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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Modern, Heinrich: Geweihte Schwerter und Hüte in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0141
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Geweihte Schwerter und Hüte in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses.

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bat geneigten Hauptes um den päpstlichen Segen. Nachdem ihm dieser ertheilt war, sang er die
siebente Lectio bis zum Beginn der Homelie; dann zog er die heiligen Kleider aus, neigte sich vor
dem Papste und begab sich zu seinem Thronsessel. Der Waffenträger barg das Schwert in die Scheide
und setzte den Hut auf die Spitze, wie wir es in der Abbildung1 (Fig. i) sehen.

So wurden auch Schwert und Hut von der Weihe in der Paramentenkammer in die päpstliche
Kapelle, eventuell in die Basilika getragen, wenn die Uebergabe bei der dritten Messe am 25. December
stattfand, so auch nach der Ceremonie wieder hinausgetragen.

Die selbstbewusste, auf seine Prärogativen eifersüchtige Haltung des Kaisers bei der Ceremonie
gab Veranlassung, das Ceremoniel entsprechend abzuändern. Im II. Buche des Ceremoniale des Pa-
tritius (abgefasst von Burchard) finden wir fast alle diese Veränderungen für den Kaiser recipirt, und
zwar mit den Motivirungen des Kaisers, allerdings ohne auf die Geschichte dieser Abänderungen hin-
zuweisen. Der Kaiser singt die siebente Lectio statt der fünften; der Kaiser setzt den Hut nicht auf,
weil dieser ein Symbol herzoglicher Würde ist, die weit unter der kaiserlichen steht;2 der Mantel hat
den Schlitz vorne »wie die Bischöfe« und wie es in den kaiserlichen Siegeln gravirt ist. Nur die Um-
gürtung des Schwertes bleibt beibehalten, die Friedrich III. auch abgelehnt hatte. Sogar der Umstand
wird berücksichtigt, dass der Kaiser nur bis zur Homelie gesungen hatte: »wenn es dem Kaiser beliebt,
singt er nur bis zur Homelie, die Homelie setzt ein Cardinaldiakon fort; wenn aber der Kaiser die
ganze Lectio lesen will, wird das lobenswerth sein.« Als Karl V. 1529 zum Weihnachtsfeste am päpst-
lichen Hofe zu Bologna weilte, vollzog sich die Ceremonie nach dem verbesserten Ceremoniel, mit der
einzigen erwähnten Ausnahme, dass dem Kaiser das geweihte Schwert umgegürtet wurde.3 Meines
Wissens war dies der letzte Fall, dass ein deutscher Kaiser die Schwert- und Hutweihe am päpstlichen
Hofe mitmachte.

Die Schwert- und Hut weihe erfolgte in der Paramentenkammer des apostolischen Palastes stets
und nur durch den Papst, und zwar vor den Matutinen, wenn der Papst diesen beiwohnt, vor einer
der drei Messen des Weihnachtsfestes, wenn er die Matutinen nicht besucht, wohl aber eine dieser
drei Messen celebrirt; wohnt der Papst keinem dieser Gottesdienste bei, so weiht er Schwert und Hut
in seiner Hauskapelle, was in Krankheitsfällen öfter vorkam. Nach der Weihe wird das Schwert in die
»capella major« zu den Matutinen oder in die Basilika zur Pontificalmesse in folgender Ordnung ge-
tragen: Ein Cleriker der päpstlichen Kammer, oft auch der Ceremonienmeister, trägt Schwert und Hut
in der auf der Abbildung (Fig. 1) dargestellten Weise; er geht zwischen zwei Hausofficieren (mazzieri),
ihnen folgt das päpstliche Vortragekreuz, dann der Papst. Wohnt der Papst weder den Matutinen noch
den Messen bei, so haben Schwert und Hut in der Paramentenkammer zu bleiben und sollen nicht in
die Kapelle oder in die Basilika gebracht werden.4

1 Diese Abbildung stellt die Verleihung von Schwert und Hut durch Papst Gregor XIII. an Herzog Karl Friedrich
von Cleve (nicht Friedrich Wilhelm, wie Moroni ihn nennt) am 25. December 1574 dar. Das reproducirte Marmorrelief,
ausgeführt von den in Rom lebenden niederländischen Bildhauern Gillis von Mecheln (Egidio della Riviera) und Nicolaus
Pippi von Arras, war für das Grabdenkmal des Herzogs Karl Friedrich bestimmt, der bald nach dieser Verleihung in Rom
(■575) star':)' Heute noch befindet sich das Relief in der österreichischen Nationalkirche S. Maria deH'Anima in Rom, jedoch
vom Grabmale getrennt, in der Nähe der Sacristei. In derselben Kirche, gleichfalls von Egidio della Riviera ausgeführt, be-
findet sich das Grabdenkmal des Cardinais Andreas von Oesterreich (f 1600), Sohnes Ferdinands von Tirol. Karl Friedrich
von Cleve, von seinem Vater Wilhelm an den Hof Kaiser Maximilians II. gesandt (1571), wurde in Wien mit österreichi-
schen Erzherzogen erzogen; vgl. Venezianische Depeschen vom Kaiserhofe, Wien, Tempsky 1895, M, 5462. Ueber Egidio
della Riviera und Nicolaus Pippi: Bertolotti A., Artisti Belgi ed Olandesi a Roma, Firenze 1880, p. 196—207, 381—383, und
Baglione Giov., Le vite de pittori etc., Rom, Maffei 1602, p. 67. Ueber das Schwert Karl Friedrichs von Cleve: Lessing,
a. a. O.: V. Das Clevische Schwert, S. 135 f.

2 Diese Motivirung, gleichfalls von Friedrich III., ist in der eben citirten »Descriptio adventus« von Patritius aus-
gelassen aber anderwärts öfters erwähnt worden.

3 Die Schilderung der Ceremonie bei Catalani, De Codice St. Evangelii etc., Cap. X, p. 92 ff., nach einer Beschreibung
des Ceremonienmeisters Clemens VII. als »Augenzeugen«. Das geweihte Schwert vom Jahre 1529 in der Armeria zu Madrid,
doch ohne Fassung.

4 Vgl. mit Burchard, December H95; U, 345: »Sacrista tarn in matutinis quam in missa majore (papa absente) poni
fecit super altare ensem propter (muss wohl praeter heissen) consuetudinem quem unus ex familiaribus apportavit« Paris de

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