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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Pollak, Oskar: Studien zur Geschichte der Architektur Prags 1520-1600
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0134
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Studien zur Geschichte der Architektur Prags 1520 —1600.

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Brunnen wurde erst nach dem Tode des Jarosch (1570) von seinem Nachfolger im Amte, Wolf Hof-
prucker, im Jahre 1571 an Ort und Stelle aufgestellt und mit Wasser versehen.1

Das Kompositionssystem ist das bekannte italienische einer großen Schale auf ornamentiertem Fuß,
aus deren Mitte sich eine reichgeschmückte Säule erhebt, die eine kleinere Schale trägt, aus der das
Wasser in die größere herabstürzt. Es ist hier nicht der Ort, der Entwicklung dieser Form nachzugehen,
besonders da ein Italiener der Ur-
heber des Modells ist. Zu bemer-
ken ist hier nur die etwas klein-
liche und für absolute Nahsicht
bestimmte Dekorierung, so daß der
Brunnen eher wie ein ins Unge-
heure vergrößerter, aus Silber ge-
triebener Tafelaufsatz aussieht; daß
man tatsächlich an feine Treib-
arbeit gedacht zu haben scheint,
beweist vor allem die Ausschmük-
kung der Unterseiten der Schalen,
besonders die der unteren mit ihren
Buckeln, die einem der Pokale jener
Zeit gut anstünden. Auch in den
Gestalten Pans und der Hirten
am Fuße der Mittelsäule und des
Dudelsackpfeifers über der oberen
Schale in ihrer überaus minutiösen
und feinziselierten Ausführung
zeigt sich derselbe spielerische
Zug. Übrigens scheint diese Art
von Brunnendekoration im Sinne
der ganzen Zeit gelegen zu sein.
Nicht um direkte Zusammenhänge
zu vermuten sondern nur um auf
Analogien aufmerksam zumachen,
verweise ich auf eine ganz ähn-
liche Komposition des Jacques An-
drouet du Cerceau auf Blatt 4
der Brunnenserie in seinem 1561
erschienenen «Second livre d'ar-
chitecture»; auch dort umgeben
Tierfratzen den Fuß, die untere
Schale scheint wie aus Blech ge-
trieben und obenauf steht ein Männchen. Für Deutschland endlich vergleiche man Pankraz Laben-
wolfs Brunnen im Nürnberger Rathause (1556);2 man wird auch hier die gebuckelte Schale und das
Bübchen obenauf finden. Nicht zu vergessen ist ferner, daß gerade um diese Zeit die Tätigkeit des
Giovanni da Bologna auf diesem Gebiete begann. Eine Freude an der feinen zierlichen Kleinarbeit
ging damals durch die ganze Kunstwelt. Doch mögen diese flüchtigen Hinweise genügen.

Schließlich ist es wichtig, einen Blick auf die kirchlichen architektonisch-dekorativen Ausstattungs-
stücke jener Periode zu werfen. Leider hat sich aus der ganzen Zeit, die wir zu betrachten haben werden,

Fig. 44. St. Salvatorische, Seitenportal in der Karlsgasse.

1 Reg. 8106. 2 Abbildung bei Lübke, Deutsche Renaissance, II. Aufl., I, S. 509, Fig. 214.

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