Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance. 3 J
eingedenk zu sein, »was dann« geschieht, und spielt nicht, wie vermuthet wurde, auf Albertis Kennt-
nisse an.
Inwieweit damit die wirkliche von den Alten diesem Symbol beigelegte Bedeutung getroffen ist,
mögen Fachgelehrte entscheiden; auf jeden Fall kann sich seine Methode mit der Winckelmanns
messen, welcher den Lapis lazuli derart deutete, dass das Auge die Vorsicht und der Flügel nebst der
Hand die Geschwindigkeit des Verstandes, begleitet von der Ausfuhrung eines Entwurfes, darstelle.
Dabei war aber Alberti die Stelle Herodots über die von rechts nach links laufende Schrift der
Aegypter entgangen; sonst hätte er nicht dieses Symbol in umgekehrter Lage copiren lassen. Im Banne
der künstlerischen Auffassung des Occidents, den Vogelflug durch aufwärts gespannte Flügel anzu-
deuten, erschien solche Darstellung als selbstverständlich. Ueberhaupt wird der ganze ägyptische Stil
modern übersetzt. Es ist dies nur eine weitere Aeusserung des vollkommenen Mangels an Stilgefühl,
das eben auch in römischen Sculpturen Hieroglyphen erblicken liess.
In enger Fühlung mit fast allen bedeutenden Gelehrten standen die urbinatischen Mäcene. Flavio
Biondo weilte besuchsweise am Hofe des Gran Frederigo di Montefeltre, auf dessen Bestellung man
wohl Albertis »de re aedificatione« in Padua abzuschreiben begann, wenn
das Manuscript auch erst ein Jahr nach seinem Tode vollendet wurde.
Dieser Fürst, selbst ein Schüler des berühmten Schulmannes Vittorino
da Feltre, scheint besonderes Wohlgefallen an der neuen Bilderschrift
gefunden zu haben. Denn auf der Rückseite der für ihn im October 1468
von Clemens Urbinas geformten Schaumünze ist die Schrift am Rande:
»Mars ferus et summum tangens Cytherea tonantem dant tibi regna
pares et tua fata movent«, Wort für Wort durch eine Zusammenstellung
von Sinnbildern wiederholt (vgl. Fig. 8).1 In Unkenntnis der hiero-
glyphischen Bewegung übersah Friedländer die innere Beziehung vom
Wort zum Bilde und erblickt in diesem eine Allegorie des Krieges und F\%, 8. Rückseite der Medaille
des Friedens, wobei er sich allerdings den Quast als Friedenssymbol des Federigo di Montefeltre.
nicht zu erklären vermag. Das ist er freilich nicht sondern im Gegen- Verkleinert nach der Abbildung bei
. . Friedländer, Jahrbuch der kgl.preussi-
satz zu dem Waffenschmuck des Mars ein Attribut der Venus ebenso scnen Kunstsammlungen, 1882,
wie die ihn umschlingende Myrthe. Früher wurde er sogar als Gewicht Tafel XXXVIL
gedeutet, bis Friedländer ihn richtig als einen Toilettegegenstand auf-
fasst, wie sich diese rundliche Bürste auch von Dürer verwendet findet, einmal auf der frühen Zeichnung
des Frauenbades, dann in einem Briefe an Pirckheimer als Anspielung auf eine Nürnberger Schönheit.
Auch der undeutlich gewordene Wulst, den die Krallen des Adlers packen, ist wohl nicht ein Kranz son-
dern eher das übliche Bündel Donnerkeile, welches dieser Vogel des summus tonans zu tragen pflegt.
Dass die Kugel die Erde, die Sternzeichen die Planeten Jupiter, Mars und Venus bedeuten, entgeht
Friedländer nicht, wohl aber, dass damit die Worte »regna« und »tua fata movent« zum Ausdruck
kommen sollen. Besonders spitzfindig ist der Gedanke des gleichen Antheils, den Mars und die in Con-
junetion mit Jupiter stehende Venus an dem Geschicke Frederigos haben, einmal durch die Constella-
tion der Gestirne und dann dadurch angedeutet, dass die Attribute des Mars und der Venus auf einer
Art Wagebalken, der den Adler berührt, stehen und sich dabei im Gleichgewicht verhalten, wie die
genau in der Mitte befindliche Erdkugel zu verstehen gibt. Selbst das Wort »dant« ist bildlich durch die
Richtung des Schwertes und die Verbindung der Myrthe mit der Erdkugel dargestellt. Kurz, man sieht,
Frederigo und seine Hofhumanisten Hessen es am Spintisiren und Grübeln nicht fehlen. Ohne die Bei-
schrift würde man aber schwerlich den Sinn der Hieroglyphen bis in ihre Einzelheiten verstehen können.
Leider fehlt diese auf dem Revers der Medaille, welche sich der Cardinal Francesco Gonzaga,
Sohn Lodovicos III. und Barbaras von Hohenzollern, durch seinen Landsmann Sperandio herstellen
Hess. Dank seiner Geburt hat er eine glänzende kirchliche Carriere gemacht; mit siebzehn Jahren er-
1 Vgl. Friedländer, a. a. 0., Bd. III (1882), S. 192.
eingedenk zu sein, »was dann« geschieht, und spielt nicht, wie vermuthet wurde, auf Albertis Kennt-
nisse an.
Inwieweit damit die wirkliche von den Alten diesem Symbol beigelegte Bedeutung getroffen ist,
mögen Fachgelehrte entscheiden; auf jeden Fall kann sich seine Methode mit der Winckelmanns
messen, welcher den Lapis lazuli derart deutete, dass das Auge die Vorsicht und der Flügel nebst der
Hand die Geschwindigkeit des Verstandes, begleitet von der Ausfuhrung eines Entwurfes, darstelle.
Dabei war aber Alberti die Stelle Herodots über die von rechts nach links laufende Schrift der
Aegypter entgangen; sonst hätte er nicht dieses Symbol in umgekehrter Lage copiren lassen. Im Banne
der künstlerischen Auffassung des Occidents, den Vogelflug durch aufwärts gespannte Flügel anzu-
deuten, erschien solche Darstellung als selbstverständlich. Ueberhaupt wird der ganze ägyptische Stil
modern übersetzt. Es ist dies nur eine weitere Aeusserung des vollkommenen Mangels an Stilgefühl,
das eben auch in römischen Sculpturen Hieroglyphen erblicken liess.
In enger Fühlung mit fast allen bedeutenden Gelehrten standen die urbinatischen Mäcene. Flavio
Biondo weilte besuchsweise am Hofe des Gran Frederigo di Montefeltre, auf dessen Bestellung man
wohl Albertis »de re aedificatione« in Padua abzuschreiben begann, wenn
das Manuscript auch erst ein Jahr nach seinem Tode vollendet wurde.
Dieser Fürst, selbst ein Schüler des berühmten Schulmannes Vittorino
da Feltre, scheint besonderes Wohlgefallen an der neuen Bilderschrift
gefunden zu haben. Denn auf der Rückseite der für ihn im October 1468
von Clemens Urbinas geformten Schaumünze ist die Schrift am Rande:
»Mars ferus et summum tangens Cytherea tonantem dant tibi regna
pares et tua fata movent«, Wort für Wort durch eine Zusammenstellung
von Sinnbildern wiederholt (vgl. Fig. 8).1 In Unkenntnis der hiero-
glyphischen Bewegung übersah Friedländer die innere Beziehung vom
Wort zum Bilde und erblickt in diesem eine Allegorie des Krieges und F\%, 8. Rückseite der Medaille
des Friedens, wobei er sich allerdings den Quast als Friedenssymbol des Federigo di Montefeltre.
nicht zu erklären vermag. Das ist er freilich nicht sondern im Gegen- Verkleinert nach der Abbildung bei
. . Friedländer, Jahrbuch der kgl.preussi-
satz zu dem Waffenschmuck des Mars ein Attribut der Venus ebenso scnen Kunstsammlungen, 1882,
wie die ihn umschlingende Myrthe. Früher wurde er sogar als Gewicht Tafel XXXVIL
gedeutet, bis Friedländer ihn richtig als einen Toilettegegenstand auf-
fasst, wie sich diese rundliche Bürste auch von Dürer verwendet findet, einmal auf der frühen Zeichnung
des Frauenbades, dann in einem Briefe an Pirckheimer als Anspielung auf eine Nürnberger Schönheit.
Auch der undeutlich gewordene Wulst, den die Krallen des Adlers packen, ist wohl nicht ein Kranz son-
dern eher das übliche Bündel Donnerkeile, welches dieser Vogel des summus tonans zu tragen pflegt.
Dass die Kugel die Erde, die Sternzeichen die Planeten Jupiter, Mars und Venus bedeuten, entgeht
Friedländer nicht, wohl aber, dass damit die Worte »regna« und »tua fata movent« zum Ausdruck
kommen sollen. Besonders spitzfindig ist der Gedanke des gleichen Antheils, den Mars und die in Con-
junetion mit Jupiter stehende Venus an dem Geschicke Frederigos haben, einmal durch die Constella-
tion der Gestirne und dann dadurch angedeutet, dass die Attribute des Mars und der Venus auf einer
Art Wagebalken, der den Adler berührt, stehen und sich dabei im Gleichgewicht verhalten, wie die
genau in der Mitte befindliche Erdkugel zu verstehen gibt. Selbst das Wort »dant« ist bildlich durch die
Richtung des Schwertes und die Verbindung der Myrthe mit der Erdkugel dargestellt. Kurz, man sieht,
Frederigo und seine Hofhumanisten Hessen es am Spintisiren und Grübeln nicht fehlen. Ohne die Bei-
schrift würde man aber schwerlich den Sinn der Hieroglyphen bis in ihre Einzelheiten verstehen können.
Leider fehlt diese auf dem Revers der Medaille, welche sich der Cardinal Francesco Gonzaga,
Sohn Lodovicos III. und Barbaras von Hohenzollern, durch seinen Landsmann Sperandio herstellen
Hess. Dank seiner Geburt hat er eine glänzende kirchliche Carriere gemacht; mit siebzehn Jahren er-
1 Vgl. Friedländer, a. a. 0., Bd. III (1882), S. 192.