Kunstschätze anzuhäufen Gelegenheit hatten, so entstanden durch sie
auch eine Menge von Pfarr- und Filialkirchen, die würdig ausgestattet wurden, und noch
gegenwärtig verdanken wir die Erhaltung einer bedeutenden Anzahl von Kunstwerken dem
Bestehen der Stifte, welche der Kunstforschung noch viel reichere Ausbeute bieten würden,
wenn ihnen nicht die Ungunst der Verhältnisse, Kriegsbedrängnisse, Ablieferungen und die
Aufhebungsepoche unter Kaiser Joseph II. viele Gegenstände und gerade die kostbarsten in
kunstgeschichtlicher Beziehung entzogen hätten.
Es bestanden in diesem Kreise im Mittelalter eilf Männerklöster, drei der Benedicti-
ner: Göttweih (gegr. 1083, Benedictiner seit 1093), Melk (985, Benedictiner seit 1089),
Seitenstetten (1112), welche sich besonders um die Verbreitung der Intelligenz verdient
 
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