Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 30.1911-1912

DOI Heft:
I. Teil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Kristeller, Paul: Zwei dekorative Gemälde Mantegnas in der Wiener kaiserlichen Galerie
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6177#0045
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zwei dekorative Gemälde Mantegnas in der Wiener kaiserlichen Galerie.

3.5

Fig. 6. Andrea Mantegna, Altargemäldc in S. Zeno zu Verona.

wie in einem abgeschlossenen allerheiligsten Bezirke thronte (Fig. 6). Ein Raum im Räume wird durch
die Säulen und Balken des Rahmens und die diese Architektur im Bilde fortsetzenden, gemalten Bauglieder
dem Beschauer vorgetäuscht, eine Illusion, die durch die schräge Anordnung der Gruppen und die ge-
schickte Anpassung der Farbengebung an die Beleuchtungsverhältnisse der Kirche verstärkt wird. In
ähnlicher Absicht ist später, allerdings mit viel größerer Freiheit, die Madonna della Vittoria vom
Meister komponiert worden. Das kleine Triptychon der Uffizi scheint sich zurückzusehnen nach dem
engen, halbdunklen Schloßkapellchen in Mantua, in dem es durch die Kraft der nun im hellen Museums-
lichte allzu grell und bunt wirkenden Farben wie ein Edelstein, wie ein Emailbild den leuchtenden
Mittelpunkt gebildet haben mag. Man beachte, wie die kleine Gestalt des heiligen Georg (in der Acca-
demia zu Venedig) zwischen den gemalten Pfeilern, die gewiß durch den plastischen Rahmen oder
die umgebenden Teile der Architektur vervollständigt wurden, hervortritt, so daß die Hand mit der
Lanze über den gemalten Pfeiler herausragt. All das kann man wohl künstlerischen Realismus im Dienste
der dekorativen Absicht nennen.

Will man sich noch auf einem anderen Wege davon überzeugen, wie selbständig Mantegna der
Antike gegenübersteht, wie unabhängig ihn sein steter enger Anschluß an die Natur und sein eigener
Erfindungsreichtum machen, so betrachte man die Ornamentik, die er in allen seinen Werken mit einer
 
Annotationen