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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 30.1911-1912

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I. Teil: Abhandlungen
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Tietze, Hans: Programme und Entwürfe zu den großen österreichischen Barockfresken
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https://doi.org/10.11588/diglit.6177#0013
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Programme und Entwürfe zu den großen österreichischen Barockfresken.

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spitzfindige feder hochgedachten Augustini. Die Überschrift könnte sein auf das herz: Hoc corde, auf die feder
hac penna---firmant connubia diva.

In denen anderen zwei kleineren feldern:

In dem ersten könte man vorstellen die durch die waffen der Tugent oder herz Augustini über Unwissen-
heit, Irrtum, Közerey etc. obsigente Pallas. — In dem andern die durch beihilf der Pallas oder feder Augustini
über die laster, also Müssiggang, Unmäßigkeit etc. triumphirente Tugent. Auf die 14 pfeiler könten 8 sonderbahre
tugent, als: Fides, Spes, Charitas, Prudentia, Justitia, Temperantia, Fortitudo, Religio, und ebensovill Wissen-
schaften, nemblich: Theologia, Juridica, Medica, Matemathica, Historia, Philosophia, Oratoria, Poesis, aufge-
tragen werden. Von außenher ob den bibliothecportal in einen schild um das darinnen enthaltene gemählde und
den so benahmbten conceptum: Connubium Virtutis et Scientiae etwas clährer und begreiflicher zu machen,
könten nahstehende 2 vers angeschrieben oder eingraben werden:

Hic sibi perpetuo virtutem foedere Pallas
Jungk et ambabus sacra statista domus.

Hierauf die Granische antwort und respective disposition folget: Reverendissime, perillustris ac amplissime
domine, domine, patrone colendissime! Hier übersende das mitgetheilte concept zu der bibliothec und glaube,
dass es auf die arth in der mahlerei guth komen solte. Es sind auf dises grosse feld weder zu vill noch zu wenig
figuren beigebracht; ich zweifle nicht, daß der herr Altomonte nicht guth und schön es machen wird. Im übrigen
ist alles bei euer hochwürden und gnaden inventirten gedankhen gebliben, weilen schwörlich einer etwas ge-
scheideres und convenirenteres in dise bibliothec aussinen könte. Mein rath wäre, dass es nicht bei abgetheilten
drei, sondern bei ein einem einzigen großen feld bleiben solte. dass der plafond weit herrlicher und magnifiquer
parieren wird, als wan er in 3 theil abgetheilet würde, und wurden die 2 kleine felder sehr disproportionirt, ja
villeicht gar nicht wegen der gewölbbögen konen bewerkstelliget werden. Die architectur herum werde in loco
abgerödtermaßen selbsten anzeichnen; vileicht aber dorfte mir anstatt der zu machenten architectur noch was
bößeres einfallen. Bei dem großen feld hat es aber alzeit sein verbleiben. In denen gewölbbögen bei denen
fenstern kunte ohnmaßgebig folgentes kommen.

Auf den langen seithen:

Theologia Historica

Geometria Rhetorica seu Eloquentia

Mathematica gegenüber Poesis

Arithmetica Grammatica

Navigatio Die Sprachkunst.

Auf denen kurzen seithen:
Chymia Heraldica
Botanica gegenüber Cognition der Medaglien

und Antiquitäten.

Ob solches aber in bassirilievo arth oder in bunten färben vorzustellen, will ich in loco es erst deliberiren.
Auß beilegenten ris wird herr Altomonte ganz leicht meinen gedankhen verstehen und solchen als ein virtuoser
künstler auszuführen wissen. Womit mich zu beharrlicher gnad empfehle und gebleibe

euer hochwürden und gnaden

dero treu gehorsamer diener
Herzogburg, am 12. Novembris 1746. Daniel de Gran.»

Darauf folgt nun das sehr ausführliche Konzept Grans zu dem großen Feld,1 in dem die Idee des
Propstes «weiter ausgeführt ist und jeder der zahlreichen allegorischen Figuren ihr Platz und ihre Bedeu-
tung angewiesen werden. Wir müssen darüber staunen, bis zu welchem Grade dem ausführenden
Künstler die Hände gebunden wurden, bis zu welcher Genauigkeit Gran seine Erklärungen und Vor-
schriften auszuführen für nötig hielt. Denn «man pflegt die tugenten und laster auf verschidene sehr differente
hieroglyphische arthen vorzustellen; weilen aber bei disen concept keine gleichgiltigkeit stattfindet, so will ich
auch beschreiben, wie selbige, um dem concept recht conform zu sein, durch des künstlers pinsel solten ent-
worfen werden». Nur nebensächliches Beiwerk, wie die Anbringung der Putten, blieb dem ausführenden
Künstler überlassen, der schon wissen werde, «nach der erfordernis der gruppen ein und anderes kindl bei-
zubringen, welches entweder die schild mit den Sinnbildern oder ein und anderes insigne halten» kann.

Mit genauer Benützung dieses detaillierten Programms entwarf Altomonte die in der Bibliothek
verwahrte Skizze (Fig. i),2 die wahrscheinlich dem Kontrakt zugrunde gelegt wurde, und malte danach

1 Siehe Anhang L

2 Danach ist die Darstellung bei Cerny, Kunst und Kunstgewerbe im Stift St. Florian, Linz 1886, S. 252, Anm., richtig-
zustellen.
 
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