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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 30.1911-1912

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I. Teil: Abhandlungen
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Meder, Joseph: Neue Beiträge zur Dürer-Forschung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6177#0224
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208

Joseph Meder.

bute der aufrechtstehenden Lampe gekennzeichnet wurde (Fig. 17).1 Sie tragt den friaulischen Kopf-
putz; ein Kopftuch mit je einem schleifenartigen Knoten in der Ohrenhöhe bedeckt nur den Hinterkopf
und fällt in zwei langen Zipfeln nach rückwärts. Die Schläfenlocken und das Scheitelhaar sind frei und
über die Stirne läuft eine Perlenschnur mit einer Rosette. Der Ärmel ist von dem bereits besprochenen
Schnitte. Diese charakteristische Kopftracht in mancherlei Variation finden wir in einem Gemälde des
Martino da Udine: Die heilige Ursula mit zehn Jungfrauen (Brera) noch für das Jahr 1507 reichlich be-
legt. Stirnbändchen, Schläfenlocken und Schleiertüchlein mit Knoten variieren in bunter Abwechslung.

Fig. 20. Skizzenblatt (Ausschnitt).
Florenz, Uffizien.

Wahrscheinlich hatte sich Dürer noch andere derartige Studien in seinem uns verloren gegangenen
Skizzenbuche gesammelt; denn außer dem erwähnten Kopfputz an der klugen Jungfrau sehen wir zwei
Jahre nach seiner ersten italienischen Reise das künstlich verschlungene Kopftuch der windischen Bäuerin-
nen in dem Stiche der vier nackten Frauen (B. 75: Fig. 18) zweimal angewandt.2 Nur die Perlenschnur
ließ er beiseite. Es müssen ihm diese südlichen Typen so eigenartig vorgekommen sein, daß er sie in
den vier Frauen neben einer antiken Kopftracht und der deutschen Schleierhaube verwendbar fand und
sie diesen ergänzend entgegenstellte.

Eine weitere Verwendung des Kopftuches kehrt noch in dem Stiche Apollo und Diana (B. 68)
wieder, der gleichfalls noch vor die zweite Venezianer Reise fällt.3

1 Seidlitz war wohl der erste, der diese Zeichnung nach Venedig verwies, gab indessen dafür keine Begründung:
Jahrbuch der kgl. preußischen Kunstsammlungen XXV1I1, S. 8. — Conway verlegte sie merkwürdigerweise in die Zeit der
ersten Wanderschaft nach Straßburg: Durer and the housebookmaster, Burlington Magazin XIX, p. 323.

2 Die Zeichnung: *.ima vilana windisch» (L. 408) zeigt genau dieselbe Tuchverschlingung wie jene Nackte im Hinter-
grunde des Stiches vom Jahre 1497.

3 Unter den italienischen Stechern begegnet uns das Kopftuch mit Knoten bei Meistern Oberitaliens: Benedetto Mon-
tagna: Satyrfamilie (B. 17), die Familie des Jägers (P. 56).
 
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