Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

DOI Heft:
Abhandlungen
DOI Artikel:
Drach, Karl Alhard von: Jost Burgi, Kammeruhrmacher Kaisers Rudolf II.
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0048
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Jost Burgi, Kammeruhrmacher Kaisers Rudolf II.

43

sein. Das Manuscript für den »gründlichen Unterricht« hat sich um die Mitte unseres Jahrhunderts in
der Stadtbibliothek zu Danzig gefunden;1 dass die Herausgabe und Veröffentlichung der druck-
fertigen Arbeit unterblieb, dürfte lediglich durch den böhmischen Krieg verursacht worden sein- um
ein kaiserliches Privileg dazu hat sich Burgi im Jahre 1621 beworben und wohl nicht ohne Erfolg
Die Eingabe an den Kaiser wurde nämlich durch den Fürsten Karl von Liechtenstein2 mit
folgendem eigenhändig unterzeichneten Begleitschreiben unterstützt:

Allergenedigister kaiser und herr. Weiland kaiser Rudolphi und Matthiae christmildister gedachtnus ge-
wester Cammeruhrmacher Jobst Burgy hat neben uberraichung beiverwahrtes, an eür kais. maj. lautenden unter-
thänigisten supplicirens und verfertigten arithmetischen und geometrischen progresztabulen mich umb recomman-
dation an eür kais. maj. zu erlangung eines privilegii über solches werkh ganz fleißig gebeten, welche ich ihme
als einem alten kaiserlichen diener und in dergleichen mathematischen sachen wol fundirten mann nit abschlagen
mögen, der unterthänigisten Zuversicht, eür kais. maj. werden für sich selbst diese neüe und gar nuczlich scheinende
invenüon mit der gebetenen kaiserlichen gnad zu erheben und dem authori dergleichen Privilegium zu ertheilen
genedigist nicht ungenaigt sein, zu welchem end bei eür kais. maj. ich demnach hiemit unterthänigst intercedire
und derselben mich benebenst zu kais. gnaden gehorsambist empfele. Geben Prag den 22. octobris anno 1621.

Eür Römisch kais. maj. unterthanigist gehorsambister fürst und diener Carl fürst zu Lichtenstein.

Auch das auf der Aussenseite: »An die Römisch kais. auch zue Hungern und Bohäimb königl. maj.,
meinen allergnedigsten kaiser, könig und herrn, underthenigstes gehorsambstes suppliciren Jobsten Burgij, Uhr-
machers« adressirte Schriftstück3 trägt nur Bu r g i's eigenhändige Unterschrift und hat folgenden Wortlaut:

Allerdurchlauchtigster, großmechtigster und unüberwindlichster Römischer kaiser auch zue Hungern und
Böhäimb könig. Euer kais. maj. seint meine pflichtschuldigste, treugehorsambste dinste in aller underthenigkeit
jederzeit zuvorn. Allergnedigster kaiser, könig und herr. Es haben zwar viel vortreffliche mathematici und arith-
metici mancherlei tabulen calculiret, dadurch die schwerigkeiten des multiplicirens, dividirens und radicum
extrahirens aufgehoben werden könte.4

Nachdem aber solche tabulen nur particulares sint, so habe ich mich embsig und mit allem fleis dahin
bemuhet, beigefugte generaltabulen zu erfinden, durch welche nit allein dergleichen schwerligkeiten des multipli-
cirens, dividirens und radicum extrahirens verhüttet bleiben sondern auch daß zwischen zwo gegebenen zahlen
soviel media proportionalia, als man begehret, gefunden werden möchten.

Dieweil ich dann des Vorhabens bin, gemeinen nuez zum besten berührte arithmetische und geometrische
progresztabulen sambt grundlichen underricht, wie solche fruchtbarlich in allerlei rechnungen gebraucht und ver-
standen werden sollen, zum ende zu volfuhren und in offenen druck ausgehen zue lassen, und aber solch werk,
darauf ich grose uncosten gewendet, zue meinem nachtheil und schaden nit alsbald durch andere zue ihrem nuez
und vorteil nachgedruckt werden möchte, als gelanget an euer Römisch kais. maj. mein underthenigistes und
gehorsambstes bitten, dieselbte geruhen zu einer ergöczligkeit meiner muhe und arbeit mich mit einem kaiser-
lichen privilegio gnedigst zu versehen, dasz ich ofterwente progrestabulen in öffentlichen druck ausgehen lassen,
hin und wieder ausgeben, feilhaben, verkaufen und niemanden, wer er auch sei, an keinen ort weder in groser
noch kleiner form dieselbte innerhalb zehen jähren bei einer benanten peen nachzuedrucken, zue distrahiren, feil-
zuhaben, umbzutragen oder zu verkaufen noch andern solches zu thun in keinerlei weis verstattet werden möge;
we che gnadt ich die tage meines lebens in kein vergessen stellen sondern nach aller mögligkeit in aller unter-
uhd 1t- ^e'10rsamk'st zu verdienen befliesen sein auch den allerhöchsten umb fristung euer kais. maj. lebens
und t" • vUng 8luckucner regierung embsiglich bitten und anruffen will. Thu danebenst zue dero kaiserlichen
1C'1Cn 8nac^en und gnedigsten gewierigen bescheid mich hiermit unterthenigst empfelen.
uei kais. maj. underthenigster gehorsambster Jost Burgi, alter cameruhrmachcr.

Abhandlun1"-WUrde l85<5 VOn °r' Gicswald in einer mit dem Bericht über die dortige St. Johannisschule erschienenen

2^ >>JuStus Bvr§ als Mathematiker und dessen Einleitung in seine Logarithmen« veröffentlicht.
Freih ' FÜrSt V°" Liechtenste'n. Herzog in Schlesien zu Troppau und Jägerndorf, der älteste Sohn Hartmann IV.

"m V°.n htenstein> war geboren 1569. Kaiser Rudolf II. machte ihn zum geheimen Rath und obersten Hofmeister;
aiser atthias erhob ihn 1612 in den Fürstenstand und überliess ihm 1614 das Fürstenthum Troppau; Kaiser Ferdinand II.
este te ihn zum Statthalter in Böhmen und gab ihm iö23 das Fürstenthum Jägerndorf, worauf er am 12. Februar 1627
starb. (Neuvermehrtes historisches und geographisches allgemeines Lexikon, Basel 1743, Bd. IV, S. 73o).

Dasselbe liegt ebenso wie das Begleitschreiben des Fürsten Karl im Reichshofrathsarchive zu Wien, Im-
pressoria, Lit. B.

4 In dem Danziger Manuscript kommen in der »Vorrede an den treuherzigen leser« dieselben Gedanken und Aus-
drucke vor wie hier; es heisst daselbst (S. 26 des Gieswald'schen Abdruckes): »Obewol von vortrefflichen mathematicis und
arithmeticis mancherlei tabulen seind erdichtet und calculirt worden, umb die Schwierigkeiten des multiplicirens, dividirens

und radices extrahirens aufzuheben, so sind doch dieselbige allezeit nur particular gewesen.....derowegen ich zu aller

zeit gesucht und gearbeitet habe, generaltabulen zue erfinden, .... durch welche nicht allein die schwerlichkeiten des
multipheierns, dividierns und allerlei radices extrahicrens verhütet werden sondern auch, das mehr ist, zwischen zwei ge-
gebene zahlen so viel media proportionalis, als man begert, mögen gefunden werden.«

6*
 
Annotationen