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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 2.1884

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Boeheim, Wendelin: Über einige Jagdwaffen und Jagdgeräthe, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5610#0148
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Wendelin Boeheim.

der Thiere nach althergebrachten Regeln, auf deren Wartung und Pflege gelegt, und nirgends gewahren
wir das Streben nach fachlicher Verbesserung: der Anlage der Gehege, der Verwendung des Thieres oder
seiner Ausrüstung.

Die Jagdpraxis, die der Falkenjagd ausgenommen, beruhte auf Regeln, welche didaktischen Poemen
und Lehrbüchern des i3. Jahrhunderts entstammen. Zu den ältesten Quellen zählt das Gedicht: «Livre du
roy Modus et de la royne Racio» eines Ungenannten von circa i322,' «L'art de Venerie» des Guillaume
de Twici, «Venour du roi d'Engleterre» und die «Venerie des Gace de la Bigne» von 135g. König
Alphons IV. von Castilien versuchte es schon 1340, für seinen persönlichen Gebrauch die zerstreut auf-
tretenden Jagdregeln zu sammeln, aber sein Werk gelangte in den fachlichen Kreisen nie zu jener Geltung
wie jenes des Gaston III. de Foix, genannt Phöbus, dessen «Deduits de la chasse», 1387 geschrieben, die
Grundlage für den manuellen Jagdbetrieb in Frankreich wie in Deutschland bis ins i5. Jahrhundert und,
mit Ausnahme eines Zeitraumes, in welchem die Reformen Maximilians I. in Deutschland das Gesetz
bildeten, selbst bis ins 18. Jahrhundert blieben.

Die Praxis der Falkenjagd verdankte ihre Gesetze weit älteren und gelehrten Autoren, die selbst
mittelbar oder unmittelbar aus arabischen Quellen geschöpft hatten. Sie bildete sich zuerst aus des Kaisers
Friedrich II. «De arte venandi cum avibus», dann aus des Albertus Magnus «Tractatus de falconibus
asturibus et accipitribus». Letzterer überliefert die Sätze aus der «Falconaria», deren Verfasser Guglielmus
am Hofe Rogers I. von Sizilien gelebt hatte.2

Der grösste Theil der Umgestaltungen im Jagdwesen am Schlüsse des i5. Jahrhunderts ist auf eine
einzige Persönlichkeit zurückzuführen, die ebenso auf dem Gebiete der Politik wie auf jenem des Krieges
mit grossartigem Geiste reformirend aufgetreten ist, auf Kaiser Maximilian I.

Mit den in der Geschichte hervorragendsten Herrschern seit Karl dem Grossen theilt auch Maxi-
milian I. eine leidenschaftliche Hingabe für das Waidwerk, den Trieb zur Stählung der Manneskraft in der
freien Natur, aber sein kritischer Geist konnte nicht stille stehen vor dem Althergebrachten, seine ideal an-
gelegte Natur war nicht dazu angethan, sich in irgend einer Lebensthätigkeit von der vorwärts drängenden
Masse treiben zu lassen. Auch hier trat er an die Spitze, um das Lebensfähige und Ehrwürdige der alten
Zeit mit den neuen Ideen zu versöhnen.

Maximilian I. war in deutscher Schule zum Jäger gebildet worden. Als fünfzehnjähriger Jüngling
lebte er ein Jahr zu Dillingen, einer Besitzung des Bischofs von Augsburg, Johann von Werdenberg, um
die Jagd zu erlernen. Des Prinzen Führer im Waidwerke war der Ritter Diepold von Stein zu Reissenberg,
ein in allen adeligen Beschäftigungen geübter Mann, den wir auch noch später als rüstigen Turnier-
genossen treffen.3

Von da an bis ins Alter hatte den Kaiser nimmermehr die Liebe zur Jagd verlassen; diese leiden-
schaftliche Hinneigung spiegelt sich auch in seinen Gedenkbüchern deutlich wieder; in beiden finden sich
Aufzeichnungen über Jagdangelegenheiten in allen Rubriken verstreut. Hier merkt er an, dass er in einem
halben Jahre hundert «Antvogel» erlegt, dort, dass er siebenundzwanzig Hasen hintereinander geschossen
habe, ohne einen zu fehlen, und wiederholt treffen wir die Notiz: «Item der kunig sol das new gejaidbuch
machen»; einmal fügt er dieser Selbstmahnung noch das Wort «Cytissime» bei.

Wie der Kaiser bestrebt war, seine Thaten und sein Leben der Nachwelt zu überliefern und sich
damit bleibende Denkmale seines Ruhmes zu errichten, ebenso dachte er daran, seine wissenschaftlichen
und fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen aufzuzeichnen und diese als werthvollen Schatz seinen Enkeln
zu hinterlassen; als eine interessante Vorarbeit hiezu erscheint jenes Manuscriptheft, welches als des Kaisers
geheimes Jagdbuch * bezeichnet wird, das mit den Worten beginnt:

«Dw ku von osterreich nach dem vnd dw so vill waidmanschafft mit jagen payssen vnd vischen hast
solstw die Nachgeschriben Ordnung halten.»

' Eine Abschrift dieses Gedichtes von 1346 mit Miniaturen in der k. k. Hofbibliothek zu Wien, Cod. Mscr. 2D73.

2 Mouchet, Recueil des ouvrages ecrits sur la chasse avant l'an 1400.

3 Fugger, Vita Maximil. Mscr. t. II, fol. 3. — Oestcrr. Tugendspiegel, I, p. 171.

4 Kaiser Maximilians I. geheimes Jagdbuch etc., herausgegeben von Th. v. Karajan, i85<>
 
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