Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 30.1911-1912

DOI Heft:
I. Teil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Kristeller, Paul: Zwei dekorative Gemälde Mantegnas in der Wiener kaiserlichen Galerie
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6177#0058
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
48

Paul Kristeller.

artige Allegorie in der Sammlung Rey-Spitzer in Paris, die fast vollständig aus Gestalten von Zeichnungen
Mantegnas zusammengesetzt ist, und eine freiere, räumlich reicher und tiefer komponierte Darstellung
der Verleumdung nach Apelles im Besitze des Comm. Crespi in Mailand.1 Dies sind sicher nicht die
einzigen Nachahmungen des Mantegnesken Typus von Dekorationsbildern gewesen. Ohne Zweifel sind
gerade solche ornamental an Gebrauchsobjekten in Privathäusern angebrachte Bilder der Zerstörung
leichter ausgesetzt gewesen als das, was in Kirchen oder Schlössern aufbewahrt wurde. Vielleicht aber
entzieht der Forschungseifer noch manches dieser künstlerisch unscheinbareren Stücke der Verborgenheit.

Hier mag noch auf zwei Bilder dieses Charakters in Helldunkeltechnik hingewiesen werden. Das erste,
etwa I/2 Meter hoch und i Meter breit, ist eine Allegorie der Fruchtbarkeit (Abundantia) in den Uffizi zu
Florenz, ein Werk Luca Signorellis in grauer Steinfarbe auf grauem Grunde, aber nicht eigentlich als Relief
gemalt. Das zweite befand sich im Besitze des Grafen Gregor Stroganoffin Rom und ist Bramantino zu-
geschrieben worden. Es stellt einen thronenden Mann dar, der von einem vor ihm Knieenden einen Palm-
zweig und eine Kugel in Empfang zu nehmen scheint, und ist fast wie eine Zeichnung mit feinem Pinsel in
Gold auf schwarzem Grund gemalt. Dies letztere Bildchen mit seiner eigentümlichen, sonst nicht beob-
achteten Technik hat sicher einst für einen dekorativen Zweck an einem Möbel oder dergleichen Ver-
wendung gefunden. Beide Bilder können wenigstens als etwa gleichzeitige Analogien für Mantegnas
Gemälde angesehen werden.

1 S. Carlo Gamba in der Rassegna d'Arte VI (1906), p. 90 ff. — Leonbruno hat nach Ausweis von Rechnungen (D'Arco,
a. a. O. II, p. 91) in Gemächern des Mantuaner Schlosses Deckenbilder und Gesimse in Bronzenachahmung (finto de bronzo) gemalt.

Fig. 9. Andrea Mantegna, Caesarenbüste. Von der Decke der Camera degli Sposi im Castello zu Mantua.
 
Annotationen