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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Giehlow, Karl; Weixlgärtner, Arpad: Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance: besonders der Ehrenpforte Kaisers Maximilian I. Ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0030
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24

Karl Giehlow.

Die lateinischen
Uebersetzungen
griechischer
Nachrichten
über die Hiero-
glyphen.

dem Horapollon und die Neugierde, ihn kennen zu lernen. Auch wenn nicht in einem Ausleihver-
zeichnisse der medieeischen Bibliothek der Athener Demetrios Chalkondylas stände, der am 20. April
i486 den entlehnten Filelfianischen Codex zurücklieferte,1 müsste man annehmen, dass des Griechischen
kundige Gelehrte sich immer von Neuem an dem schwierigen Texte und dunklen Inhalt dieses Buches
versuchten.

Im Laufe der Zeit wurden auch die Hieroglyphika noch öfter abgeschrieben. Vielleicht entstand
damals schon die Abhandlung lhp\ 7coXuoY)(jiaVT(i)v ascsiov 1% toO "Qpou, welche wohl durch Johannes Las-
karis aus dem paduanischen Kloster San Giovanni in Verdara später in die von ihm zu Fontainebleau
eingerichtete Bibliothek Franz I. gelangte.2 Schliesslich um die Wende des Jahrhunderts wurde auch
begonnen, ihren Inhalt auszugsweise in das Lateinische zu übersetzen, wie ein in Neapel aufbewahrtes
Bruchstück beweist. Trotz dieses Interesses sollte es im XV. Jahrhundert weder zu einer vollständi-
gen Uebertragung noch zu einer Vervielfältigung des Horapollon durch den Druck kommen.

Die späteren, unablässigen Klagen über die Mangelhaftigkeit der überlieferten Handschriften und
die selbst für Griechen vorhandene Unverständlichkeit des Inhaltes erklären zur Genüge die Scheu
des XV. Jahrhunderts, den Horapollon herauszugeben. Hatte sein Erscheinen zu Studien über die
Hieroglyphen angeregt, so tritt er in ihrem weiteren Verlauf aus den erörterten Gründen mehr zurück,
aber nur so lange, als die Humanisten hoffen, auf Grund der alten Schriftsteller, die ihnen durch la-
teinische Abfassung oder Uebersetzung und durch den Druck leichter zugänglich waren, die Räthsel
der Hieroglyphen zu lösen. Zumal bei den weniger philosophisch veranlagten Humanisten und vollends
bei den Künstlern spielen diese lateinischen Quellen für Hieroglyphik zunächst die grössere Rolle, bis
schliesslich das sich dadurch wieder immer mehr stärkende Interesse für ägyptische Studien die Heraus-
gabe der Hieroglyphika und ihre Uebersetzung unvermeidlich macht.

Gerade um die Mitte des XV. Jahrhunderts wurde eine Reihe griechischer Autoren übersetzt und
nach Einführung der Druckkunst in Italien bald auch gedruckt, deren reichhaltige Angaben über ägyp-

1 Vgl. oben, S. 19, Anm. 4.

2 Den vier oben, S. 19 und 20, erwähnten griechischen Abschriften des XV. Jahrhunderts — drei in der Laurenziana und
eine in der Marcus-Bibliothek zu Venedig — seien hier diejenigen zugezählt, welche, soweit bekannt, eben damals entstanden:
Nr. 5 ein Codex der Biblioteca Nazionale zu Neapel, Chart. III, E. 5 (vgl. darüber Anhang I). Nr. 6 ein Codex der Escurial-
Bibliothek (vgl. P. Miller, Catalogue des Manuscrits Grecs de la Bibliotheque de l'Escurial, Paris 1848, p. 7-3), Nr. ji: dort
zwischen ccXXr)yop!ai 'Opjpt/cu des Heraklit und einer Sprichwörtersammlung. Nr. 7 ein weiterer in dem von P. Miller unter
Nr. 355 abgedruckten, Mitte des XVI. Jahrhunderts von Nicolaus de Torre verfassten Kataloge der Escurial-Bibliothek aufge-
führter Codex Nr. 194: Theone spherique des Corps Celestes . . . Explication de l'Astrolabe . . . Hieroglyphes d'Horapollon. Da
die ältesten Theile der Escurialbibliothek aus dem Besitze des Gonzalez Perez stammen, der wieder den Bücherbesitz des Königs
von Aragonien und Neapel, Alfonso V., vereinte, so wäre es möglich, dass der letztgenannte Codex bereits für Alfonso V.
abgeschrieben wurde. Nr. 8 der oben erwähnte, unter Nr. 60 des alphabetischen Katalogs der griechischen, unter Franz I. ge-
kauften Manuscripte vom Jahre 1550 enthaltene Codex: 'Apioro^avou; JtXouros xaX ceXXä Siatpopi; T.zpi :toX'jcr7;(istvTtuv Xüjewv ix
tou "Qpou; vgl. Henri Omont, Catalogues des Manuscrits grecs de Fontainebleau sous Francois I et Henri II (Paris 1889).
Ueber den Fundort dieses jetzt verschollenen Manuscriptes, die Klosterbibliothek S. Giovanni in Verdara oder h xS> äyito 'Iwawr)
Trj5 Oictporiva?, wie dies Kloster Joannes Laskaris bei einem Besuch als Bücheragent Lorenzos Magnifico einst bezeichnet hatte,
vgl. K. K. Müller im Centralblatt für Bibliothekswesen, Leipzig 1884, S. 389. Nr. 9. Möglicherweise stammt auch der jetzt
verlorene Codex Morellianus aus dem XV. Jahrhundert; vgl. Leemans, a. a. O., XXVIII. Es war ein Fragment des ersten
Buches. — Die Liste der griechischen Handschriften bei Leemans ist darnach theils zu kurz, theils zu gross. Denn der unter
Nr. VIII aufgeführte Pariser Codex 2 832 ist identisch mit Nr. X, dort als Codex der Bibliotheca Cardinalis Ridulphi aufge-
führt. Cardinal Ridolfi, Neffe Leo X., hatte mit Hilfe Laskaris' gesammelt. Nach seinem Tode (1550) kam die Büchersamm-
lung in den Besitz des Marschalls Pietro Strozzi und durch Catharina von Medici, des Letzteren Cousine, in den Besitz des
französischen Königshauses, später dann in die Nationalbibliothek; vgl. Omont, a. a. O.; oben S. 14, Anm. I. Hier sei auch die
Nachricht Omonts, a. a. O., p. 82, über die Provenienz eines anderen Horapolloncodex 2992 (bei Leemans, Nr. IX) wieder-
gegeben. Er wurde von einem Cäsar Strategos für Jean Hurault, Seigneur de Boistaille, Gesandten Frankreichs in Venedig
(f 1572), im XVI. Jahrhundert copirt; vgl. Leopold Delisle, Le cabinet des manuscrits de la bibliotheque nationale, T. I (1868),
p. 213. Das Manuscript besteht aus Abschriften verschiedener anderer Codices; so ist der Horapollon zusammen mit den
vorangehenden Apollonii Tyanei epistolae, Cebetis Tabulae offenbar dem Codex des Bessarion entnommen. Ueber den Inhalt
vgl. Catalogus Codicum Mss. Biblioth. Regiae, T. II (Paris 1740), p. 587. Die Lyoner Handschrift, welche Leemans unter
Nr. XI erwähnt, ist bereits eine lateinische Uebersetzung; vgl. Delandinius, Manuscrits de la Bibliotheque de Lyon (Paris 1812);
über Alter und Provenienz dort nichts bemerkt. Ueber den lateinischen Auszug aus dem Horapollon zu Neapel vgl. den Ab-
druck im Anhang I.
 
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