Studien über Rubens.
263
sammensetzen, zeigt der Kopf Abra-
hams, der auf dem Fresko, dem
Beschauer fast ganz abgekehrt, in
die Bildfläche gedreht ist, während
er auf der Zeichnung durch die
Höhung mit Weiß auf Nase, Stirn
und Haaren fast ins Profil gerückt
wird. Gerade die Art, wie Rubens
durch die zahlreich aufgesetzten
Lichter, die der Zeichnung einen
impetuosen, lebendigen Ausdruck
verleihen, diese Wirkung erzielt,
ist sehr charakteristisch für einige
seiner frühen Werke (vgl. z. B. die
genannte Zeichnung im Taylor-
Museum). Die auf dem Blatte ange-
wandteZeichnungsweise der Model-
lierung durch Parallel- und Kreuz-
lagen findet sich ähnlich z. B. auf
den im Louvre befindlichen Zeich-
nungen des Rubens nach den Pro-
pheten Michelangelos in der six-
tinischen Kapelle. Eine direkte Ver-
wendung oder Verarbeitung der
beiden Zeichnungen nach Tizian
ist im Oeuvre des Rubens nicht fest-
stellbar. Sein Stil mag wohl durch
diese und andere Kopien nach den
Meistern der Renaissance (Tizians
Cadoreschlacht, Lionardos Reiter-
kampf, Pordenone, Gorreggio [?] u.
a.) beeinflußt worden sein; eher im
Hinweise auf den Reichtum an
künstlerischen Ausdrucksmöglich-
keiten als in wörtlicher Übernahme.
Selbst die zahlreichen Zeichnungen
nach Michelangelos Propheten und
Svbillen finden keinen deutlichen
Nachklang in seinen Werken.
Sie sind als ein in der thematischen
Auswahl interessantes Studien-
material zu bewerten.
Eine Rezeption italienischer
Kunstauffassung äußert sich, wenn
wir von der selbständigen Inan-
griffnahme der (bereits charakterisierten) herrschenden Probleme absehen, zunächst in der allmählichen
Vereinheitlichung der Kompositionselemente. Was Rubens in dieser Hinsicht bei van Veen zu lernen
Gelegenheit fand, waren ziemlich dürftige und schulmeisterliche Anregungen : für die Einzelfigur eine
gesuchte, zu sehr verallgemeinernde Typik ohne jede individualisierende Ausdrucksfähigkeit; die Grup-
;. 4. Rubens, Fragment.
Verona, Musco civico.
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sammensetzen, zeigt der Kopf Abra-
hams, der auf dem Fresko, dem
Beschauer fast ganz abgekehrt, in
die Bildfläche gedreht ist, während
er auf der Zeichnung durch die
Höhung mit Weiß auf Nase, Stirn
und Haaren fast ins Profil gerückt
wird. Gerade die Art, wie Rubens
durch die zahlreich aufgesetzten
Lichter, die der Zeichnung einen
impetuosen, lebendigen Ausdruck
verleihen, diese Wirkung erzielt,
ist sehr charakteristisch für einige
seiner frühen Werke (vgl. z. B. die
genannte Zeichnung im Taylor-
Museum). Die auf dem Blatte ange-
wandteZeichnungsweise der Model-
lierung durch Parallel- und Kreuz-
lagen findet sich ähnlich z. B. auf
den im Louvre befindlichen Zeich-
nungen des Rubens nach den Pro-
pheten Michelangelos in der six-
tinischen Kapelle. Eine direkte Ver-
wendung oder Verarbeitung der
beiden Zeichnungen nach Tizian
ist im Oeuvre des Rubens nicht fest-
stellbar. Sein Stil mag wohl durch
diese und andere Kopien nach den
Meistern der Renaissance (Tizians
Cadoreschlacht, Lionardos Reiter-
kampf, Pordenone, Gorreggio [?] u.
a.) beeinflußt worden sein; eher im
Hinweise auf den Reichtum an
künstlerischen Ausdrucksmöglich-
keiten als in wörtlicher Übernahme.
Selbst die zahlreichen Zeichnungen
nach Michelangelos Propheten und
Svbillen finden keinen deutlichen
Nachklang in seinen Werken.
Sie sind als ein in der thematischen
Auswahl interessantes Studien-
material zu bewerten.
Eine Rezeption italienischer
Kunstauffassung äußert sich, wenn
wir von der selbständigen Inan-
griffnahme der (bereits charakterisierten) herrschenden Probleme absehen, zunächst in der allmählichen
Vereinheitlichung der Kompositionselemente. Was Rubens in dieser Hinsicht bei van Veen zu lernen
Gelegenheit fand, waren ziemlich dürftige und schulmeisterliche Anregungen : für die Einzelfigur eine
gesuchte, zu sehr verallgemeinernde Typik ohne jede individualisierende Ausdrucksfähigkeit; die Grup-
;. 4. Rubens, Fragment.
Verona, Musco civico.