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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 2.1884

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
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Boeheim, Wendelin: Über einige Jagdwaffen und Jagdgeräthe, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5610#0149
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Ucber einige JagdwatTen und Jagdgeräthc

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Die sämmtlichen Aufzeichnungen des Kaisers, welche die Jagd betreffen, erstrecken sich auf die Er-
zählung oder kurze Notirung interessanter Thatsachen, Vorsichtsmassregeln gegen Gefahren, vor Allem aber
auf die Ausrüstung des Jägers; die letztere erscheint als eine völlig neue, die fachlichen Reformen charak-
terisirende Anordnung, sie ist das Ergebniss einer reichen Erfahrung. Nur sehr selten und dann nur leise
angedeutet finden sich Belehrungen über die Jagdpraxis selbst, insoweit sich dieselben auf das zu
jagende Wild beziehen. Gerade da findet sich in dem literarischen Nachlasse des Kaisers die empfind-
lichste Lücke.

Aber auch in diesen aphoristischen Darstellungen spricht sich der starre Gegensatz aus, in dem Maxi-
milian als Jäger zu den Lehren der älteren französischen Autoren steht. Es ist deutlich zu erkennen,
wie er nur aus sich selbst und seiner reichen Erfahrung schöpft, das Gebiet erweitert, überall bessert, ohne
sich um irgend eine Autorität zu kümmern.

So sehr dem Kaiser die Verfassung eines Jagdbuches am Herzen gelegen, er war doch darüber hin-
gegangen, ehe er diese Lieblingsidee ausführen konnte, und nach Allem, was wir über Maximilians Be-
deutung als Jäger wissen, kann die Fachwelt diesen Ausfall nur beklagen.

Durch diesen Umstand sind wir in der Beurtheilung der Formenwandlungen der Jagdwaffen vom 15.
ins 16. Jahrhundert zumeist auf die Textstellen im «Weisskunig», «Theuerdank» und im «Triumph» ge-
wiesen; dieselben lassen uns im Entgegenhalte mit den Abbildungen, zumeist von der Meisterhand Hans
Burgkmairs, den Umfang der Reformen ermessen, welche der Kaiser im Jagdbetriebe in seinen Gebieten
durchgeführt hatte.

Sind die Blicke der älteren französischen Autoren mehr auf Aeusserlichkeiten, auf ein zierlich kokettes
Ceremoniell, auf eine listige Benützung der Eigenschaften des Wildes gerichtet, so legt der Kaiser den
Nachdruck auf einen fachlichen Betrieb und auf Tüchtigkeit und Entschlossenheit des Jägers. Dieser Con-
trast ist so schlagend, dass uns gegen die kernigen Ansichten des Kaisers die Lehren der älteren Schrift-
steller dilettantisch und kleinlich erscheinen.

Wie weitet sich nun das fachliche Gebiet aus, wie ist zunächst in der Ausrüstung Alles strenge auf
den Zweck berechnet! Mit wenigen Worten tritt der Kaiser als der erste Autor auf, der je über die Steinbock-
und Gemsjagd als Fachmann geschrieben hat. Wir hören hier zum ersten Male von bisher unbekannten
Ausrüstungsgeräthschaften, wie Gemsschäften mit ihren Tulmessern, Fusseisen, Schneereifen, Schnür-
säcken u. dgl., und wir überzeugen uns alsbald, dass diese für den Zweck ganz unerlässlich sind.

Ausser im «Weisskunig» bezeichnet Treitzsauerwein auch im Texte zum «Triumph» mit aller Be-
stimmtheit jene Jagdarten, in welchen der Kaiser Reformen vorgenommen hatte, unter Anderem das Be-
streben, die Falkenjagd von der Jahreszeit weniger abhängig zu machen, die veränderte Praxis in der Hoch-
gebirgsjagd, der Schweins- und Bärenjagd u. s. w.

Bei der näheren Betrachtung der einzelnen Formen der Ausrüstungen entgeht es uns nicht, dass der
Kaiser auf praktischen Erfahrungen weiterbaut, welche er in Burgund und selbst in Frankreich gewonnen
hatte, ja einzelne Formen können ihren burgundischen Ursprung nicht verleugnen, wie das Jagdbesteck mit
seinem vielgestaltigen Inhalte, das Jägerhorn u. s. w.

Andere und charakteristische Formen von Waffen und Geräthen sind zweifellos alleiniges geistiges
Eigenthum des Kaisers, so die Tulmesser, Schweinschwerter, Schweindegen u. a.; fast alle aber erhalten
Verbesserungen in ihrer mechanischen Einrichtung; so schreiben sich von Maximilian die verbesserten Ab-
zugsvorrichtungen an den Armrüsten her, ja er erscheint uns als der erste Führer auf dem Wege, den die
Schlossconstruction auf Armrüsten und Feuergewehren eingeschlagen hat.

Im Verlaufe des 16. Jahrhunderts hatte das Jagdwesen im Grossen und Ganzen in Deutschland jene
äusseren Formen beibehalten, welche ihm Kaiser Maximilian gegeben hatte, doch ist in der Construction
und Ausstattung der Waffen und Geräthe eine mächtig vorschreitende Bewegung merkbar. In der Con-
struction ist zugleich ein nicht unwichtiger Theil der Entwicklung des allgemeinen Waffenwesens zu ge-
wahren, speciell in der Verbesserung des Feuergewehres ist der Jäger dem Krieger weit vorangeeilt. In der
decorativen Ausstattung ist auch auf diesem Gebiete der grossartige Aufschwung der Künste auf jedem ein-
zelnen Stücke deutlich ausgeprägt. In den stilistischen Decorationen auf Waffen und Geräthen sind die Wege

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