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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 30.1911-1912

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I. Teil: Abhandlungen
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Meder, Joseph: Neue Beiträge zur Dürer-Forschung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6177#0216
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200

Joseph Meder.

Die Dürersche Ansicht von
Innsbruck (Fig. 9) zeigt rechts von
der Fassade der Jakobskirche, aber
völliggetrennt, einen Turm, der
mit einem verhältnismäßig hohen,
eingerüsteten Helm abschließt.
Schönherr 1 nahm ihn für den Kir-
chenturm von St. Jakob. Dann
wäre er aber auf der unrichtigen
Seite, auf der rechten statt der
linken, gezeichnet und vom Stand-
punkte Dürers aus war der Kirch-
turm von St. Jakob überhaupt nicht
sichtbar, sondern blieb durch den
vorderen linken Eckturm derStadt-
mauer (Kräuterturm) völlig ver-
deckt (vgl. Fig. 10). Dagegen steht
der eingerüstete fern von der
Kirche und genau an der Stelle,
wo einst der berühmte und viel
bewunderte Wappenturm prangte.
Isterauch etwas übertrieben hoch
gezeichnet, schon um das Gerüst
anzubringen, so darf man Dürer
doch nicht in dem Momente, als
er vor der Stadt saß und zeichnete,
eine solche absichtliche oder un-
absichtliche Versetzung eines Tur-
mes zumuten. Wir sind heute
gewohnt, uns den Wappenturm
in jener Form vorzustellen, wie
wir ihn nach seiner Umformung
durch Maximilian häufig abgebil-
det sehen, mit einer im Renais-
sancestil erbauten Galerie, deren
nicht besonders hohes Dach auf
24 freistehenden jonischen Säulen
ruhte.2 Der Turmkörper aber war
und blieb noch gotisch; daher
auch die ursprünglich gotische
Form des Helmes, wie sie bei Dürer noch vor dem Umbaue erscheint.

Ich führte die Ansicht von Innsbruck als erste Landschaftszeichnung auf Dürers italienischer Reise
an, während Luise Klebs und mit ihr noch andere diese erst für die Heimreise, also als letzte der Reise-
studien ansetzten. Mir ist es unmöglich, mich dieser Anordnung anzuschließen. Die breite Behand-

Fig. 12. Vornehme Venezianerin (Vorderseite).
Wien, Albcrtina.

1 Schönherr, Gesammelte Schriften I, S. 125, und II, S. 553 und Tafel.

1 1496 wurde er von Kaiser Maximilian, wohl mit Benützung eines Teiles des schon früher hier gestandenen Turmes,
erbaut, 1499 seine Ornamentik vollendet: Schönherr, a. a. O. II, 553; Fr. von Wieser, Zur Geschichte des Innshrucker
Wappenturmes (Zeitschrift des Ferdinandeums 1897, III. F., 3oy ff'.).
 
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