Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

DOI issue:
I. Teil: Abhandlungen
DOI article:
Pollak, Oskar: Studien zur Geschichte der Architektur Prags 1520-1600
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0131
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
I24

Oskar Pollak.

tetcn Streifen; die Brüstung des zweiten Stockes ist durch Sockel und Halbbalustern gegliedert; die
Fläche der Brüstung im ersten Stock endlich ist durch kräftig aus der Masse herausgeholte allegorische
Reliefs bewegt.

Nicht lange nach diesen eben besprochenen Bauten entstand am Hradschin ein Bau, der als reiner
Luxusbau, ähnlich dem Belvedere, eine ganz exzeptionelle Stellung einnimmt: das «Ballhaus» im kaiser-
lichen Hofgarten, das von dem uns bereits bekannten Baumeister Bonifaz Wolmut erbaut und im Jahre
1568 vollendet wurde1 (Taf. XII, XIII und Fig. 33). Wir wissen leider nicht, wie der Bau des erzbischöf-
lichen Palastes aussah, den Wolmut in den Jahren 1562—1564 errichtete,2 so daß wir keine Vorstellung

Fig. 41. St. Salvatorkirche, Blick von der Chorempore in die Vierung und in das Hauptschiff.

haben, wie dieser interessante Architekt eine Wohnhausfassade bildete. Denn beim Bau des Ballhauses
hatte er, von keiner Rücksicht behindert, ebenso freie Hand wie die Meister des Belvederebaues. Was
Wunder, wenn der Meister, der im Orgelchor im Dom seine hingebende Liebe zur italienischen Kunst so
offen geäußert hatte, auch hier sein volles Können zeigt. Der Bau, der gegen den Hirschgraben mit
seinen mächtigen Strebepfeilern stolz abweisend dasteht, entfaltet gegen den Schloßgarten reiche Vor-
nehmheit und Pracht. Eine einzige jonische Halbsäulenreihe trägt das mächtige, nach allen Regeln der
Kunst gebildete Gebälk unter dem Dache. Dem Künstler schwebte offenbar ein gegen den Garten offener
Loggienbau vor; da dies aber des Klimas wegen nicht gut tunlich war, schloß er die Offnungen zwischen
den Säulen durch Wände, die er durch je zwei Nischen übereinander auflöste. Wir haben es bei dieser

1 Reg. 8035, 4418. Hiernach muß eine Ansicht korrigiert werden, die ich in dem Artikel über Ulrich Austalis in
Thieme-Beckers Künstlerlexikon (II, 260) aussprach, indem ich auf Grund einer irrtümlichen Auslegung von Reg. 8215 das
Ballhaus dem Ulrich Austalis zuschrieb und den Bau um 1582 datierte. Die obigen Dokumente lassen keinen Zweifel über
den Autor und das Jahr.

2 Steinherz, Briefe des Prager Erzbischofs Anton Brus von Müglitz 1562—1563, Prag 1907, S. 20.
 
Annotationen